Dr. iur. Stephanie Herzog
a) Einrede des ungeteilten Nachlasses als gegenständliche Haftungsbeschränkung des nicht unbeschränkt haftenden Miterben, § 2059 Abs. 1 S. 1 BGB
Rz. 17
Besteht die eingeklagte Forderung, so werden die Miterben gesamtschuldnerisch verurteilt. Aus einem solchen Urteil können Nachlassgläubiger nicht nur in den Nachlass und den Miterbenanteil, sondern auch in das sonstige Eigenvermögen eines jeden verklagten Miterben uneingeschränkt vollstrecken. Daran ändert auch das Erheben der Einrede des ungeteilten Nachlasses nach § 2059 Abs. 1 S. 1 BGB nichts. Wie alle Einreden der Haftungsbeschränkung auf den Nachlass werden auch dessen Voraussetzungen erst im Rahmen der Zwangsvollstreckung geprüft und hier auch erst dann (§ 781 ZPO), wenn der Erbe gegen die Vollstreckung in sein Eigenvermögen nach §§ 785, 767 ZPO vorgeht (siehe § 12 Rdn 18 ff.). Dies ist allerdings – wie stets – nur möglich, wenn sich der Erbe die Einrede der beschränkten Erbenhaftung im Urteil vorbehalten hat. Auch hier genügt ein allgemeiner Vorbehalt, § 780 ZPO (§ 11 Rdn 25).
Hinweis
Ohne Vorbehalt kann der Erbe die Vollstreckung in sein Eigenvermögen wegen einer Nachlassverbindlichkeit nicht verhindern, ggf. aber Aufwendungsersatzansprüche gegen die anderen Miterben geltend machen.
Rz. 18
Die Einrede des ungeteilten Nachlasses steht jedem Miterben, der seine Haftungsbeschränkungsmöglichkeit noch nicht verloren hat (für die unbeschränkt haftenden Erben gilt § 2059 Abs. 1 S. 2 BGB), gegenüber reinen Nachlassverbindlichkeiten zu und zwar, solange der Nachlass noch nicht geteilt ist. Denn durch die Auseinandersetzung wird die Trennung zwischen Nachlass und den jeweiligen Eigenvermögen der Miterben aufgehoben und die Vermögensmassen verschmelzen. Die haftungsrechtliche Situation des Miterben ist nunmehr vergleichbar mit der des Alleinerben. Die sich aus § 2059 BGB ergebenden Haftungsbeschränkungsmaßnahmen bestehen nicht mehr.
Rz. 19
Ob der Nachlass geteilt ist, bestimmt sich nach seinem objektiven Gesamtbild. Entscheidend ist, ob ein so erheblicher Teil der Nachlassgegenstände aus der Gesamthandsgemeinschaft in das Einzelvermögen der Miterben übergegangen ist, dass im Nachlass keine für die Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten mehr ausreichenden Gegenstände vorhanden sind. Die bloße Verteilung des Mobiliars oder die Hingabe des Pkw an einen Miterben werden hierfür in der Regel nicht ausreichen.
Die Beweislast dafür, dass der Nachlass noch nicht geteilt ist, trägt der Miterbe, der sich auf die Einrede des ungeteilten Nachlasses beruft.
b) Trotz unbeschränkter Haftung eines Miterben: Wertmäßige Haftungsbeschränkung im Falle des ungeteilten Nachlasses, § 2059 Abs. 1 S. 2 BGB
Rz. 20
Haftet ein Miterbe unbeschränkt (§ 2013 BGB), so können die Gläubiger zwar mit einem Titel gegen ihn in sein Eigenvermögen vollstrecken. Die Haftung mit seinem Eigenvermögen ist aber wertmäßig auf den Wert seines Miterbenanteils beschränkt, solange der Nachlass noch nicht auseinandergesetzt ist, § 2059 Abs. 1 S. 2 BGB. Es erfolgt also keine Beschränkung der Haftung hinsichtlich der Haftungsmasse, sondern nur bezüglich der Höhe der zu begleichenden Forderungen; die nicht 1/1, sondern die Quote des Erbanteils beträgt, wobei Ausgleichungspflichten nicht zu berücksichtigen sind.
Der Miterbe muss sich auch diese Möglichkeit der Haftungsbeschränkung im Urteil gemäß § 780 Abs. 1 ZPO vorbehalten:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger … zu bezahlen. Hinsichtlich eines Teilbetrages von … wird ihm die Herbeiführung der Haftungsbeschränkung auf den Nachlass des am … verstorbenen … vorbehalten.
Rz. 21
Einer Vollstreckung in sein Eigenvermögen über den genannten Betrag hinaus kann der Miterbe gemäß §§ 785, 767 ZPO begegnen (siehe hierzu § 12 Rdn 20 ff.).