I. Lebensversicherung und Ehescheidung bzw. Aufhebung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft
1. Allgemeines
Rz. 634
Im Rahmen der Ehescheidung oder Aufhebung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft stellt sich die Frage, wie Lebensversicherungen zu berücksichtigen sind. Gemäß § 1587 BGB i.V.m. §§ 2 Abs. 1, 2 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG fallen Anrechte aus der privaten Altersvorsorge, die auf eine Rente gerichtet sind in den Versorgungsausgleich; ein güterrechtlicher Ausgleich findet für diese Anrechte nicht statt (§ 2 Abs. 4 VersAusglG). Im Übrigen fallen in der Ehezeit erworbene Rechte und Ansprüche bzw. Anwartschaften aus Lebensversicherungen nach Maßgabe der güterrechtlichen Vorschriften grundsätzlich in den Zugewinnausgleich. Demzufolge sind die in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften aus einer Kapitalversicherung im Zugewinnausgleich und die Anwartschaften aus einer Rentenversicherung im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen.
Rz. 635
Nach § 6 S. 1 LPartG leben Partner oder Partnerinnen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, wenn sie nicht durch Lebenspartnerschaftsvertrag eine andere güterrechtliche Regelung getroffen haben; § 1363 Abs. 2 BGB und die §§ 1364 bis 1390 BGB gelten entsprechend. Nach Aufhebung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, die ab dem 1.1.2005 begründet wurde, findet nach § 20 Abs. 1 LPartG ein Ausgleich von bestehenden Anrechten in entsprechender Anwendung des Versorgungsausgleichsgesetzes statt. Die hier gemachten Ausführungen zur Lebensversicherung in der Ehescheidung dürften daher im Wesentlichen für die Lebenspartnerschaft entsprechend gelten. Für eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Behandlung von Lebensversicherungen bei Aufhebung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft bleibt die weitere Rechtsprechung abzuwarten. Wurde die Lebenspartnerschaft vor dem 1.1.2005 begründet, findet ein Versorgungsausgleich nur dann statt, wenn die Lebenspartner bis zum 31.12.2005 gegenüber dem Amtsgericht erklärt haben, dass bei Aufhebung der Lebenspartnerschaft ein Versorgungsausgleich durchgeführt werden soll. Als Lebenspartnerschaftszeit gilt die Zeit vom Beginn des Monats, in dem die Lebenspartnerschaft begründet worden ist, bis zum Ende des Monats, der dem Eintritt der Rechtshängigkeit des Antrags auf Aufhebung der Lebenspartnerschaft vorausgeht (§ 20 Abs. 2 LPartG).
Rz. 636
Wegen der verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten von Lebensversicherungen ergeben sich regelmäßig Abgrenzungsschwierigkeiten. Im Einzelnen gilt nach h.M. Folgendes: Eine reine Kapitallebensversicherung fällt auch dann in den Zugewinnausgleich, wenn es sich um eine sog. befreiende Lebensversicherung handelt, die der Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht dient. In den Zugewinnausgleich fällt auch eine Kapitallebensversicherung mit Rentenwahlrecht, sofern das Rentenwahlrecht vor der letzten gerichtlichen Entscheidung noch nicht ausgeübt wurde. Entsprechend fallen Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht in den Versorgungsausgleich, wenn das Kapitalwahlrecht nicht vor der letzten gerichtlichen Entscheidung ausgeübt wurde. Zeitlich befristete Renten ohne ein biometrisches Risiko unterfallen nicht dem Versorgungsausgleich.
Rz. 637
Im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung und für Riester- und Rüruprenten gilt diese Unterscheidung nicht. Vielmehr unterfallen Anrechte aus der betrieblichen Altersversorgung oder aus Riester- und Rüruprenten unabhängig von der Leistungsform (Rente oder Kapitalleistung) immer dem Versorgungsausgleich (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 Hs. 2 VersAusglG). Dies gilt auch dann, wenn eine Direktversicherung auf eine Kapitalzahlung gerichtet ist und wenn diese nach der Übertragung durch den Arbeitnehmer mit privaten Beiträgen fortgeführt wird.
Rz. 638
Beachte
Die im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung für Direktversicherungen und Versicherungen über Pensionskassen geltende Verfügungsbeschränkung des § 2 Abs. 2 S. 4 BetrAVG hindert nach der – umstrittenen – Rechtsprechung des OLG Stuttgart eine Pfändung der Ansprüche aus der Direktversicherung nicht, soweit sie wegen des gesetzlichen Anspruchs der Ehefrau auf Unterhalt und Zugewinnausgleich erfolgt. Die Ansicht des OLG Stuttgart vermag nicht zu überzeugen, da sie mit der Vorschrift des § 851 ZPO, die das Pfändungsverbot unabhängig von dem zugrunde liegenden Anspruch regelt, nicht vereinbar ist. Folgt man der Rechtsprechung des OLG Stuttgart jedoch, dürfte Gleiches für eine Pfändung wegen eines gesetzlichen Anspruchs auf Versorgungsausgleich gelten.