Dr. iur. Stephanie Herzog
Rz. 24
Haben die Miterben allerdings alles Notwendige getan, um unbekannte Nachlassgläubiger aufzufinden und die Forderungen aller Nachlassgläubiger (ggf. gleichmäßig durch Nachlassinsolvenz) zu befriedigen, so gewährt § 2060 BGB ihnen eine besondere Haftungsprivilegierung, die nicht dazu führt, dass der Miterbe nur mit seinem Anteil am Nachlass haftet, der ihm bei der Auseinandersetzung zugesprochen wurde. § 2060 BGB führt zu einer quotalen Haftungsbegrenzung: Der Miterbe haftet nach der Teilung dem Gläubiger nicht mehr als Gesamtschuldner für 100 % der Nachlassverbindlichkeit, sondern nur noch als Teilschuldner für einen Anteil an der Nachlassverbindlichkeit, der seinem Anteil am Nachlass entspricht. Die Norm begrenzt die Höhe der Schuld und nicht den Haftungsgegenstand. Ihm ist damit das Regressrisiko im Innenverhältnis genommen. Nicht erfasst sind dingliche Ansprüche.
Rz. 25
Die Haftung als Teilschuldner tritt ein
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wenn ein Aufgebotsverfahren nach den §§ 1970 ff., 2061 BGB vor der Teilung durchgeführt und die betreffenden Gläubiger ausgeschlossen worden sind, §§ 2060 Nr. 1, 2061 Abs. 1 S. 2 BGB, was auch dem unbeschränkt haftenden Miterben zugute kommt, |
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wenn ein Gläubiger die Forderungen innerhalb von fünf Jahren nicht (außergerichtlich) geltend gemacht hat (ein Geltendmachen liegt aber in der Anmeldung im Rahmen des gerichtlichen Aufgebotsverfahren) und der Erbe von der Schuld keine Kenntnis (diese liegt vor bei Anmeldung i.R.e. privaten Aufgebotsverfahrens) hatte, § 2060 Nr. 2 BGB (Ausnahme: § 1971 BGB), wobei für die Kenntnis auf jeden Miterben gesondert abzustellen ist, |
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im Falle der Nachlassinsolvenz, § 2060 Nr. 3 BGB. Das Nachlassinsolvenzverfahren muss nach h.M. vor der Teilung eröffnet werden, damit die Wirkungen des § 2060 Nr. 3 BGB eintreten. Es darf nicht mangels Masse eingestellt werden nach §§ 207, 213 InsO, oder |
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nach beendeter Nachlassverwaltung analog § 2060 Nr. 3 BGB. |
Rz. 26
Wenn im Erkenntnisverfahren bereits die Voraussetzungen des § 2060 BGB vorliegen, so ist ein Vorbehalt im Urteil insoweit nach h.M. nicht notwendig, weil im Urteil nur eine anteilige Haftung ausgesprochen ist. So lautet der Tenor, wenn der Gläubiger bspw. zwei Miterben auf Zahlung von 40.000 EUR erfolgreich verklagt und der Beklagte zu 1) Miterbe zu ¼ Erbe geworden ist und der Beklagte zu 2) zu ¾:
Der Beklagte zu 1) wird zur Zahlung von 10.000 EUR, der Beklagte zu 2) zur Zahlung von 30.000 EUR verurteilt.
Will der Erbe sich aber § 2060 BGB für später und/oder zusätzlich die Einreden der §§ 1989 ff. BGB offenhalten, so bedarf es eines diesbezüglichen Vorbehaltes (siehe hierzu § 11 Rdn 18).