a) Abgrenzung von Risikoausschluss und Obliegenheit
Rz. 190
Hat der Anspruchsberechtigte den Tod der versicherten Person gemeldet, stellt sich für den Versicherer die Frage, ob die weiteren Bedingungen für den Eintritt des Versicherungsfalls erfüllt sind bzw. ein Risiko eingetreten ist, für das der Versicherungsschutz ausgeschlossen wurde. Abzugrenzen ist ein solcher Risikoausschluss von den Obliegenheiten, wobei es nach der Rechtsprechung nicht nur auf den Wortlaut und die Stellung einer Klausel innerhalb der Bedingungen ankommt. Maßgebend ist, ob die Klausel eine individualisierende Beschreibung eines bestimmten Wagnisses enthält, für das der Versicherer Versicherungsschutz gewähren will, oder ob sie in erster Linie ein bestimmtes Verhalten des Versicherungsnehmers fordert, von dem es abhängt, ob er einen zugesagten Versicherungsschutz behält oder verliert. Werde von vornherein nur ausschnittsweise Deckung gewährt und nicht ein gegebener Versicherungsschutz wegen nachlässigen Verhaltens wieder entzogen, so handle es sich um eine Risikobegrenzung. In der Lebensversicherung kommen Risikoausschlüsse vor allem für den Todesfall in Betracht (hinsichtlich möglicher Zusatzversicherungen für Unfalltod, Erwerbs-/Berufsunfähigkeit etc. wird auf die entsprechenden Kapitel in diesem Buch verwiesen).
Rz. 191
Risikoausschlussklauseln sind grundsätzlich eng auszulegen. Sie dürfen nicht weiter ausgedehnt werden, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert.
Rz. 192
In § 161 VVG (Selbsttötung) und § 162 VVG (Tötung durch den Leistungsberechtigten) sind gesetzliche Fälle der Leistungsfreiheit des Lebensversicherers geregelt; es handelt sich um objektive Risikoausschlüsse. Diese werden teilweise in den Versicherungsbedingungen zugunsten des Versicherungsnehmers bzw. Anspruchsberechtigten modifiziert.
Rz. 193
Der Versicherungsschutz ist in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen regelmäßig über die gesetzlichen Fälle hinaus in folgenden Fällen ausgeschlossen.
b) Kriegsklausel
Rz. 194
Nach der sog. Kriegsklausel (§ 4 Musterbedingungen des GDV für die Rentenversicherung mit aufgeschobener Rentenzahlung, Stand: 28.4.2021) beschränkt sich die Todesfallleistung bei Tod der versicherten Person im unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit kriegerischen Ereignissen auf die Auszahlung des für den Todestag berechneten Rückkaufswertes der Versicherung.
Rz. 195
Diese Einschränkung entfällt, wenn die versicherte Person in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang mit kriegerischen Ereignissen stirbt, denen sie während eines Aufenthaltes außerhalb der Bundesrepublik Deutschland ausgesetzt und an denen sie nicht aktiv beteiligt war. Der Grund für die Ausschlüsse von Krieg und kriegerischen Ereignissen wird in der unkalkulierbaren Risikokumulation gesehen, die eine Beherrschung mit den hergebrachten versicherungsmathematischen Methoden unmöglich macht und einen Ausschluss der nicht eingeplanten Risiken aus den Verbindlichkeiten des Versicherers erfordert, wenn die Verträge im Übrigen erfüllbar bleiben sollen.
Rz. 196
Eine für einen Krieg erforderliche typische Gefahrerhöhung wurde bislang angenommen bei Bestehen eines tatsächlichen kriegsmäßigen Gewaltzustands. Unter dem Begriff kriegerische Ereignisse wurden demzufolge Kriegsereignisse jeder Art verstanden. Hierzu sollen neben dem Krieg i.S.d. Völkerrechts, d.h. dem mit Waffengewalt geführten Kampf zweier oder mehrerer Staaten, auch dem Krieg ähnliche Gewaltzustände wie Bürgerkrieg, revolutionäre Erhebungen oder andere gegen die Staatsgewalt gerichtete Aufstände sowie feindselige Handlungen zwischen verschiedenen Staaten ohne bewaffnete Auseinandersetzung gehören.
Rz. 197
Die erforderliche Kausalität liegt vor, wenn die versicherte Person in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang mit kriegerischen Ereignissen stirbt. Dies wird man dahingehend verstehen können, dass die Kriegsklausel dann eingreift, wenn für den Tod ein (auch nur mittelbar) kausales Ereignis vorliegt, das – so wie es sich vollzogen hat – ohne den Krieg nicht eingetreten wäre. Dies brauchen nicht eigentliche Kampfhandlungen zu sein. Ausreichend ist vielmehr, dass sich durch den Krieg das Risiko des Todes für die versicherte Person erhöht hat. Unanwendbar ist die Kriegsklausel im Umkehrschluss in denjenigen Fällen, in denen der Krieg ein lediglich zufälliges Moment bei Eintritt des Versicherungsfalls darstellt.
Rz. 198
Von einer aktiv...