Rz. 331
Nach § 168 Abs. 1 VVG kann der Versicherungsnehmer den Lebensversicherungsvertrag jederzeit für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode kündigen, wenn es sich um einen Vertrag gegen laufende Prämienzahlung handelt. Ist eine Kapitalversicherung für den Todesfall in der Art genommen, dass der Eintritt der Verpflichtung des Versicherers zur Zahlung des vereinbarten Kapitals gewiss ist, so steht das Recht zur Kündigung dem Versicherungsnehmer auch dann zu, wenn eine Einmalprämie vereinbart ist (§ 168 Abs. 2 VVG).
Rz. 332
Nach § 168 Abs. 3 VVG finden die Absätze 1 und 2 des § 168 VVG keine Anwendung auf Basisrentenversicherungen, bei denen die Verwertung der Ansprüche nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 b EStG ausgeschlossen wurde sowie bei Vereinbarung des Ausschlusses einer Verwertung, um den Pfändungsschutz nach § 851c ZPO oder § 851d ZPO herbeizuführen.
Rz. 333
Gemäß § 167 VVG hat der Versicherungsnehmer jederzeit die Möglichkeit, seine Lebensversicherung in einen pfändungsgeschützten Vertrag umzuwandeln, der den Anforderungen des § 851c Abs. 1 ZPO entspricht. Soweit dies der Fall ist, soll der Schutz des Versicherungsnehmers vor einer Bindung an überlange Verträge nicht gelten, da die langfristige Bindung zwingende Voraussetzung für die Gewährung des Pfändungsschutzes ist.
Rz. 334
Da gem. § 168 Abs. 3 Nr. 2 VVG das Kündigungsrecht des Versicherungsnehmers nur insoweit ausgeschlossen ist, soweit die Vertragsparteien eine Verwertung unwiderruflich ausgeschlossen haben, um den Pfändungsschutz nach § 851c ZPO herbeizuführen, besteht ein Teilkündigungsrecht des Versicherungsnehmers für den Lebensversicherungsvertrag, soweit das Deckungskapital über die Pfändungsfreigrenzen nach § 851c Abs. 2 ZPO hinausgeht und soweit der Versicherungsvertrag die Möglichkeit zur Teilkündigung vorsieht.
Rz. 335
Beachte
Auch bei steuerlich geförderten Basisrentenverträgen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 b EStG besteht ein ordentliches Kündigungsrecht des Versicherungsnehmers. Bei Basisrentenverträgen ist jedoch in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen geregelt, dass die Kündigung nicht zur Auszahlung des Rückkaufswertes, sondern nur zur Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung führt. Eine solche Klausel verstößt weder gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB), noch weicht eine solche Klausel vom gesetzlichen Leitbild des § 168 Abs. 3 VVG ab (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).
Rz. 336
Unberührt von dem Ausschluss der ordentlichen Kündigung bleibt in engen Grenzen die für die Lebensversicherung bestehende Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung wegen Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 3 BGB oder aus wichtigem Grund nach § 314 BGB oder ausnahmsweise wegen Unzumutbarkeit. Unberührt von dem Ausschluss der ordentlichen Kündigung bleibt darüber hinaus die Möglichkeit zur Beitragsfreistellung der Versicherung nach § 165 Abs. 1 VVG, sofern die Voraussetzungen des § 165 Abs. 1 VVG erfüllt sind, also insbesondere die dafür vereinbarte Mindestversicherungsleistung erreicht wird.
Rz. 337
Die Kündigung ist weitergehend in § 12 der Musterbedingungen des GDV für die Rentenversicherung mit aufgeschobener Rentenzahlung geregelt. Nach § 12 Abs. 1 S. 3 der Musterbedingungen des GDV für die Rentenversicherung mit aufgeschobener Rentenzahlung ist eine teilweise Kündigung der Versicherung möglich, wenn die verbleibende Rente nicht unter einen bestimmten vom Versicherer in seinen Versicherungsbedingungen konkret zu nennenden Mindestbetrag sinkt.
Rz. 338
Die Berechtigung zur Kündigung liegt grundsätzlich beim Versicherungsnehmer, da ihm als Vertragspartner des Versicherers die Gestaltungsrechte zu der Versicherung zustehen. Dies gilt auch, wenn er zuvor einem Dritten ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt hat. Besteht ein widerrufliches Bezugsrecht für einen anderen, ist durch Auslegung der Erklärung im Einzelfall zu ermitteln, ob zugleich der Widerruf des Bezugsrechts erklärt worden ist. Ein Erfahrungssatz, dass die Kündigung des Versicherungsvertrages stets zugleich auch den Widerruf des Bezugsrechts enthält, existiert nicht. Besteht eine Verpfändung der Rechte und Ansprüche aus der Lebensversicherung, ist zur Kündigung des Versicherungsnehmers die Zustimmung des Pfandgläubigers erforderlich (§ 1276 BGB). Der Pfandrechtsinhaber ist nur bei Eintritt der Pfandreife einziehungsberechtigt (§ 1282 BGB). Im Rahmen der Abtretung wird regelmäßig das Kündigungsrecht als unselbstständiges Nebenrecht auf den Zessionar mit übertragen. Bei Pfändung und Überweisung wird das Kündigungsrecht regelmäßig durch den Vollstreckungsgläubiger mitgepfändet. Das Kündigungsrecht des Versicherungsnehmers selbst ist als unselbstständiges Nebenrecht nicht selbstständig abtretbar oder pfändbar.
Rz. 339
Beachte
Die Kündigung eines Lebensversicherungsvertrags durch den Betreuer des Versicherungsnehmers bedarf als Verfügung über den Lebensversicherungsvertrag der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn de...