Rz. 247
Überschüsse entstehen regelmäßig, weil Versicherungsunternehmen verpflichtet sind, ihre Prämien in der Lebensversicherung gem. § 138 Abs. 1 VAG so zu kalkulieren, dass sie allen ihren Verpflichtungen nachkommen können. Dies bedeutet, dass die Prämien so vorsichtig kalkuliert sein müssen, dass trotz der häufig sehr langen Laufzeit von Lebensversicherungsverträgen sichergestellt ist, dass die Prämien zu jedem Zeitpunkt der Versicherungsdauer ausreichend hoch sind, um die vertraglich garantierten Leistungen erbringen zu können. Die Rechnungsgrundlagen des Versicherers enthalten daher im Hinblick auf die Entwicklung der Kapitalerträge, der Sterblichkeit und der Kosten erhebliche Sicherheitszuschläge. Aus Bilanzsicht hat dies zur Folge, dass die Deckungsrückstellung als Schuldposten im Jahresabschluss eines Versicherers, die auf der Passivseite der Bilanz die Summe der Verpflichtungen des Versicherers aus den Versicherungsverträgen bezeichnet, am Ende eines Bilanzjahres planmäßig niedriger ist als die für die Deckungsrückstellung vorgesehenen Mittel auf der Aktivseite der Bilanz. Der damit entstehende (Roh-)Überschuss wird im Jahresabschluss festgestellt und nach den Ergebnisquellen zerlegt. Dabei sieht die Verordnung über die Mindestbeitragsrückerstattung in der Lebensversicherung (Mindestzuführungsverordnung, MindZV) eine nach Ergebnisquellen unterschiedliche Mindesthöhe für die Beteiligung der Versicherungsnehmer am Rohüberschuss vor. Nach §§ 6–8 MindZV hat der Versicherer die Versicherungsnehmer im Grundsatz zu mindestens 90 % an den Kapitalerträgen, zu mindestens 90 % am Risikoergebnis und zu mindestens 50 % am übrigen Ergebnis zu beteiligen. Eine Beteiligung der Versicherungsnehmer ist ausschließlich an positiven Ergebnissen vorgesehen; eine Beteiligung an negativen Ergebnisquellen erfolgt demgegenüber nicht.
Rz. 248
Mit der Regelung des § 153 VVG hat der Gesetzgeber den Anspruch des Versicherungsnehmers auf Überschussbeteiligung erstmalig gesetzlich geregelt. Die gesetzliche Regelung zur Überschussbeteiligung gilt seit dem 1.1.2008 auch für Altverträge, soweit eine Überschussbeteiligung zu dem Altvertrag vereinbart worden ist (Art. 4 Abs. 1 EGVVG). Verträge, die keine Überschussbeteiligung vorsahen, werden demgemäß durch die gesetzliche Neuregelung nicht zu überschussberechtigten Verträgen. Für Altverträge, die vor dem 1.1.2008 beendet wurden, gilt hingegen weiterhin das bisherige Recht. Soweit zu einem Altvertrag eine Überschussbeteiligung vereinbart war, gelten die vertraglich vereinbarten Verteilungsgrundsätze als angemessen i.S.d. § 153 Abs. 2 Hs. 2 VVG (Art. 4 Abs. 1 Hs. 2 EGVVG). Auf Versicherungsverträge bei regulierten Pensionskassen finden die gesetzlichen Bestimmungen zur Überschussbeteiligung keine Anwendung (§ 211 Abs. 2 VVG).
Rz. 249
Zusätzlich hat der Gesetzgeber den Anspruch des Versicherungsnehmers auf Überschussbeteiligung um einen Anspruch auf Beteiligung des Versicherungsnehmers an den Bewertungsreserven erweitert (§ 153 Abs. 1 S. 1 VVG).
Rz. 250
Hinsichtlich der Regelungen zur Überschussbeteiligung ist im Hinblick auf die Rechtslage vor dem 1.1.2008 in zeitlicher Hinsicht zunächst zwischen Lebensversicherungsverträgen zu unterscheiden, die vor und nach Inkrafttreten des Dritten Durchführungsgesetzes/EWG zum VAG abgeschlossen worden sind.