Rz. 154

Die bisherige Rechtslage zeichnete sich durch erhebliche Schwierigkeiten in der Führung des Erbnachweises anhand des Erbscheines selbst im europäischen Ausland aus. So kannten viele Mitgliedsstaaten ein dem Erbschein vergleichbares Zeugnis nicht. Dementsprechend schwierig gestaltete sich die Anerkennung.

Mit der EU-ErbVO wurde dies deutlich erleichtert. Nunmehr können auch Erbscheine nach dem in Kapitel 4 der EU-ErbVO vorgesehenen Verfahren in den Mitgliedstaaten anerkannt werden, darüber hinaus besteht die Möglichkeit des ENZ.

 

Beispiel (nach Borsdorff, ErbBstg 2015, 185)

E ist deutscher Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Österreich. Er ist verwitwet und hat zwei erwachsene Kinder mit Wohnsitz in Deutschland. Als E in Österreich ohne Testament verstirbt, hinterlässt er mehrere Immobilien sowie Bankkonten sowohl in Deutschland als auch in Österreich.

Wie ist die Rechtslage, wenn E im Oktober 2014 verstirbt und wie ist sie, wenn er im Oktober 2015 verstirbt?

Welche Unterlagen sind bei den Grundbuchämtern und Banken vorzulegen?

Lösung

1. E verstirbt im September 2014

In Deutschland:

nach Art. 25 Abs. 1 EGBGB i.d.F. bis zum 17.8.2015 ist aufgrund der deutschen Staatsangehörigkeit des E deutsches Erbrecht anzuwenden

Kinder zu je ½ Erben; bilden eine Erbengemeinschaft
Nachweis des Erbrechts durch Erbschein, § 2353 BGB

In Österreich:

Für unbeweglichen in Österreich belegenen Nachlass:

hier ist das sog. Verlassenschaftsverfahren durchzuführen an dessen Ende die sog. Einantwortungsurkunde steht, die eine konstitutive Übertragung des Nachlasses auf die Person bewirkt, die als Erbe festgestellt wurde.
dt. Erbschein wird in der Praxis oft nicht anerkannt, zeitraubende Anerkennungsverfahren

2. E verstirbt im Oktober 2015

EU-ErbVO findet Anwendung, so dass vollumfänglich österreichisches Erbrecht zur Anwendung gelangt, Art. 21 EU-ErbVO
Verlassenschaftsverfahren mit Erteilung der Einantwortungsurkunde wird durchgeführt
hinsichtlich des in Deutschland belegenen Vermögens zudem Europäisches Nachlasszeugnis erforderlich, Art. 62 ff. EU-ErbVO
dieser dient dann als Nachweis in Deutschland gegenüber Banken und Grundbuchamt

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