Rz. 166
Die Vorschrift des § 163 Abs. 1 VVG sieht in bestimmten Fällen die Möglichkeit einer Prämienanpassung durch den Versicherer vor. Eine Prämienanpassung durch den Versicherer setzt voraus, dass sich der Leistungsbedarf nicht nur vorübergehend und nicht voraussehbar gegenüber den Rechnungsgrundlagen der vereinbarten Prämie geändert hat und, dass die nach den berichtigten Rechnungsgrundlagen neu festgesetzte Prämie angemessen und erforderlich ist, um die dauernde Erfüllbarkeit der Versicherungsleistung zu gewährleisten. Schließlich muss ein unabhängiger Treuhänder die Voraussetzungen für die Änderung überprüft und bestätigt haben. Das Recht zur Prämienanpassung ist gem. § 163 Abs. 1 S. 2 VVG ausgeschlossen, wenn die Versicherungsleistungen bereits zum Zeitpunkt der Erst- oder Neukalkulation unzureichend kalkuliert waren und ein ordentlicher und gewissenhafter Aktuar dies insbesondere anhand der zu diesem Zeitpunkt verfügbaren statistischen Kalkulationsgrundlagen hätte erkennen müssen. Die Mitwirkung des Treuhänders entfällt gem. § 163 Abs. 4 VVG, wenn die genannten Änderungen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedürfen. Ein Kündigungsrecht nach § 19 Abs. 6 VVG steht dem Versicherungsnehmer bei einer Prämienanpassung nach § 163 Abs. 1 VVG nicht zu, da diese Vorschrift sich lediglich auf die Vertragsänderung gem. § 19 Abs. 4 S. 2 VVG bezieht.
Rz. 167
Macht der Versicherer von seinem Recht zur Prämienanpassung Gebrauch, kann der Versicherungsnehmer gem. § 163 Abs. 2 S. 1 VVG verlangen, dass anstelle der Erhöhung der Prämie die Versicherungsleistung entsprechend herabgesetzt wird. Mit dieser Regelung wird dem Interesse derjenigen Versicherungsnehmer entsprochen, die bei einer Erhöhung der Prämie ihren Lebensversicherungsvertrag nicht weiterführen könnten.
Rz. 168
Da bei einer prämienfreien Versicherung eine Anpassung der Prämie an den geänderten Leistungsbedarf nicht möglich ist, räumt § 163 Abs. 2 S. 2 VVG dem Versicherer bei prämienfreien Versicherungen das Recht ein, unter den Voraussetzungen des § 163 Abs. 1 VVG eine Herabsetzung der Versicherungsleistung vorzunehmen. Da auch bei Versicherungen gegen Einmalbeitrag eine Anpassung der Prämie an den geänderten Leistungsbedarf nicht möglich ist, gilt § 163 Abs. 2 S. 2 VVG bei Versicherungen gegen Einmalbeitrag analog. Ebenso berechtigt § 163 Abs. 2 S. 2 VVG nach hier vertretener Auffassung den Versicherer zur Anpassung des Rentenfaktors bei einer fondsgebundenen Rentenversicherung, sofern die Voraussetzungen des § 163 Abs. 1 VVG vorliegen. Nach hier vertretener Ansicht ist § 163 Abs. 2 S. 2 VVG darüber hinaus auch im Rentenbezug anwendbar. § 163 VVG bezweckt die Wiederherstellung des Äquivalenzverhältnisses zwischen der vereinbarten Versicherungsleistung und dem dafür vorgesehenen Prämienanteil bei einer nicht nur vorübergehenden und nicht vorhersehbaren Erhöhung des Leistungsbedarfs. Zu einer solchen Erhöhung des Leistungsbedarfs kann es auch im Rentenbezug kommen, so dass in diesem Fall eine analoge Anwendung von § 163 Abs. 2 S. 2 VVG interessengerecht erscheint mit dem Ergebnis, dass der Versicherer zu einer Reduzierung der garantierten Renten berechtigt wäre, wenn andernfalls die dauernde Erfüllbarkeit der Versicherungsleistung nicht gewährleistet wäre.
Rz. 169
Wirksam wird die Prämien-/Leistungsänderung gem. § 163 Abs. 3 VVG zu Beginn des zweiten Monats, der auf die Mitteilung der Neufestsetzung oder Herabsetzung erfolgt. Die Änderung der Prämie/Leistung ist durch den Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer zu begründen.
Rz. 170
Prämien- und Leistungsanpassungen unterliegen uneingeschränkt der Kontrolle durch die Zivilgerichte. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Prämien- bzw. Leistungsanpassung trägt der Versicherer, die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 163 Abs. 1 S. 2 VVG trifft den Versicherungsnehmer.
Rz. 171
Weiterhin steht dem Versicherer auch in der Lebensversicherung ein Recht zur Vertragsanpassung bei Verletzung der Anzeigepflicht durch den Versicherungsnehmer gem. § 19 Abs. 4 VVG zu (siehe Rdn 447).
Rz. 172
Eine Sonderregelung für die Lebensversicherung enthält § 157 VVG für den Fall, dass das Alter der versicherten Person unrichtig angegeben wurde. § 157 VVG erfasst sowohl Fälle, in denen das Alter der versicherten Person zu niedrig angegeben wurde, als auch solche, bei denen das Alter zu hoch angegeben wurde. In den Fällen einer unrichtigen Altersangabe ändert sich grundsätzlich die Leistung des Versicherers nach dem Verhältnis, in welchem die dem wirklichen Alter entsprechende Prämie zu der vereinbarten Prämie steht. Die zutreffende Leistung ist den technischen Unterlagen zu entnehmen. Maßgeblich ist der bei Abschluss der Lebensversicherung geltende Tarif. Auf ein Verschulden des Versicherungsnehmers kommt es nicht an. Da die Leistungsänderung kraft Gesetzes eintritt, bedarf es keiner vorherigen Erklärung des Versicherer...