Rz. 379

Damit der Gläubiger des Pflichtteilsanspruchs nicht Gefahr läuft, dass er von der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs keine Kenntnis erhält und der Pflichtteilsanspruch dann möglicherweise anderweitig untergeht, stellt sich die Frage, ob der Pflichtteilsanspruch bereits im Vorfeld, für den Fall der späteren Geltendmachung, gepfändet werden kann. Aus Sicht der Rechtsprechung ist dies zulässig.[574] Es handelt sich hierbei um eine Pfändung eines aufschiebend bedingten Anspruchs. Der frühestmögliche Zeitpunkt für die Pfändung des Pflichtteilsanspruchs ist dabei jedoch der Erbfall. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Pflichtteilsanspruch nach § 2317 BGB dann erst entsteht.

 

Rz. 380

Hat der Gläubiger des Pflichtteilsanspruchs den Pflichtteil gepfändet, erwirkt er aber erst zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich wenn die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO vorliegen, ein Verwertungsrecht. Der Rang des Pfandrechts richtet sich dann nach dem Zeitpunkt der Pfändung. Auch nach erfolgter aufschiebend bedingter Pfändung obliegt es der Entscheidung des Pflichtteilsberechtigten, ob er den Anspruch gegen den Erben geltend macht oder nicht. Kommt es nicht zu einer Geltendmachung, geht die Pfändung ins Leere. Der Pflichtteilsberechtigte kann durch den Pfändungsgläubiger nicht zur Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs gezwungen werden.[575] Es besteht daher weiterhin die Gefahr, dass der Pflichtteilsberechtigte durch Untätigkeit oder anderweitige Regelung mit dem Erben den Pflichtteil dem Gläubiger entzieht.[576] Etwas anderes gilt allerdings bei der Überleitung des Pflichtteilsanspruchs nach § 93 SGB XII. Wird seitens des Sozialhilfeträgers der Pflichtteilsanspruch übergeleitet, so kann er auch geltend gemacht werden, ohne dass es einer Entscheidung des Pflichtteilsberechtigten selbst bedarf, allerdings nur dann, wenn die Geltendmachung des Pflichtteils nicht von einer Ausschlagung eines Erbteils nach § 2306 Abs. 1 S. 2 BGB abhängig ist.[577]

 

Rz. 381

Hat der Gläubiger den Pflichtteilsanspruch aufschiebend bedingt für den Fall gepfändet, dass der Pflichtteilsanspruch geltend gemacht wird, steht ihm auch nicht das Recht zu, den Anspruch gegen den Erben im Prozess geltend zu machen. Die Auskunft, ob eine vertragliche Anerkennung des Pflichtteilsanspruchs oder eine Rechtshängigkeit erfolgt ist, kann der Gläubiger über das Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erlangen.

[574] BGH NJW 1993, 2876; OLG Düsseldorf FamRZ 2000, 367.
[575] Keim, ZEV 1998, 127; Klumpp, ZEV 1998, 123.

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