Walter Krug, Dr. Christopher Riedel
Rz. 165
Der Nießbraucher darf die Sache nicht umgestalten oder wesentlich verändern, § 1037 Abs. 1 BGB. Welche Maßnahmen noch unwesentlich und damit zulässig sind, lässt sich nur im Einzelfall beurteilen. Der Nießbraucher ist zur Erhaltung der Sache in ihrem wirtschaftlichen Bestand verpflichtet, § 1041 S. 1 BGB. Daraus ergibt sich im Einzelnen:
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Der Nießbraucher hat alle Maßnahmen zu unterlassen, die den wirtschaftlichen Bestand der Sache gefährden, |
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Ausbesserungen und Erneuerungen muss der Nießbraucher insoweit vornehmen, als sie zur gewöhnlichen Unterhaltung der Sache gehören, § 1041 S. 2 BGB. |
Rz. 166
Gewöhnliche Unterhaltungsmaßnahmen sind Ausbesserungen und Erneuerungen, mit denen hin und wieder zu rechnen ist, selbst wenn sie im Einzelfall durch Zufall erforderlich werden. Außergewöhnliche Ausbesserungen und Erneuerungen fallen demgegenüber prinzipiell in den Zuständigkeitsbereich (und in die wirtschaftliche Verantwortung) des Eigentümers. Der Nießbraucher ist zu ihrer Vornahme nicht verpflichtet, im Zweifel aber berechtigt (§§ 1043, 1044, 1049 BGB). Letzteres ist umso wichtiger, als der Nießbraucher derartige Maßnahmen vom Eigentümer nicht verlangen kann.
Rz. 167
Zur Erhaltung der Sache gehört auch, dass der Nießbraucher diese auf seine Kosten versichert, § 1045 BGB. Welche Schadensereignisse versicherungsmäßig abgedeckt werden, ist im Einzelfall nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Wirtschaft zu beurteilen. Der Nießbraucher hat folgende auf der Sache ruhende Lasten zu tragen, § 1047 BGB:
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ordentliche öffentliche Lasten, insbesondere Grundsteuer, nicht aber außerordentliche Lasten wie beispielsweise Anliegerleistungen für den Straßenbau, |
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privatrechtliche Lasten, die schon bei Begründung des Nießbrauchs bestanden haben, insbesondere Zinsen für durch Grundpfandrechte gesicherte Verbindlichkeiten, soweit sie die nießbrauchsbelastete Sache betreffen. |
Rz. 168
Ist ein Grundstück einschließlich Inventar Gegenstand des Nießbrauchs, kann der Nießbraucher über die einzelnen Stücke des Inventars verfügen, soweit dies innerhalb einer ordnungsmäßigen Wirtschaft erforderlich ist. Für den gewöhnlichen Abgang sowie für die im Rahmen der ordnungsmäßigen Wirtschaft ausscheidenden Stücke hat er Ersatz zu beschaffen.
Rz. 169
Der Nießbraucher hat gegen den Eigentümer Anspruch auf Ersatz von Verwendungen, zu denen der Nießbraucher nicht verpflichtet gewesen ist. § 1049 Abs. 1 BGB verweist auf die entsprechenden Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag, denen zufolge die Ersatzpflicht regelmäßig nur dann besteht, wenn die Verwendungen dem tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entsprechen, § 683 BGB. Statt des Ersatzanspruchs hat der Nießbraucher auch das Recht, eine Einrichtung wegzunehmen, mit der er die Sache versehen hat, § 1049 Abs. 2 BGB.
Rz. 170
Die Ausübung des Nießbrauchs kann schuldrechtlich einem anderen überlassen werden, § 1059 S. 2 BGB. Der Nießbraucher kann somit – ohne dass eine Gestattung des Eigentümers erforderlich wäre – die Sache vermieten oder verpachten bzw. unentgeltlich einem anderen überlassen. Der Nießbrauch selbst ist allerdings nicht übertragbar, § 1059 S. 1 BGB. Gebraucht der Nießbraucher die Sache rechtswidrig und fährt er darin trotz Abmahnung fort, kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen, § 1059 BGB. Bei schuldhafter Verletzung der Regeln ordnungsmäßiger Wirtschaft ist der Nießbraucher ggf. schadensersatzpflichtig.
Bei einem Grundstücksnießbrauch kann der Nießbraucher mit einem Mieter einen Mietvertrag schließen, für den die besonderen Kündigungsregeln des § 1056 BGB gelten.
Rz. 171
Die zuvor skizzierten gesetzlichen Vorgaben für das Verhältnis zwischen Eigentümer und Nießbraucher sind aber weitestgehend abdingbar, so dass insbesondere die Lastenverteilung durch Vereinbarung zwischen den Parteien oder durch entsprechende testamentarische Anordnung abweichend ausgestaltet werden kann, und zwar sogar mit dinglicher Wirkung.
Insbesondere dann, wenn der Nießbrauch zugunsten eines Elternteils des Beschwerten angeordnet wird, erscheint es vielfach sachgerecht, dem Nießbraucher sämtliche Lasten des Nießbrauchsgegenstandes aufzuerlegen. Sozusagen spiegelbildlich können ihm dann auch die Entscheidungsrechte in Bezug auf die Vornahme der von ihm wirtschaftlich zu tragenden Maßnahmen eingeräumt werden.
Rz. 172
Muster 14.37: Lastentragung und Entscheidungsrechte
Muster 14.37: Lastentragung und Entscheidungsrechte
Abweichend von den gesetzlichen Vorgaben hat der Nießbraucher während der Dauer des Nießbrauchs sämtliche Kosten und Lasten der nießbrauchbelasteten Immobilie einschließlich aller im Rahmen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft erforderlich werdenden außergewöhnlichen Instandhaltungs- und Ausbesserungsmaßnahmen zu tragen. Während der Dauer des Nießbrauchs stehen dem Nießbraucher – im Rahmen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft – sämtliche Entscheidungsrechte im Hinblick auf Instandhaltungs-, Ausbesserungs- und Erneuerungsmaßnahmen im Hinblick...