Rz. 142

Der deutsche Nachlassrichter wendet stets deutsches Verfahrensrecht an (sog. lex fori- Grundsatz). Damit gelten die §§ 2353 ff. BGB und die §§ 1110, 342 ff. FamFG.

Bei den zu erteilenden Erbscheinen ist wie folgt zu unterscheiden:

1. Eigenrechtserbschein

 

Rz. 143

Kommt materielles deutsches Erbrecht, sei es über Art. 21 EU-ErbVO bei einem letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers in Deutschland oder kraft Rechtswahl nach Art. 22 EU-ErbVO oder infolge einer Rückverweisung nach Art. 34 EU-ErbVO, zur Anwendung, so wird ein sog. Eigenrechtserbschein erteilt.

Was den Inhalt anbelangt, gelten die üblichen Voraussetzungen, §§ 352 ff. FamFG.

Anzumerken ist lediglich, dass die Rückverweisung in den Erbschein aufgenommen wird.[179]

 

Formulierungsbeispiel

"Hiermit wird bezeugt, dass A von B kraft Rückverweisung des … Rechts nach deutschem Recht allein beerbt worden ist."

[179] Palandt/Weidlich, § 2353 BGB Rn 5.

2. Gegenständlich beschränkter Eigenrechtserbschein

 

Rz. 144

Für die Fallkonstellation des Art. 3a Abs. 2 EGBGB oder aufgrund einer Nachlassspaltung im ausländischen IPR kann ein gegenständlich beschränkter Eigenrechtserbschein notwendig sein. Deutsches Recht ist dann nur auf einen Teil des Nachlasses anzuwenden.[180]

Die Erteilung eines nach § 352c FamFG (bislang § 2369 Abs. 1 BGB) gegenständlich beschränkten Erbscheins setzt voraus, dass sich Teile des Nachlasses sowohl im Inland als auch im Ausland befinden. Das OLG Karlsruhe[181] erachtet einen gegenständlich beschränkten Erbschein ohne Auslandsvermögen als unzulässig.

[180] Hüßtege, IPR, S. 84.

3. Fremdrechtserbschein = gegenständlich beschränkter Erbschein

 

Rz. 145

Kommt z.B. bei einem deutschen Erblasser mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland eine fremde Erbrechtsordnung zur Anwendung, kann die Erteilung eines Fremdrechtserbscheins in Betracht kommen, Art. 21 EU-ErbVO.

Inhalt des Fremdrechtserbscheins:[182]

Bezeichnung des Erben;[183]
territoriale und gegenständliche Beschränkung, ohne dass aber die im Inland befindlichen Gegenstände einzeln aufzuzählen sind (ein diesbezüglicher Verstoß macht den Erbschein aber nicht ungültig);
das Recht, nach dem sich die Erbfolge richtet.
 

Formulierungsbeispiel

"Hiermit wird bezeugt, dass der Erblasser A hinsichtlich des im Inland befindlichen (beweglichen/unbeweglichen) Nachlasses von B allein nach … Recht beerbt worden ist."

Eine nach ausländischem Recht angeordnete Testamentsvollstreckung ist ebenfalls zu vermerken.[184] Auch ist ein gegenständlich beschränktes Testamentsvollstreckerzeugnis möglich.

Verfahrensrechtlich bedeutsam ist noch, dass für die Vorlage von Nachweisen gemäß § 352 Abs. 3 FamFG ausländische öffentliche Urkunden und eidesstattliche Versicherungen ausreichen.[185]

[182] Palandt/Weidlich, § 2369 BGB Rn 10.
[183] Staudinger/Herzog, § 2353 BGB Rn 53.
[184] BGH NJW 1963, 46.
[185] Staudinger/Herzog, § 2353 BGB Rn 223.

4. Gemischter Erbschein

 

Rz. 146

Wird der Erblasser teilweise nach deutschem und teilweise nach ausländischem Recht beerbt (z.B. ein Franzose mit beweglichem und unbeweglichem Vermögen in Deutschland) ist sowohl ein Eigenrechtserbschein nach § 2353 BGB als auch ein Fremdrechtserbschein nach § 352c FamFG zu erteilen. Diese können in einer Urkunde verbunden werden.[186]

[186] BayObLG FamRZ 1971, 259.

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