a) Allgemeines
Rz. 535
Da ein Bezugsrecht einseitig durch Erklärung des Versicherungsnehmers bzw. des Berechtigten gegenüber dem Versicherer zustande kommt, kommt es für die Bestimmung des Inhalts auf die Auslegung der entsprechenden Erklärung gem. §§ 133, 157 BGB an. Die Person des Bezugsberechtigten und der Inhalt des Bezugsrechts sind anhand der Erforschung des wirklichen Willens des Versicherungsnehmers unter Berücksichtigung aller zum Zeitpunkt der Festlegung des Bezugsrechts vorhandener Umstände zu ermitteln. Entscheidend ist der bei Festschreibung des Bezugsberechtigten vorhandene und dem Versicherer gegenüber auch zum Ausdruck gekommene Wille des Versicherungsnehmers. Im Interesse des Versicherers kommt es wesentlich auf den Wortlaut der Bezugsrechtsbenennung und darauf an, wie die Erklärung aus dessen Sicht zu verstehen ist. Etwaige nachträgliche Überlegungen und Absichtserklärungen des verstorbenen Versicherungsnehmers haben keine Bedeutung, sofern sie dem Versicherer nicht entsprechend den Regeln über die Einräumung des Bezugsrechts mitgeteilt worden sind. Aus der Mitteilung muss hinreichend deutlich erkennbar sein, dass und wie das Bezugsrecht geändert werden soll.
Rz. 536
Hieraus folgt, dass die Erklärung über die Einräumung, Änderung oder den Widerruf eines Bezugsrechts klar und eindeutig sein sollte. Zur Vermeidung von Auslegungsschwierigkeiten im Rahmen der Regulierung empfiehlt sich in Zweifelsfällen eine Rückfrage des Versicherers. Notfalls wird der Versicherer die Versicherungsleistung gerichtlich hinterlegen.
b) Einzelfälle
Rz. 537
Auslegungsschwierigkeiten entstehen vor allem, wenn die Erklärung nicht durch Nennung des vollständigen Namens und des Geburtsdatums, sondern abstrakt erfolgt. Derartige Formulierungen geben häufig nur unvollständig den Willen des Versicherungsnehmers wieder. Bei der Beratung des Versicherungsnehmers über das Bezugsrecht ist zu prüfen, ob sich sein Inhalt mit dem Willen des Versicherungsnehmers deckt; notfalls sind sie zu ergänzen. Es empfiehlt sich, auch mögliche zukünftige Änderungen der familiären oder beruflichen Situation zu berücksichtigen. Ein Beispiel hierfür ist etwa die Einbeziehung eventueller nichtehelicher Kinder. Für häufig verwendete abstrakte Begriffe können aus der Rechtsprechung Anhaltspunkte für deren Inhalt entnommen werden.
aa) Gesetzliche oder testamentarische Erben
Rz. 538
Bezeichnet der Versicherungsnehmer die Erben als "bezugsberechtigt", erwerben die bezeichneten Personen die Versicherungsleistung nicht als Teil des Nachlasses, sondern als Bezugsberechtigte, die ihr Recht dann im Zweifel auch unabhängig von einer Erbausschlagung behalten sollen.
Rz. 539
Mit der Formulierung "gesetzliche Erben" oder "gesetzl. Erbfolge" ist bezugsberechtigt, wer nach der gesetzlichen Erbfolge, also ohne Testament, Erbe geworden wäre. Ein nichteheliches Kind gehört zu den gesetzlichen Erben – § 1924 Abs. 1 BGB.
Rz. 540
Auch durch den Begriff "Erben laut Testament" wird lediglich die Person des Bezugsberechtigten bezeichnet. Nicht dagegen wird mit dieser Bezeichnung die Bezugsberechtigung an die Erbeinsetzung geknüpft. Die Leistung fällt – wie in allen anderen Fällen – nicht in den Nachlass.
bb) Ehegatte
Rz. 541
Die Benennung der "Ehefrau" als Bezugsberechtigte ist grundsätzlich aus der Sicht des Versicherers derart zu verstehen, dass ein Bezugsrecht für die bei Abschluss des Versicherungsvertrages mit dem Versicherungsnehmer verheiratete Ehefrau begründet und auch nicht durch die Scheidung der Ehe auflösend bedingt ist. Das Gleiche gilt bei Einräumung eines Bezugsrechts an den "verwitweten Ehegatten". Es kommt nicht darauf an, ob zusätzlich der Name der früheren Ehefrau angegeben war oder nicht. Keine Rolle spielt auch, ob der Versicherungsnehmer nach der Scheidung wieder geheiratet hat oder zurzeit des Eintritts des Versicherungsfal...