Ingrid Groß, Dr. iur. Thomas Eder
Rz. 101
Für das Verfahren wird die 1,0 Verfahrensgebühr (Nr. 3335 VV RVG) und die 1,2 Terminsgebühr (Vorb. 3 Abs. 3 S. 1, S. 3 Nr. 2 VV RVG) i.V.m. Vorb. 3.3.6 VV RVG, jeweils begrenzt auf den entsprechenden Gebührensatz im Hauptsacheverfahren, sowie die 1,0 Einigungsgebühr (Nr. 1003 VV RVG) vergütet. Die Wertvorschriften stehen in § 23a RVG. Dieser Vergütungsanspruch richtet sich gegen den Mandanten. Die Gebühren werden nach der Tabelle zu § 13 RVG, nicht nach der Tabelle zu § 49 RVG (Verfahrenskostenhilferecht) errechnet.
Rz. 102
Das Verfahren auf Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe und das Hauptsacheverfahren sind eine gebührenrechtliche Angelegenheit (§ 16 Nr. 2 RVG), so dass die Gebühren nur einmal anfallen. Mehrere VKH-Bewilligungsverfahren im gleichen Rechtszug stellen untereinander und zusammen mit der Hauptsache eine Angelegenheit dar (§ 16 Nr. 2 und 3 RVG). Gegenstandswert ist der Wert der Hauptsache für Verfahren auf Bewilligung oder Aufhebung der Bewilligung nach § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. §§ 113 Abs. 1, 76 Abs. 1 FamFG. Im Übrigen richtet er sich nach dem Kosteninteresse nach billigem Ermessen (§ 23a Abs. 1 S. 2 RVG). Eine Zusammenrechnung mit den Werten der Hauptsache findet nicht statt (§ 23a Abs. 2 RVG). Wird also z.B. zunächst Verfahrenskostenhilfe für eine Klage über 10.000,00 EUR beantragt, fällt eine 1,0 Gebühr für das VKH-Bewilligungsverfahren gem. Nr. 3335 VV RVG an. Wird die Verfahrenskostenhilfe bewilligt und das Verfahren durchgeführt, erhöht sich die bereits angefallene Verfahrensgebühr von 1,0 auf 1,3. Der Gegenstandswert bleibt der gleiche, die Gebühr ist nur dieses eine Mal angefallen. Kommt es dagegen nicht zum Hauptsacheverfahren, bleibt es bei der 1,0 Verfahrensgebühr des Bewilligungsverfahrens.
Die Abänderungs- und die Aufhebungsverfahren (§§ 120a, 124 ZPO) sind zusammen mit dem (erstinstanzlichen) Bewilligungsverfahren gem. § 118 ZPO eine Angelegenheit (§ 16 Nr. 3 RVG). Das Überprüfungsverfahren ist Teil des Abänderungs-/Aufhebungsverfahrens und fällt gleichfalls unter diese Regeln. Die Formulierung "… Verfahren über die Prozesskostenhilfe …" bedeutet, dass nicht nur Bewilligungsverfahren und Abänderungs- sowie Aufhebungsverfahren, die den eigenen Mandanten betreffen, sondern die gleichen Verfahren, wenn sie der Gegner betreibt, dieselbe Angelegenheit untereinander sind; alle zusammen sind wiederum eine Angelegenheit mit dem Hauptsacheverfahren (§ 16 Nr. 2 RVG).
Das bedeutet, dass der Anwalt, wenn und soweit er mit Abänderungs- oder Aufhebungsverfahren oder Überprüfungsverfahren befasst ist, über die in 1. Instanz im Hauptsacheverfahren verdienten Gebühren hinaus keine weiteren Gebühren verdient (eine seltene Ausnahme wäre, dass im Hauptsacheverfahren keine Terminsgebühr verdient wurde, wohl aber im Abänderungs- oder Aufhebungsverfahren).
Die Anwaltschaft wird in steigendem Maß an solchen Überprüfungs-/Abänderungs-/Aufhebungsverfahren beteiligt. War der Anwalt schon in dem Verfahren, in dem die Verfahrenskostenhilfe bewilligt wurde, tätig, und zwar auch im Bewilligungsverfahren, muss das Gericht alle Schriftstücke, die das Überprüfungs-/Abänderungs- oder Aufhebungsverfahren betreffen, an den Anwalt richten. § 172 ZPO gilt auch im VKH-überprüfungsverfahren nach §§ 120a, 124 ZPO, wenn der Anwalt im Bewilligungsverfahren den Mandanten vertreten hat. Dies gilt auch, wenn die Hauptsache formal beendet ist. Die Vollmacht gegenüber dem Gericht wirkt weiter. Der Anwalt bleibt also in der Verantwortung, bis die 4 Jahre abgelaufen sind (§ 120a Abs. 1 S. 4 ZPO). Ein Weg wäre, von vornherein im Bewilligungsverfahren gegenüber dem Gericht nicht aufzutreten. Ein anderer Weg könnte sein, das Mandat niederzulegen. Das Überprüfungs-/Abänderungs-/Aufhebungsverfahren ist kein Verfahren mit Anwaltszwang. Die Niederlegung des Mandats müsste dazu führen, dass der Mandant die Zustellungen selbst erhält. Sollte auch dieses Verfahren Anwaltsverfahren sein, würde die Niederlegung des Mandats den Anwalt nicht vor den Zustellungen und der Weiterleitungspflicht bewahren. Die Verfahren müssen, soweit sie geführt werden müssen, kostenfrei geführt werden (§ 16 Nr. 3 RVG).
Eine weitere Überlegung ist, ob nicht schon die 2-Jahres-Frist gem. § 15 Abs. 5 S. 2 RVG abgelaufen ist und damit der Verfahrensbevollmächtigte im Aufhebungs-/Abänderungsverfahren erneut Gebühren gem. Nr. 3335, Vorb. 3.3.6 i.V.m. Vorb. 3 Abs. 3, Nr. 3104 VV RVG verdient, wenn er sich an dem Überprüfungs-/Abänderungs-/Aufhebungsverfahren beteiligt.
Die Anwendung des § 15 Abs. 5 S. 2 RVG muss selbstverständlich dem Mandanten mitgeteilt werden, wenn sich der Anwalt auf diese Bestimmung berufen will.