Rz. 541
Die Benennung der "Ehefrau" als Bezugsberechtigte ist grundsätzlich aus der Sicht des Versicherers derart zu verstehen, dass ein Bezugsrecht für die bei Abschluss des Versicherungsvertrages mit dem Versicherungsnehmer verheiratete Ehefrau begründet und auch nicht durch die Scheidung der Ehe auflösend bedingt ist. Das Gleiche gilt bei Einräumung eines Bezugsrechts an den "verwitweten Ehegatten". Es kommt nicht darauf an, ob zusätzlich der Name der früheren Ehefrau angegeben war oder nicht. Keine Rolle spielt auch, ob der Versicherungsnehmer nach der Scheidung wieder geheiratet hat oder zurzeit des Eintritts des Versicherungsfalls keine gültige Ehe bestand. Die Vorschrift des § 2077 BGB ist nicht analog anwendbar. Das Bezugsrecht aus der Lebensversicherung hängt allein von den dafür im Versicherungsvertrag genannten Bedingungen ab.
Rz. 542
Beachte
Mit dem Scheitern der Ehe kann die Geschäftsgrundlage für das Valutaverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und seiner ersten Ehefrau und damit der Grund für das Behaltendürfen der Versicherungsleistung wegfallen. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn es sich bei der Bezugsrechtseinräumung um eine sog. ehebezogene Zuwendung handelte und der Fortbestand der Ehe dafür die Geschäftsgrundlage war. Gleiches gilt bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften, wenn der Fortbestand der Lebensgemeinschaft Geschäftsgrundlage für die Zuwendung war. Die Störung der Geschäftsgrundlage führt gem. § 313 BGB unter Umständen zu einem Anspruch der Erben gegen den früheren Ehepartner bzw. Lebensgefährten auf Auskehrung der vom Versicherer an ihn gezahlten Versicherungssumme gem. §§ 812 ff. BGB. Eine Störung der Geschäftsgrundlage liegt nicht vor, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass die Lebensversicherung der Absicherung des geschiedenen Ehegatten diente. Die Geschäftsgrundlage für das Bezugsrecht besteht nach der Rechtsprechung beispielsweise fort bei Vorhandensein von Kindern, dem Erfordernis einer Kreditabsicherung, der weiter bestehenden Zahlungsverpflichtung auf den Kredit und der Schmälerung des Unterhaltsanspruchs wegen dieser Rückzahlungsverpflichtung. Die Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage sind nach Ansicht des OLG Hamm in der Regel nicht anwendbar, wenn das Bezugsrecht aus der Lebensversicherung nach Scheidung der Ehe über längere Zeit nicht widerrufen worden ist.
Rz. 543
Etwas anderes soll nach der Rechtsprechung gelten, wenn die nicht namentlich bezeichnete erste Ehefrau des Versicherungsnehmers verstorben ist und der Versicherungsnehmer ohne Änderung der Bezugsrechtsregelung wieder geheiratet hat. In diesem Fall ist die durch den Versicherungsnehmer – zu Lebzeiten der ersten Ehefrau – getroffene Bezugsrechtsregelung "Ehefrau" bzw. "Ehegatte" in dem Sinne auszulegen, dass die zum Zeitpunkt des Todes der versicherten Person mit dem Versicherungsnehmer verheiratete Ehefrau gemeint sein soll.
Rz. 544
Eine unwiderrufliche Bezugsberechtigung auf den "Ehegatten im Zeitpunkt des Todes" bewirkt den Übergang der Rechte aus der Versicherung auf den Bezugsberechtigten ab dem Zeitpunkt der Eheschließung mit dem Versicherungsnehmer, auflösend bedingt durch die Scheidung der Ehe.
Rz. 545
Im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung soll die Ehefrau bezugsberechtigt sein, die zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalls mit dem Arbeitnehmer, als der versicherten Person, verheiratet war. Dies folgt daraus, dass hier auf den Willen des Arbeitgebers als dem Versicherungsnehmer abzustellen ist und dieser aufgrund des Zwecks der Alters- und Hinterbliebenenversorgung regelmäßig die Situation bei Eintritt des Versicherungsfalls im Sinn hat. Etwas anderes soll dann gelten, wenn die Versicherung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber auf den Arbeitnehmer als neuen Versicherungsnehmer übertragen wurde. Räumt der Arbeitnehmer als neuer Versicherungsnehmer ein Bezugsrecht zugunsten der "Ehefrau" oder zugunsten des "verwitweten Ehegatten" ein, wurde damit ein Bezugsrecht für die bei Abschluss des Versicherungsvertrages mit dem Versicherungsnehmer verheiratete Ehefrau begründet.
Rz. 546
In der Praxis kann sich je nach Willen des Versicherungsnehmers aufgrund der Rechtsprechung eine Formulierung empfehlen, wonach bezugsberechtigt sein soll die "Ehefrau, die mit der versicherten Person zum Eintritt des Versicherungsfalls in gültiger Ehe verheiratet ist".