Dr. Stephan Pauly, Michael Pauly
Rz. 58
Gerade auch im Zusammenhang mit der Beurteilung der Wirksamkeit von sog. Koppelungsklauseln kommt es entscheidend darauf an, ob für Dienstverträge von Organmitgliedern die Inhalts- und Transparenzkontrolle nach §§ 305 ff. BGB eröffnet ist. Für Arbeitnehmer ist seit Einführung der §§ 305 ff. BGB gesetzlich geregelt, dass bei vorformulierten Arbeitsverträgen eine Inhalts- und Transparenzkontrolle stattfindet. Dieses gilt grundsätzlich auch für Dienstverträge von Geschäftsführern und Vorständen, wenn man die Fragen, ob Bereichsausnahme des § 310 Abs. 4 S. 1 BGB auch Dienstverträge von Organen erfasst und ob Geschäftsführer/Vorstände Verbraucher i.S.v. §§ 13, 310 Abs. 3 BGB sind, bejaht. Diese Fragen können auch dann von Bedeutung sein, wenn es darum geht, im Rahmen vertraglicher Abreden Kündigungserleichterungen/Kündigungserschwerungen rechtlich zu beurteilen.
Rz. 59
Insoweit ist gegenwärtig herrschende Auffassung, dass die Bereichsausnahme des § 310 Abs. 4 S. 1 BGB auf Geschäftsführer- und Vorstandsdienstverträge keine Anwendung findet, da es sich bei diesen vertraglichen Vereinbarungen nicht um Verträge auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts, sondern um dienstvertragliche Verträge handelt. § 310 Abs. 4 S. 1 BGB sperrt daher den Anwendungsbereich der §§ 305 ff. BGB nicht.
Rz. 60
Die Frage, ob (Fremd-)Geschäftsführer und (Fremd-)Vorstände Verbraucher i.S.v. § 13 BGB sind, dürfte eindeutig zu bejahen sein. Der BGH hat dies noch zu dem "alten AGB-Recht" bereits im Jahre 1996 für den Fremd-Geschäftsführer getan. Mit Grundsatzentscheidung des BAG vom 19.5.2010, in dem dieses Urteil des BGH zum "alten Recht" ebenfalls in Bezug genommen wurde, hat das BAG anerkannt, dass es sich bei einem Geschäftsführer bei der Unterzeichnung seines Anstellungsvertrags um einen Verbraucher i.S.d. § 13 BGB handelt. Entsprechendes ist dann auch für den (Fremd-)Vorstand einer AG anzunehmen.
Rz. 61
Nach zutreffender Auffassung kommen keine europarechtlichen Bereichsausnahmen für Vorstände/Geschäftsführer in Betracht. Der Weg zur richterlichen Inhaltskontrolle über §§ 13, 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB ist eröffnet, wobei nach diesen Vorschriften die Regelungen des § 305c Abs. 2 und §§ 306 und 307–309 BGB sowie Art. 46b EGBGB auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung finden, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und der Verbraucher (hier: Geschäftsführer/Vorstand) aufgrund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. Für die Praxis ist also davon auszugehen, dass jedenfalls bei (Fremd-)Geschäftsführern/(Fremd-)Vorständen die entsprechenden Kriterien der §§ 305 ff. BGB zu beachten und die Verbrauchereigenschaft der entsprechenden Organmitglieder zu bejahen ist.