Rz. 73

Ehesachen sind Verfahren gem. § 121 FamFG, LPart-Sachen solche gem. § 269 Abs. 1 Nr. 1 und 2 FamFG, § 48 Abs. 3 S. 2 RVG. Auch die italienische Trennung von Tisch und Bett wird hierher gezählt.[78]

Die Beiordnung, die in der Ehe/LPart-Sache angeordnet worden war, wird auf die in § 48 Abs. 3 RVG genannten Gegenstände auch ohne Antrag und ohne ausdrücklichen Gerichtsbeschluss erstreckt.

[78] AnwK-RVG/Fölsch/Schafhausen/N. Schneider/Thiel, § 48 RVG Rn 60.

a) Geltungsbereich des § 48 Abs. 3 S. 2 RVG

 

Rz. 74

Der Katalog der betroffenen Gegenstände ist abschließend.[79] Nicht genannt sind insbesondere Versorgungsausgleich und Vermögenssorge sowie Kindesherausgabe. Der Versorgungsausgleich ist gem. § 149 FamFG ohnehin von der Verfahrenskostenhilfe umfasst und brauchte also nicht erwähnt werden; die Vermögenssorge ist selten von der Personensorge getrennt. Für die Herausgabe eines Kindes, die nicht erwähnt ist, wird mit Recht vertreten, dass insoweit Erstreckung angezeigt ist, vorsorglich aber Erstreckung beantragt werden sollte.[80]

 

Rz. 75

Die in § 48 Abs. 3 RVG genannten Gegenstände brauchen nicht im Verbund anhängig zu sein. § 48 Abs. 3 RVG gilt aber auch dann, wenn ein Verfahren der dort genannten Art im Verbund anhängig ist, bisher aber vergessen wurde, die Erstreckung der Verfahrenskostenhilfe zu beantragen. Die Gebühren sind dann im Umfang des § 48 Abs. 3 RVG aus der Staatskasse für diese Folgesache zu erstatten.

 

Rz. 76

Zum Begriff des "ehelichen Güterrechts": Der Umfang dieses Begriffs ist umstritten. Teilweise wird der Begriff genauso ausgelegt, wie er früher in § 23b Abs. 1 S. 2 Nr. 9, 10 GVG stand. Das entspricht dem heutigen § 261 FamFG. Dem ist zuzustimmen. Das "eheliche Güterrecht" ist ein Fachausdruck. Dem Gesetzgeber des FamFG war bekannt, dass unter früherem Recht teilweise auch die Vermögensauseinandersetzung hierher gerechnet wurde und er hat trotzdem den Ausdruck nicht geändert.[81] Das bedeutet nicht, dass nicht zur Erledigung güterrechtlicher Ansprüche statt einer Geldzahlung auch Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück vereinbart werden kann.[82] In Zweifelsfällen muss der Anwalt aber die Erstreckung vor der Bewilligung und Beiordnung vorsorglich beantragen.

 

Rz. 77

Arbeitsrechtliche und gesellschaftsrechtliche Vereinbarungen sind (soweit sie nicht unmittelbar Teil der Regelung des Güterstandes sind) nicht von § 48 Abs. 3 RVG erfasst.

[79] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, § 48 RVG Rn 17.
[80] AnwK-RVG/Fölsch/Schafhausen/N. Schneider/Thiel, § 48 RVG Rn 75.
[81] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, § 48 RVG Rn 20–24 m.N. auch der Gegenmeinung.
[82] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, § 48 RVG Rn 23: Die zur Regelung der güterrechtlichen Ansprüche gehörenden allgemeinen vermögensrechtlichen Regelungen fallen unter den Begriff "Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht". Dabei sei zu vermuten, dass die allgemeinen vermögensrechtlichen Regelungen in einem Abhängigkeitsverhältnis zu güterrechtlichen Regelungen stehen.

b) Abschluss eines Vertrags i.S.d. Nr. 1000 VV RVG

aa) § 48 Abs. 3 RVG und Trennungsvereinbarungen

 

Rz. 78

Es muss sich nicht um die Regelung von Scheidungsfolgen handeln. Es genügt die Regelung von Trennungsfolgen.[83] Wenn andere Gegenstände als die in § 48 Abs. 3 RVG genannten verglichen werden, muss die Erstreckung von Bewilligung und Beiordnung extra beantragt werden!

[83] Unstreitig, Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, § 48 RVG Rn 30.

bb) Einigung i.S.d. § 48 Abs. 3 RVG

 

Rz. 79

Es muss sich um eine Einigung i.S.d. Nr. 1000 VV RVG handeln.[84] Auch die Zahlungsvereinbarung gem. Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 1000 VV RVG gehört hierher. Die Einigung muss tatsächlich zustande gekommen und nicht widerrufen sein.

[84] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, § 48 RVG Rn 26; AnwK-RVG/Fölsch/Schafhausen/N. Schneider/Thiel, § 48 Rn 65.

c) Gebührenanspruch gegen die Staatskasse im Fall des § 48 Abs. 3 RVG

 

Rz. 80

§ 48 Abs. 3 RVG ist ein Fall des Mehrvergleichs, soweit eine Vereinbarung über Gegenstände getroffen wird, die jedenfalls nicht hier anhängig sind; neben diesen Mehrvergleichen in Ehesachen gem. § 48 Abs. 3 RVG gibt es selbstverständlich noch andere Mehrvergleiche, die gesondert besprochen werden (vgl. Rdn 93).

aa) Vergütung in den Fällen des § 48 Abs. 3 RVG

 

Rz. 81

Seit dem Inkrafttreten des 2. KostRMoG[85] ist § 48 Abs. 3 im Text geändert. Es heißt nun, dass sich die Beiordnung in einer Ehesache auf "alle mit der Herbeiführung der Einigung erforderlichen Tätigkeiten" erstreckt. Dies gilt "im Fall des Abschlusses eines Vertrags i.S.d. Nr. 1000 des VV".

Damit ist – jedenfalls für den Fall des Zustandekommens eines Mehrvergleichs in Verfahren über Ehesachen – geklärt, was seit Jahren streitig war: Nicht nur die Einigungsgebühr (wenn nicht anderweitig anhängig die 1,5 Einigungsgebühr gem. Nr. 1000 VV RVG), sondern auch die 0,8 Verfahrens-Differenzgebühr gem. Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG und die Erhöhung der Terminsgebühr (1,2 aus dem Mehrwert zusammen mit dem Wert der Ehesache und sonstiger Folgesachen) gem. Anm. Abs. 2 zu Nr. 3104 VV RVG werden erstattet.[86]

Damit sind die Gesamtkosten für diesen Mehrvergleich aus der Staatskasse zu bezahlen.[87]

[85] Gesetz vom 23.7.2013, BGBl I, 2586, in Kraft seit 1.8.2013; Übersicht über die frühere Rspr. AnwK-RVG/Fölsch/Schafhausen/N. Schneider/Thiel, § 48 Rn 77 ff., 92 ff.; Thiel in Anm. zu ...

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