Walter Krug, Dr. Christopher Riedel
1. Allgemeines
Rz. 138
Der Erblasser braucht einem Vermächtnisnehmer nicht zwingend ein dingliches Vollrecht zuzuwenden; er kann einer Person auch alle beschränkten dinglichen Rechte, die das Sachenrecht kennt, einräumen. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang das Nießbrauchsvermächtnis.
Häufig sind es die Fälle, in denen die Versorgung eines nahen Verwandten oder des Ehegatten sichergestellt werden soll (Versorgungsnießbrauch). Damit sollen die Lebensumstände des hinterbliebenen Ehegatten besser gesichert werden, als es durch das gesetzliche Erbrecht möglich ist. Gleichzeitig wird damit die Unabhängigkeit des überlebenden Ehegatten von den Kindern gewährleistet. In dieser Variante kommt ein Nießbrauch am gesamten Nachlass, an den Erbteilen der Abkömmlinge oder an wesentlichen Nachlassteilen in der Praxis häufig vor.
Nießbrauchsberechtigt kann eine natürliche oder eine juristische Person sein.
Praxishinweis
Durch die Belastung eines Gegenstandes mit einem Nießbrauch oder einem anderen Nutzungsrecht (dinglich oder schuldrechtlich) wird dieser Gegenstand rein faktisch kaum mehr veräußerbar.
Rz. 139
Der Nießbrauch ist nach § 1059 BGB zwingend unübertragbar und erlischt gemäß § 1061 BGB zwingend mit dem Tod des Nießbrauchers, wenn er nicht einer juristischen Person zusteht. Wenn ein Nießbrauch für Mehrere nicht als Gesamtberechtigte, sondern zu Bruchteilen bestellt ist, verhindert im Fall des Todes eines Bruchteilsberechtigten die fehlende Vererblichkeit sowohl einen Übergang auf andere Bruchteilsberechtigte als auch auf den Eigentümer. Mangels Abtretbarkeit kann aber auch nicht im Wege der Vorausabtretung durch den Eigentümer der Übergang auf den Längstlebenden erreicht werden. Deshalb entsteht das Nießbrauchsrecht für den Längstlebenden nach dem Tod eines der Bruchteilsberechtigten insoweit neu und ist nicht identisch mit dem Bruchteilsnießbrauch. Die Verknüpfung des Bruchteilsnießbrauchs mit dem Nießbrauch für den Längstlebenden durch die auflösende bzw. aufschiebende Bedingung des Todes eines Bruchteilsberechtigten ersetzt nicht den Tatbestand des Rechtsübergangs selbst. Da mehrere Nießbrauchsrechte vorliegen mit der Folge, dass für mehrere Rechte auch mehrere Eintragungen unter verschiedenen laufenden Nummern im Grundbuch vorzunehmen sind, müssen die Bewilligung und der Eintragungsantrag der Antragsteller dies deutlich zum Ausdruck bringen. Wird bei der Übertragung von Grundbesitz ein Nießbrauch bestellt, der zunächst den Übertragenden zu ideellen Bruchteilen und nach dem Tod des Erstversterbenden dem Überlebenden allein zustehen soll, so liegen mehrere Nießbrauchsrechte vor, die entsprechend zu bewilligen sind. Für einen Bruchteilsnießbrauch und den aufschiebend bedingten Nießbrauch eines Überlebenden sind selbstständige Rechte unter verschiedenen laufenden Nummern im Grundbuch einzutragen.
Vom dinglichen Nießbrauch ist der schuldrechtliche, lediglich obligatorisch wirkende Nießbrauch zu unterscheiden. Der Rechtsgestalter muss deshalb klarlegen und zuvor mit dem Erblasser ausführlich erörtern, ob es sich bei dem eingeräumten Nießbrauch um ein beschränktes dingliches Recht handeln soll oder lediglich um ein schuldrechtliches Nutzungsrecht. Einkommensteuerrechtlich werden schuldrechtlicher Nießbrauch und dinglicher Nießbrauch grundsätzlich gleich behandelt.
2. Muster zu Nießbrauchsvermächtnissen
Rz. 140
Muster 14.30: Nießbrauchsvermächtnis zugunsten des Ehepartners – Vermächtnis betr. Haushaltsgegenstände
Muster 14.30: Nießbrauchsvermächtnis zugunsten des Ehepartners – Vermächtnis betr. Haushaltsgegenstände
Testament
Ich, _________________________, geboren am _________________________ in _________________________, wohnhaft in _________________________, deutsche Staatsangehörige, errichte nachfolgendes Testament.
I. Testierfreiheit, Güterstand
Ich erkläre, dass ich nicht durch ein bindend gewordenes gemeinschaftliches Testament oder einen Erbvertrag an der Errichtung dieses Testaments gehindert bin. Hiermit hebe ich alle bisher von mir errichteten Verfügungen von Todes wegen in vollem Umfang auf.
Mit meinem Ehemann _________________________, mit dem ich am _________________________ vor dem Standesbeamten des Standesamts _________________________ die Ehe geschlossen habe, lebe ich, da wir keinen Ehevertrag geschlossen haben, im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft.
II. Erbeinsetzung
Zu meinen Vollerben setze ich ein:
a) |
meine Tochter _________________________, geb. am _________________________ in _________________________, wohnhaft in _________________________ |
b) |
meinen Sohn _________________________, geb. am _________________________ in _________________________, wohnhaft in _________________________ |
je zur Hälfte.
Für den Fall, dass einer der Erben vor oder nach dem Erbfall wegfällt, bestimme ich jeweils seine Abkömmlinge zu Ersatzerben, unter sich entsprechend den Regeln der gesetzlichen Erbfolgeordnung; man...