Dr. Stephan Pauly, Michael Pauly
Rz. 62
Die Trennung zwischen dem körperschaftlichen Bestellungsverhältnis und dem schuldrechtlichen Anstellungsverhältnis führt – wie gesagt – dazu, dass die Beendigung des einen Verhältnisses nicht notwendigerweise die Beendigung des anderen zur Folge hat.
Rz. 63
Es ist aber möglich, beide Rechtsverhältnisse miteinander zu verknüpfen. Hierbei kann die organschaftliche Bestellung durch den wirksamen Abschluss eines Anstellungsvertrags gem. § 158 Abs. 1 BGB aufschiebend bedingt vorgenommen werden. Ebenso kann die erforderliche Zustimmung des Vorstands/Geschäftsführers zu seiner Bestellung unter der aufschiebenden Bedingung eines wirksam geschlossenen Anstellungsvertrags erfolgen. Sowohl bei der AG als auch bei der GmbH soll es möglich sein, Widerruf der Organbestellung und Beendigung des Dienstvertrags zu koppeln, zwischen beiden einen Gleichlauf herzustellen mit der Folge, dass mit dem Ende der Bestellung zum Mitglied des Vorstands bzw. zum Mitglied der Geschäftsführung der Dienstvertrag endet. Dies soll grundsätzlich nach Entscheidungen des BGH auch in den Fällen gelten, in denen wegen eines zu starken Überrumpelungseffekts und wegen eines möglichen Verstoßes gegen § 622 Abs. 6 BGB die Wirksamkeit der Koppelungsklausel in Frage gestellt wurde. Eine entsprechende Klausel könnte etwa wie folgt lauten.
Rz. 64
Formulierungsbeispiel
Dieser Vertrag wird mindestens für (…) Jahre, längstens jedoch für die Zeit abgeschlossen, während der der Vorstand/Geschäftsführer als Organ der Gesellschaft bestellt ist. Der Vertrag endet also, sobald die Bestellung als Organ endet, sei es durch Zeitablauf, durch einen Widerruf der Bestellung oder in sonstiger Weise. Beide Seiten sind unter Berücksichtigung gesetzlicher Vorgaben im Übrigen berechtigt, den Vertrag unter Anwendung der Frist des § 622 BGB zu kündigen.
Rz. 65
Ist eine entsprechende Koppelung (wirksam) vereinbart, endet das Anstellungsverhältnis mit Beendigung der Organstellung; des Ausspruchs einer gesonderten Kündigung bedarf es dann nicht. Auch bei Koppelungsklauseln führt der Widerruf der Bestellung allerdings nur dann zur sofortigen Beendigung des Anstellungsvertrags, wenn insoweit ein wichtiger Grund i.S.d. § 626 BGB vorliegt. Ansonsten gelten entweder die vertraglich vereinbarten Fristen oder es sind die Fristen des § 622 BGB heranzuziehen. Eine Koppelungsklausel, die eine sofortige Beendigung des Anstellungsvertrags mit Zugang der Bekanntgabe des Abberufungsbeschlusses vorsieht, ist unwirksam und kann, sofern es sich um eine AGB handelt, auch nicht geltungserhaltend dahingehend ausgelegt werden, dass die Beendigung des Anstellungsvertrags nach dem Ablauf der Kündigungsfrist des § 622 BGB eintritt.
Eine Besonderheit ergibt sich beim Widerruf der Bestellung in den Fällen des § 84 Abs. 3 AktG und § 38 Abs. 3 GmbHG. Eine wirksam vereinbarte Koppelungsklausel führt zur Beendigung des Anstellungsvertrags. Aus Sinn und Zweck der Vorschriften ergibt sich aber die Pflicht des Aufsichtsrats zum Angebot eines überwiegend inhaltsgleichen Dienstvertrags an das Vorstandsmitglied nach dem Ende der Mandatspause.
Rz. 66
Ob allerdings derartige Koppelungsklauseln nach wie vor rechtswirksam vereinbart werden können, ist sehr zweifelhaft. Zum einen wird mit guten Gründen darauf hingewiesen, dass derartige Klauseln im Einzelfall gegen § 622 Abs. 6 BGB verstoßen können. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Koppelungsklausel dazu führt, dass die Kündigungsfrist für das Organmitglied länger ist als die Kündigungsfrist für die Gesellschaft. In einer solchen Fallgestaltung wäre die Koppelungsklausel dann unwirksam. Nach wohl mittlerweile herrschender Auffassung ist die Regelung in § 622 Abs. 6 BGB, die im Wortlaut nur von Arbeitsverhältnissen spricht, jedenfalls (analog) auch auf (Fremd-)Geschäftsführer und (Fremd-)Vorstände von GmbH/AG anzuwenden.
Rz. 67
Weitere Gründe, die es ratsam erscheinen lassen, gut über die Verwendung derartiger Koppelungsklauseln nachzudenken, ergeben sich aus den Regelungen der § 305 ff. BGB. Insoweit wird in der Literatur nachdrücklich darauf hingewiesen, dass das Trennungsprinzip (vgl. § 84 Abs. 3 S. 5 AktG/§ 38 Abs. 1 GmbHG) gesetzgeberische Leitbildfunktion i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB zukomme. Daher seien dem widersprechende Koppelungsklauseln unwirksam. Zweifel an der Wirksamkeit von Koppelungsklauseln werden zudem im Hinblick auf einen möglichen Verstoß gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB und einer Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB geäußert.
Rz. 68
In Anbetracht dieser Rechtsauffassung, der angesichts der aktuellen Rechtsprechung und Gesetzeslage ein nachhaltiges Maß an Plausibilität nicht abgesprochen werden kann, ist es dringend zu raten, im Zweifel von entsprechenden Koppelungsklauseln Abstand zu nehmen. Die Berater und anwaltlichen Vertreter der (Fremd-)Geschäftsführer/(Fremd-)Vorstände waren ja auch in der Vergangenheit schon gut beraten, ihren Mandanten anzuempfehlen, derartige...