Rz. 21

Bei der Beratung in Stiftungsprojekten spielen typischerweise steuerliche Aspekte eine wesentliche Rolle. Es ist jedoch für den Bereich des Stiftungsrechts (wie auch sonst) mit Nachdruck davor zu warnen, eine rechtlich zulässige Gestaltung allein aus steuerrechtlichen Erwägungen zu wählen. Dafür ist der Atem des Steuergesetzgebers viel zu kurz, während Stiftungen auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sind (siehe auch § 80 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. und § 80 Abs. 1 S. 1 BGB n.F.). Kein Rechtsgebiet ist so stetigen Änderungen und Verkomplizierungen unterworfen wie das Steuerrecht (man denke nur an das andauernde Reformwerk "Unternehmensbesteuerung").

 

Rz. 22

Zu fordern ist bei einer Stiftungs- und Nachfolgegestaltung allerdings in jedem Fall eine steuerliche Optimierung der gewählten Konstruktion. Auch die steuerbefreite Stiftung ist aber eben kein Steuersparmodell. Dieser Umstand kann gegenwärtig bei der Beratung in Stiftungsprojekten, vor dem Hintergrund ausführlich in der Öffentlichkeit dokumentierter Steuerskandale, gar nicht deutlich genug betont werden. Leider wird das in der Praxis nicht immer beherzigt, was zur Folge hat, dass die Stiftung manchmal ungewollt in ein unverdient schlechtes Licht gerückt wird. Wenn vor diesem Hintergrund, wie es in der Fachliteratur immer wieder zu beobachten ist, eine (über-)betont steuerliche Betrachtung verschiedener rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten vorgenommen wird, ist das zu einseitig.[5] Mitunter ist aber nicht einmal die steuerliche Betrachtung vollständig. So fehlt etwa bei Kraft[6] die, wie nicht nur der Praktiker weiß, "nicht ganz unwichtige" Frage nach der Erbersatzsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG).

 

Rz. 23

Es kann doch wirklich nicht sein, dass bei einer tendenziell auf die Ewigkeit ausgerichteten Stiftung nur oder überwiegend das heutige Steuerrecht interessieren soll oder auch nur einseitig betrachtet wird. Haben wir gerade das Steuerrecht doch als "Chaos im beschleunigten Änderungsmodus" kennen und fürchten gelernt. Einseitige Auslegungen führen hier nur in die Irre. Bei solchen "Spar-Dich-reich-Ansätzen" fallen viele zielführende Fragen unter den sprichwörtlichen Teppich. Um nicht falsch verstanden zu werden: Natürlich sind wesentliche steuerliche Hinweise unverzichtbar. Es gilt aber eben auch hier der alte Beratergrundsatz: "In Steuern denken, aber nicht wegen Steuern lenken."

Es bleibt aus unserer Sicht für alle, die in Stiftungsprojekten beraten (wollen), nichts anderes übrig, als offen zu sein und zu bleiben für die Vorteile und auch die Nachteile einer gepriesenen Gestaltungsmöglichkeit im jeweiligen Einzelfall. Wir meinen hier einmal mehr die "gute alte" Gesamtbetrachtung, bezogen auf den konkreten Einzelfall. Bei einer Stiftung umfasst die Gesamtbetrachtung auch einen langen antizipierenden Blick in die Zukunft.

[5] Beispiel: Kraft, DStR 2016, 2825.
[6] Kraft, DStR 2016, 2825.

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