Rz. 32

Wird der Anwalt mit einer Hilfsaufrechnung befasst, ergeben sich Streitwertprobleme, die vor allem aus der Frage resultieren, inwieweit § 45 Abs. 3 u. 4 GKG auf die anwaltliche Tätigkeit anzuwenden ist.

 

Rz. 33

Nach § 45 Abs. 3 GKG kann sich bei einer Hilfsaufrechnung der Streitwert erhöhen. Voraussetzung ist

eine hilfsweise Aufrechnung (die Klageforderung muss also bestritten sein),
mit einer bestrittenen Gegenforderung (diese muss wiederum vom Kläger bestritten werden) und
es muss über die Hilfsaufrechnung eine der Rechtskraft fähige Entscheidung ergehen (da die Aufrechnungsforderung selbst nicht Streitgegenstand ist, sondern nur die Klageforderung zu Fall bringt, kommt eine rechtskräftige Entscheidung nur unter den Voraussetzungen des § 322 Abs. 2 ZPO in Betracht).
 

Rz. 34

Das Gleiche gilt nach § 45 Abs. 4 GKG im Falle eines Vergleichs, wenn und, soweit eine gerichtliche Entscheidung mit dem Inhalt des Vergleichs nach § 322 Abs. 2 ZPO in Rechtskraft erwachsen würde.[3] Nicht ausreichend ist dagegen ein außergerichtlicher Vergleich, auch wenn er den Rechtsstreit beendet.[4]

 

Rz. 35

Im Falle einer Primäraufrechnung oder einer Hilfsaufrechnung mit einer unbestrittenen Gegenforderung tritt dagegen keine Werterhöhung ein. Es bleibt dann beim einfachen Wert.

 

Beispiel 12: Primäraufrechnung mit bestrittener Forderung

In einem Rechtsstreit über 10.000,00 EUR bestreitet der Beklagte die Klageforderung als solche nicht. Er erklärt jedoch die Aufrechnung mit einer Gegenforderung, die der Kläger bestreitet.

Der Gegenstandswert beträgt 10.000,00 EUR. Die Parteien streiten faktisch nur über die Aufrechnungsforderung. Eine solche Primäraufrechnung führt nicht zu einer Erhöhung des Streitwerts.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   798,20 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   736,80 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.555,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   295,45 EUR
Gesamt   1.850,45 EUR
 

Rz. 36

 

Beispiel 13: Hilfsaufrechnung mit unbestrittener Forderung

In einem Rechtsstreit über 10.000,00 EUR bestreitet der Beklagte die Klageforderung und rechnet hilfsweise mit einer unstreitigen Gegenforderung in Höhe von 10.000,00 EUR auf. Das Gericht hält die Klageforderung für schlüssig, weist die Klage aber wegen Bestehens der Gegenforderung ab.

Auch hier erhöht sich der Gegenstandswert nicht nach § 45 Abs. 3 GKG. Zwar liegt jetzt eine Hilfsaufrechnung vor. Da jedoch diese Forderung unstreitig ist, streiten die Parteien letztlich nur über die Klageforderung. Der Wert beträgt 10.000,00 EUR.

Abzurechnen ist wie im Beispiel 12.

 

Rz. 37

Erforderlich ist vielmehr, dass ein "doppelter Streit" besteht. Sowohl die Klageforderung als auch die hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Forderung müssen streitig sein.

[3] OLG Düsseldorf AGS 2010, 339 = JurBüro 2010, 423 m.w.N.
[4] OLG Karlsruhe AGS 2013, 286 = NJW-RR 2013, 638.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge