I. Einführung

 

Rz. 45

Für das Zustandekommen eines Lebensversicherungsvertrages gelten die allgemeinen zivilrechtlichen Bestimmungen in §§ 145 ff. BGB, d.h. der Lebensversicherungsvertrag kommt durch einen Antrag und dessen Annahme zustande.

 

Rz. 46

Weiterhin ist das wirksame Zustandekommen des Lebensversicherungsvertrages davon abhängig, dass – soweit der Lebensversicherungsvertrag für den Fall des Todes eines anderen abgeschlossen wird und soweit die vereinbarte Leistung die gewöhnlichen Beerdigungskosten übersteigt – die versicherte Person in den Vertragsschluss schriftlich eingewilligt hat (§ 150 Abs. 2 VVG).

 

Rz. 47

 

Beachte

Die Beweislast für eine den schriftlichen Antrag ergänzende mündliche Willenserklärung auf Erweiterung des Versicherungsschutzes trägt nach der im Versicherungsrecht wie im übrigen Zivilrecht maßgeblichen Grundregel, wonach jede Partei die tatsächlichen Voraussetzungen des ihr günstigen Rechtssatzes zu beweisen hat, der Versicherungsnehmer. Dies ist in § 69 Abs. 3 S. 1 VVG ausdrücklich klargestellt. Sowohl der schriftliche Antrag als auch die mündliche Ergänzung desselben haben anspruchsbegründende Wirkung. Die Grundsätze der sog. Auge-und-Ohr-Rechtsprechung, wonach die Kenntnis des Versicherungsvertreters unter bestimmten Umständen dem Versicherer zuzurechnen ist, haben mit der Beweislast nichts zu tun und führen auch nicht zu einer Verschiebung der Beweislast für mündliche Angaben des Versicherungsnehmers, wenn ein Versicherungsvertreter den Antrag ausgefüllt hat.[26]

 

Rz. 48

Der Versicherungsvertrag kann, anders als nach den Vorschriften des BGB, gem. § 5 VVG (sog. Billigungsklausel) durch Erklärung des Versicherers mit einem vom Antrag abweichenden Inhalt zustande kommen.

 

Rz. 49

Schließlich kann auch bei Abschluss eines Lebensversicherungsvertrages vorläufiger Versicherungsschutz vereinbart oder eine sog. Rückwärtsversicherung abgeschlossen werden.

[26] BGH v. 3.7.2002 – IV ZR 145/01, VersR 2002, 1089, 1091 = NVersZ 2002, 452, 454.

II. Beratungs- und Dokumentationspflicht

 

Rz. 50

Im Zusammenhang mit dem Zustandekommen des Versicherungsvertrages regelt das VVG in §§ 6, 7 Beratungs- und Informationspflichten des Versicherers und in §§ 60 – 62 Beratungs- und Informationspflichten des Versicherungsvermittlers. Der Umfang dieser Beratungs- und Informationspflicht richtet sich unter anderem nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen. Für Lebensversicherungen dürfte insofern zu differenzieren sein: Eine einfache Risikoversicherung zur Absicherung des Todesfallrisikos dürfte regelmäßig in wenigen Sätzen zu erklären sein. Umfangreiche Beratungspflichten dürften hingegen insbesondere bei fondsgebundenen und hybriden Lebensversicherungen bestehen. Insofern bleibt zunächst festzuhalten, dass eine fondsgebundene Lebensversicherung nicht generell zur Altersvorsorge ungeeignet ist.[27] Die Empfehlung einer fondsgebundenen Lebensversicherung zur Altersvorsorge stellt somit nicht per se eine Falschberatung dar. Entscheidend ist vielmehr, ob die fondsgebundene Rentenversicherung zur Erreichung des individuellen Anlageziels des konkreten Versicherungsnehmers geeignet ist. Vor der Empfehlung zum Abschluss einer Riesterrente muss der Versicherer abklären, ob der Kunde zulageberechtigt gem. § 10a Abs. 1 EStG ist. Im Übrigen gelten für Lebensversicherungen bezogen auf die Beratungs- und Informationspflichten nach §§ 6, 7 VVG und §§ 6062 VVG im Grundsatz keine Besonderheiten. Es wird insofern auf die allgemeinen Ausführungen in § 1 dieses Buches (siehe § 1 Rdn 49 ff. und 255) verwiesen.

 

Rz. 51

Nach der Rechtsprechung des BGH[28] kann eine fondsgebundene Lebensversicherung unter bestimmten Voraussetzungen als Anlageprodukt einzuordnen sein mit der Folge, dass für die fondsgebundene Lebensversicherung die gesteigerten Anforderungen zur anleger- und objektgerechten Beratung bei Anlageprodukten gelten. In dem den BGH-Urteilen vom 11.7.2012 zugrunde liegenden Sachverhalten hat der BGH dies bezogen auf die konkrete Rentenversicherung gegen Einmalbeitrag mit der Begründung bejaht, der Abschluss der Versicherung stelle sich bei wirtschaftlicher Betrachtung als Anlagegeschäft dar, da das Todesfallrisiko gegenüber der Renditeerwartung von untergeordneter Bedeutung sei. Dies zeige sich schon daran, dass die garantierte Todesfallleistung nur "101,00 % des Rücknahmewertes von Einheiten/Anteilen" betrage. Die von dem BGH vorgenommene Begründung für die Einordnung des streitgegenständlichen Versicherungsvertrags als Anlageprodukt vermag nicht zu überzeugen. Denn bei dem streitgegenständlichen Produkt dürfte es sich aufgrund der Übernahmen des Langlebigkeitsrisikos durch den Versicherer unzweifelhaft um eine Versicherung handeln.[29] Eine solche Einordnung des streitgegenständlichen Produkts als Versicherung schließt dann nach geltendem Recht wiederum die Anwendbarkeit der Regelungen für Anlageprodukte aus.[30] Soweit das OLG Nürnberg[31] eine fondsgebundene Rentenversicherung als Kapitalanlageprodukt einstuft, weil für den Zeitpunkt des Rentenbeginns keine Le...

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