Walter Krug, Dr. Christopher Riedel
1. Allgemeines
Rz. 276
Nicht selten ist es das Anliegen des Erblassers, einem Verwandten oder einer befreundeten Person das Recht einzuräumen, einen bestimmten Gegenstand, insbesondere ein Grundstück, für den Fall des Verkaufs durch den zunächst Bedachten erwerben zu können. Diese Rechtsfolge kann der Erblasser dadurch erreichen, dass er dem Begünstigten vermächtnisweise ein Vorkaufsrecht an dem betreffenden Gegenstand einräumt.
2. Arten des Vorkaufsrechts
Rz. 277
Mit dem Vorkaufsrecht wird dem Vorkaufsberechtigten die Befugnis eingeräumt, den vorkaufsbelasteten Gegenstand zu denselben Bedingungen zu kaufen, zu denen ihn der Verpflichtete (= Vermächtnisbeschwerte) rechtswirksam an einen Dritten verkauft hat. Zwischen dem Vorkaufsberechtigten (= Vermächtnisnehmer) und dem Verpflichteten (= Erbe oder Hauptvermächtnisnehmer) kommt mit der Erklärung über die Ausübung des Vorkaufsrechts ein neuer Kaufvertrag zustande, dessen Bedingungen inhaltlich mit denen identisch sind, die der Verpflichtete mit dem Dritten vereinbart hat.
Rz. 278
Ein Vorkaufsrecht kann entweder schuldrechtlicher Natur (§§ 463–473 BGB) oder dinglicher Natur sein (§§ 1094–1104 BGB). Das schuldrechtliche Vorkaufsrecht kann sich beziehen auf unbewegliche oder bewegliche Sachen und Rechte, das dingliche Vorkaufsrecht kann nur an Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten eingeräumt werden.
Rz. 279
Muster 14.47: Vermächtnisweise Zuwendung eines Vorkaufsrechts an beweglichen Sachen
Muster 14.47: Vermächtnisweise Zuwendung eines Vorkaufsrechts an beweglichen Sachen
Im Wege des Vermächtnisses wende ich meinem Freund _________________________, der mich wirtschaftlich außerordentlich gut beraten hat, das Vorkaufsrecht an den _________________________-Aktien für den ersten Verkaufsfall zu. Das Vorkaufsrecht ist innerhalb von zwei Wochen seit Zugang der Mitteilung über den Verkauf an den Vermächtnisnehmer auszuüben.
Ein Ersatzvermächtnisnehmer wird ausdrücklich entgegen jeder anders lautenden gesetzlichen oder richterlichen Vermutungs- oder Auslegungsregel nicht benannt.
Rz. 280
Muster 14.48: Vermächtnisweise Zuwendung eines dinglichen Vorkaufsrechts
Muster 14.48: Vermächtnisweise Zuwendung eines dinglichen Vorkaufsrechts
Meinem Neffen _________________________, wohnhaft in _________________________, wende ich im Wege des Vermächtnisses das dingliche Vorkaufsrecht für den ersten Verkaufsfall an dem Grundstück _________________________, eingetragen im Grundbuch von _________________________, Bestandsverzeichnis-Nr. _________________________, Markung _________________________, zu.
Ein Ersatzvermächtnisnehmer wird ausdrücklich entgegen jeder anderslautenden gesetzlichen oder richterlichen Vermutungs- oder Auslegungsregel nicht benannt.
3. Entstehung des dinglichen Vorkaufsrechts
Rz. 281
Das dingliche Vorkaufsrecht ist ein beschränktes dingliches Recht, das zu seiner Entstehung der Einigung und Eintragung im Grundbuch bedarf, § 873 BGB. Formalrechtlich ist zur Eintragung die Bewilligung des Eigentümers (= Erbe oder Hauptvermächtnisnehmer) gemäß § 19 GBO in beglaubigter Form (§ 29 GBO) und ein Antrag entweder des Vorkaufsberechtigten oder des Eigentümers nach § 13 Abs. 1 GBO erforderlich. Das Vorkaufsrecht kann im Grundbuch erst eingetragen werden, wenn der Eigentümer voreingetragen ist, § 39 GBO.
4. Sicherung des schuldrechtlichen Vorkaufsrechts
Rz. 282
Bezieht sich das schuldrechtliche Vorkaufsrecht auf ein Grundstück, kann der bedingte Eigentumsübertragungsanspruch gemäß § 883 BGB durch Vormerkung gesichert werden. Hierzu bedarf es gemäß § 19 GBO der Eintragungsbewilligung des Eigentümers (in notariell beglaubigter Form gemäß § 29 GBO) und des Eintragungsantrags entweder des Eigentümers oder des Vorkaufsberechtigten gemäß § 13 Abs. 1 GBO. Die Vormerkung kann im Grundbuch erst eingetragen werden, wenn der Eigentümer (= Erbe oder Hauptvermächtnisnehmer) im Grundbuch voreingetragen ist, § 39 GBO.
5. Belastungsobjekt
Rz. 283
Die Bestellung eines dinglichen Vorkaufsrechts ist an einem Grundstück, an Miteigentumsanteilen an einem Grundstück, § 1095 BGB, an Wohnungs- und Teileigentum sowie an einem Erbbaurecht möglich. Mehrere Grundstücke können nicht mit einem einheitlichen Vorkaufsrecht belastet werden, vielmehr sind Einzelrechte an jedem einzelnen Grundstück zu bestellen.
6. Vorkaufsberechtigter
Rz. 284
Das Vorkaufsrecht kann zugunsten einer natürlichen oder juristischen Person bestellt werden. Wird das dingliche Vorkaufsrecht mehreren Personen eingeräumt, bestimmt § 472 BGB deren Gemeinschaftsverhältnis (§ 1098 Abs. 1 BGB). Nach diesen Vorschriften kann das Vorkaufsrecht nur insgesamt ausgeübt werden. Üben mehrere Berechtigte das Vorkaufsrecht aus, richtet sich ihr Eigentumsübertragungsanspruch auf Übereignung in Bruchteilseigentum, sofern in der Verfügung von Todes wegen nichts anderes bestimmt wurde. Das Vorkaufsrecht kann aber auch für mehrere Berechtigte in Form der Gesamtgläubigerschaft nach § 428 BGB bestellt werden. Wird das Eigentum in einem solchen Fall auf einen der Gesamtgläubiger übertragen, wirkt dies für den Verpflichteten gegenüber allen Gläubigern schuldbefreiend.
Rz. 285
Das einer natürlich...