Dr. Stephan Pauly, Dr. Stephan Osnabrügge
I. Ankündigung der Pflegezeit
1. Einseitiges Gestaltungsrecht
Rz. 40
Die Pflegezeit ist vergleichbar mit der Elternzeit ausgestaltet, so dass hier wie dort ein einseitiges Gestaltungsrecht des Beschäftigten bzw. des Arbeitnehmers besteht, nicht etwa ein durch Zustimmung zu erfüllender Anspruch gegen den Arbeitgeber. Deshalb bedarf es keiner auf die Abgabe einer Willenserklärung gerichtete Leistungsklage gegen den Arbeitgeber, sondern wäre eine solche Leistungsklage unzulässig. Der Beschäftigte kann seine Arbeit nach ordnungsgemäßer Ankündigung (dazu sogleich) in dem entsprechenden Umfang unterlassen, sofern auch die übrigen tatbestandlichen Voraussetzungen der Pflegezeit/Pflegeteilzeit erfüllt sind. Um dem damit ggf. verbundenen Risiko einer arbeitgeberseitigen Kündigung auszuweichen, kann der Arbeitnehmer Feststellungsklage erheben. Ob das im Einzelfall angesichts der Prozessdauer erfolgversprechend sein kann, ist eine andere Frage.
2. Inhalt, Form und Frist
Rz. 41
Aus § 3 Abs. 3 S. 1 PflegeZG ergibt sich, dass der Beschäftigte die Pflegezeit/Pflegeteilzeit anzukündigen und gleichzeitig auch zu erklären hat, für welchen Zeitraum und in welchem Umfang die Freistellung von der Arbeitsleistung in Anspruch genommen werden soll. Für den Fall, dass der Beschäftigte nur teilweise von der Arbeitsleistung freigestellt werden will (Pflegeteilzeit), hat er auch die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit anzugeben, § 3 Abs. 3 S. 2 PflegeZG.
Rz. 42
Sollte sich der Ankündigung des Beschäftigten nicht eindeutig entnehmen lassen, ob er Pflegezeit nach dem Pflegezeitgesetz oder Familienpflegezeit nach dem Familienpflegezeitgesetz in Anspruch nehmen will, so hat die Pflegezeit Vorrang, sofern die Voraussetzungen beider Freistellungsansprüche vorliegen, § 3 Abs. 3 S. 3 PflegeZG.
Rz. 43
Die Ankündigung muss schriftlich erfolgen (§ 3 Abs. 3 S. 1 PflegeZG); gemeint ist die gesetzliche, echte Schriftform nach § 126 Abs. 1 BGB. Die Ersetzung der schriftlichen Form durch die elektronische Form i.S.v. § 126a BGB oder durch notarielle Beurkundung ist nach § 126 Abs. 3 und 4 BGB möglich, wenn auch gewiss für den konkreten Fall nicht sonderlich praxisnah. Eine E-Mail oder ein Telefax genügen nach dem gesetzlichen Wortlaut jedenfalls nicht.
Rz. 44
Der Beschäftigte hat eine Ankündigungsfrist von (nur) zehn Arbeitstagen zu wahren. Versäumt er sie, beginnt die Pflegezeit entsprechend später; Wirksamkeitsvoraussetzung ist die Fristwahrung also nicht. Wenn keine Feiertage hinzukommen, die die Ankündigungsfrist weiter verlängern, wird man für den Regelfall davon ausgehen können, dass die Frist von zehn Arbeitstagen einer Frist von zwei Wochen entspricht. Das ist aber nicht eindeutig; und Einzelheiten sind ungeklärt oder umstritten. Wird bei einem Arbeitgeber regelmäßig in Sechs-Tage-Woche gearbeitet oder arbeitet konkret der die Pflegezeit ankündigende Beschäftigte in einer Sechs-Tage-Woche, so könnte die Ankündigungsfrist bereits nach weniger als zwei Wochen verstrichen sein. Arbeitet der Beschäftigte umgekehrt an weniger als fünf Arbeitstagen, bspw. als Teilzeitkraft nur an einem oder zwei Tagen je Woche, so würde die Ankündigungsfrist von zehn Arbeitstagen einen wesentlich längeren kalendarischen Zeitraum als zwei Wochen umfassen. Um für mehrere Beschäftigte nicht de facto unterschiedliche Ankündigungsfristen zu schaffen, und auch, um nicht die hiermit einhergehende Benachteiligung von Teilzeitkräften zu vermeiden, erscheint es als richtig, den Begriff des Arbeitstags abstrakt zu bestimmen als solche Tage, an denen an demjenigen Ort, an dem die Arbeitsleistung zu erbringen ist, im Allgemeinen gearbeitet wird. Das wären alle Tage von Montag bis Freitag, soweit sie nicht zugleich ein Feiertag sind.
Rz. 45
Soll sich die Pflegezeit an eine Familienpflegezeit anschließen, so muss sie dies unmittelbar, also ohne zeitliche Unterbrechung tun. Zudem beträgt in diesem Fall die Ankündigungsfrist acht Wochen. Das ergibt sich aus § 3 Abs. 3 S. 6 PflegeZG.
II. Vereinbarung über eine Pflegeteilzeit
Rz. 46
Macht der Beschäftigte die nur teilweise Freistellung von der Arbeitsleistung geltend, also eine Pflegeteilzeit, bedarf es einer schriftlichen Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien über die Verringerung und die Verteilung der Arbeitszeit, § 3 Abs. 4 S. 1 PflegeZG. Der Beschäftigte kann also die Teilzeitlösung nicht ohne Beteiligung des Arbeitgebers durchsetzen. Auch dies erinnert an die Teilzeitbeschäftigung in Elternzeit, weicht aber im Detail davon ab.
1. Zeitpunkt der Geltendmachung
Rz. 47
Pflegeteilzeit – also die nur teilweise pflegebedingte...