Walter Krug, Dr. Christopher Riedel
a) Rechte des Nießbrauchers
Rz. 159
Nießbraucher kann, wie gesagt, jede natürliche oder juristische Person sein. Eine Personenmehrheit kommt (als solche) aber nicht als Nießbraucherin in Betracht. Mehrere Nießbraucher können daher auch nicht "als Mitberechtigte gemäß § 432 BGB" in das Grundbuch eingetragen werden.
Rz. 160
Beim Nießbrauch an einer Sache hat der Nießbraucher das Recht, sämtliche Nutzungen aus dem belasteten Gegenstand zu ziehen. Er ist zum Besitz der Sache berechtigt, § 1063 Abs. 1 BGB. Sind verbrauchbare Sachen Gegenstand des Nießbrauchs, so wird der Nießbraucher Eigentümer dieser Sachen, § 1067 BGB ("uneigentlicher Nießbrauch").
Rz. 161
Das Verfügungsrecht über den belasteten Gegenstand steht dem Nießbraucher im Allgemeinen nicht zu. Ausnahmen sind die Fälle, in denen der Nießbraucher Eigentümer wird, nämlich beim "uneigentlichen Nießbrauch" sowie bei Sachfrüchten, die mit der Trennung von der mit dem Nießbrauch belasteten Sache Eigentum des Nießbrauchers werden. Außerdem hat der Nießbraucher im Rahmen ordnungsmäßiger Wirtschaft ein Verfügungsrecht über einzelne Stücke eines Inventars, das zusammen mit einem Grundstück Gegenstand des Nießbrauchs ist, § 1048 BGB. Diese Vorschrift wird auch auf andere Sachinbegriffe angewandt, beispielsweise auf das Zubehör eines Handelsgeschäfts.
Rz. 162
Eine über die gesetzlichen Ausnahmefälle hinausgehende Verfügungsbefugnis des Nießbrauchers über den belasteten Gegenstand (sog. Dispositionsnießbrauch) kann nicht mit dinglicher Wirkung als Inhalt des Nießbrauchsrechts vereinbart werden. Möglich ist es jedoch, dem Nießbraucher eine transmortale bzw. postmortale Vollmacht zur Verfügung über den betreffenden Gegenstand zu erteilen oder ihn zum Testamentsvollstrecker zu ernennen.
Rz. 163
Die bisherige wirtschaftliche Bestimmung der Sache musstrotz des Wortlauts von § 1036 Abs. 2 BGB nicht unbedingt bestehen bleiben. Für die (künftige) wirtschaftliche Bestimmung ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Bestellung maßgebend. Maßgeblich ist aber – bei Nießbrauchsbestellung unter Lebenden – in erster Linie die vertragliche Vereinbarung der Parteien. Daher kann auch der Erblasser in seiner Verfügung von Todes wegen dem Nießbrauchsvermächtnisnehmer Befugnisse zur Änderung der wirtschaftlichen Bestimmung einräumen.
Rz. 164
Der Nießbraucher hat "nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft zu verfahren", § 1036 Abs. 2 BGB. Die Regeln ordnungsmäßiger Verwaltung sind nach objektiven Grundsätzen zu bestimmen. Zieht der Nießbraucher Früchte aufgrund ordnungswidriger Wirtschaftsführung oder übermäßiger Nutzung der Sache, so hat er insoweit dem Eigentümer bei Beendigung des Nießbrauchs den Wert der Früchte zu ersetzen, § 1039 BGB. Umgekehrt hat der Nießbraucher Veränderungen oder Verschlechterungen nicht zu vertreten, die durch ordnungsmäßige Nießbrauchsausübung entstanden sind, § 1050 BGB.
b) Pflichten des Nießbrauchers
Rz. 165
Der Nießbraucher darf die Sache nicht umgestalten oder wesentlich verändern, § 1037 Abs. 1 BGB. Welche Maßnahmen noch unwesentlich und damit zulässig sind, lässt sich nur im Einzelfall beurteilen. Der Nießbraucher ist zur Erhaltung der Sache in ihrem wirtschaftlichen Bestand verpflichtet, § 1041 S. 1 BGB. Daraus ergibt sich im Einzelnen:
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Der Nießbraucher hat alle Maßnahmen zu unterlassen, die den wirtschaftlichen Bestand der Sache gefährden, |
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Ausbesserungen und Erneuerungen muss der Nießbraucher insoweit vornehmen, als sie zur gewöhnlichen Unterhaltung der Sache gehören, § 1041 S. 2 BGB. |
Rz. 166
Gewöhnliche Unterhaltungsmaßnahmen sind Ausbesserungen und Erneuerungen, mit denen hin und wieder zu rechnen ist, selbst wenn sie im Einzelfall durch Zufall erforderlich werden. Außergewöhnliche Ausbesserungen und Erneuerungen fallen demgegenüber prinzipiell in den Zuständigkeitsbereich (und in die wirtschaftliche Verantwortung) des Eigentümers. Der Nießbraucher ist zu ihrer Vornahme nicht verpflichtet, im Zweifel aber berechtigt (§§ 1043, 1044, 1049 BGB). Letzteres ist umso wichtiger, als der Nießbraucher derartige Maßnahmen vom Eigentümer nicht verlangen kann.
Rz. 167
Zur Erhaltung der Sache gehört auch, dass der Nießbraucher diese auf seine Kosten versichert, § 1045 BGB. Welche Schadensereignisse versicherungsmäßig abgedeckt werden, ist im Einzelfall nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Wirtschaft zu beurteilen. Der Nießbraucher hat folgende auf der Sache ruhende Lasten zu tragen, § 1047 BGB:
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ordentliche öffentliche Lasten, insbesondere Grundsteuer, nicht aber außerordentliche Lasten wie beispielsweise Anliegerleistungen für den Straßenbau, |
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privatrechtliche Lasten, die schon bei Begründung des Nießbrauchs bestanden haben, insbesondere Zinsen für durch Grundpfandrechte gesicherte Verbindlichkeiten, soweit sie die nießbrauchsbelastete Sache betreff... |