Rz. 70

Bei einem Zweckvermächtnis ist nach den Vorschriften der §§ 2155, 2182, 2183 BGB der Vermächtnisgegenstand aufgrund eines vom Erblasser angegebenen Zwecks zu bestimmen. Gemäß § 2156 BGB kann der Erblasser den oder die Bedachten benennen, die Bestimmung des Vermächtnisgegenstandes selbst jedoch dem Beschwerten oder einem Dritten überlassen.[100] Das Bestimmungsrecht bezieht sich also auf Gegenstand, Zeit und Zweckbestimmung der Leistung, nicht aber auf die Person des Bedachten.

Der Grundsatz des § 2065 BGB gilt entsprechend für die Bestimmung des Gegenstandes, den der Bedachte erhalten soll.[101] Ein Dritter kann also nicht willkürlich irgendeinen Gegenstand oder eine Leistung bestimmen, die der Bedachte erhalten soll.[102] Ebenso wie der Gesetzgeber bei der Bestimmung des Vermächtnisnehmers die Auswahl des Bedachten in § 2151 BGB gelockert hat, wird beim Zweckvermächtnis gemäß § 2156 BGB die mittelbare Bestimmung des Gegenstandes als zulässig angesehen.

Voraussetzung für ein wirksames Bestimmungsrecht ist aber, dass der Vermächtniszweck wenigstens so weit bestimmt ist, dass sich für das billige Ermessen bei der Bestimmung der Leistung ausreichende Anhaltspunkte ergeben, die gegebenenfalls gerichtlich nachprüfbar sind.[103]

 

Rz. 71

Muster 14.13: Zweckvermächtnis mit Bestimmungsrecht des Beschwerten

 

Muster 14.13: Zweckvermächtnis mit Bestimmungsrecht des Beschwerten

Mein Enkel _________________________, geb. am _________________________ in _________________________, erhält im Wege des Vermächtnisses die finanziellen Mittel für einen einjährigen Studienaufenthalt in den USA. Über die Einzelheiten entscheidet meine Tochter _________________________, die ich zu meiner Alleinerbin eingesetzt habe.

 

Rz. 72

Die Bestimmungsbefugnis des Zweckvermächtnisses kann auch mit einem Bestimmungsrecht nach § 2151 BGB kombiniert werden.[104]

 

Rz. 73

Muster 14.14: Zweckvermächtnis und Auswahl des Bedachten

 

Muster 14.14: Zweckvermächtnis und Auswahl des Bedachten

Einem meiner zwei Enkel _________________________, geb. am _________________________ in _________________________, und _________________________, geb. am _________________________ in _________________________, vermache ich im Wege des Vermächtnisses die finanziellen Mittel für die Finanzierung seines Studiums dergestalt, dass meine Tochter _________________________, die ich zur Alleinerbin eingesetzt habe, den Vermächtnisnehmer, der die Finanzierung für sein Studium benötigt, auszuwählen hat.

 

Rz. 74

Verschiedentlich wird vorgeschlagen, zur Ausnutzung der steuerlichen Freibeträge nach Ableben des erstversterbenden Ehepartners ein sog. Zweckvermächtnis anzuordnen.[105] Dieses besteht aus einer Kombination verschiedener Vermächtnisse in der Weise, dass der überlebende Ehepartner den Gegenstand, Höhe, Bedingungen und Leistungszeitpunkt (§§ 2156, 2181 BGB) bestimmen kann (sog. Supervermächtnis). Darüber hinaus kann das Vermächtnis dahingehend erweitert werden, dass der Beschwerte aus dem Kreis der sog. Schlusserben die Vermächtnisnehmer sowie deren Anteile an dem Vermächtnis bestimmen kann (§§ 2151, 2153 BGB).

 

Rz. 75

Muster 14.15: Supervermächtnis

 

Muster 14.15: "Supervermächtnis"

… die gemeinschaftlichen Kinder, ersatzweise deren Abkömmlinge erhalten vom erstversterbenden Ehegatten ein Vermächtnis im Sinne von § 2156 BGB zum Zweck der ganzen oder teilweisen Ausnutzung ihrer Erbschaftsteuerfreibeträge. Der überlebende Ehegatte kann dabei den Gegenstand, die Bedingungen und den Zeitpunkt der Leistungen bestimmen, § 2156 BGB, dies im Rahmen von den §§ 2156 S. 2, 315 BGB, insbesondere auch unter Berücksichtigung seines eigenen Versorgungsinteresses. Ebenso bestimmt er die Zeit der Erfüllung (§ 2181 BGB), diejenigen, die aus dem Kreis der oben genannten Vermächtnisse erhalten sollen (§ 2151 BGB), sowie deren Anteile an dem Vermächtnis (§ 2153 BGB). Die Zeit der Erfüllung ist so zu bestimmen, dass die Erfüllung innerhalb von fünf Jahren nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten erfolgt.

 

Rz. 76

Dass eine solche Klausel nur zum Zwecke der Sicherung der Erbschaftsteuerfreibeträge angeordnet wird, wird in der Literatur weitestgehend als unproblematisch angesehen.[106] Damit das Vermächtnis noch zu Lebzeiten fällig wird und nicht die steuerlich ungünstigen Wirkungen des § 6 Abs. 4 ErbStG eintreten, schlägt J. Mayer[107] vor, in der letztwilligen Verfügung einen sog. Endtermin für die Fälligkeit zu bestimmen. Damit ließe sich auch das Problem lösen, dass nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG bereits entstandene, aber noch nicht fällige Ansprüche nur dann abzugsfähig sind, wenn die Fälligkeit feststeht.[108]

[100] Vgl. zur Drittbestimmung beim Zweckvermächtnis J. Mayer, MittBayNot 1999, 447.
[101] MüKo/Leipold, § 2065 Rn 41 ff., 44.
[102] BayObLG FamRZ 1999, 1386.
[103] Vgl. Staudinger/Otte, § 2156 Rn 1; MüKo/Rudy, § 2156 Rn 3; BGH NJW 1983, 278.
[104] MüKo/Rudy, § 2156 Rn 2; Soergel/Wolf, § 2156 Rn 1; Keim, ZEV 2016, 6 ff.
[105] Schmidt, BWNotZ 1998, 97; Langenfeld, JuS 2002, 351; vgl. auch Schlitt, in: Sc...

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