Dr. iur. Maximilian von Proff zu Irnich
Rz. 3
Welche Konsequenzen die Angehörigenrechtsprechung für die Kaufvertragspraxis hat, zeigt ein BFH-Urt. v. 21.9.2004:
Zusammenveranlagte Eheleute hatten 1987 für einen Kaufpreis von insgesamt 159.100 DM eine Eigentumswohnung zu je ½ Miteigentumsanteil erworben. 1997 erwarb die Ehefrau vom Ehemann seinen Miteigentumsanteil durch notariellen Kaufvertrag. Den Kaufpreis von 160.000 DM erbrachte sie in Höhe von 25.000 DM durch befreiende Übernahme von Darlehensschulden des Mannes und in Höhe von 135.000 DM durch unmittelbare Zahlung auf ein gemeinsames Girokonto (Oderkonto) der Eheleute. Die Ehefrau finanzierte den Barkaufpreis durch ein tilgungsfreies Darlehen einer Versicherung, dessen Valuta durch eine Lebensversicherung abgedeckt war. Die laufenden Darlehenszinsen wurden vertragsgemäß von dem gemeinsamen Girokonto der Eheleute abgebucht. Der Ehemann legte den empfangenen Geldbetrag in Fondsanteilen an. Weil der Fondsbetreiber hierauf bestand, unterzeichneten beide Eheleute die Beitrittserklärung zu dem Fonds. Zwischen beiden Eheleuten bestand jedoch von Anfang an Einvernehmen darüber, dass Berechtigter des Kaufpreises und der Fondsanteile allein der Ehemann sein sollte. Erst im Zuge des Streits mit der Finanzbehörde erklärten die Eheleute dem Fondsbetreiber, dass die Fondsanteile künftig allein einem vom Ehemann geführten Depot zugebucht werden sollten. In der gemeinsamen Einkommensteuererklärung machte die Ehefrau Afa in Höhe des Gebäudeanteils auf den Kaufpreis sowie Darlehenszinsen geltend. Das Finanzamt verweigerte den Abzug, weil die zwischen den Eheleuten getroffenen Vereinbarungen einem Fremdvergleich nicht standhielten. Ein mit dem Verkäufer nicht verwandter Käufer hätte an Stelle der Ehefrau auf eine Kaufpreisabwicklung über Notaranderkonto bestanden. Ein der Käuferin fremder Verkäufer hätte sich im Gegenzug nicht darauf eingelassen, dass der Kaufpreis auf ein gemeinsames Girokonto gezahlt wird.
Rz. 4
Weder das FG Düsseldorf noch der BFH folgten der Auffassung des Finanzamts. Der Vertrag sei wie unter einander Fremden durchgeführt worden. Die Kaufpreiszahlung auf ein gemeinsames Konto der Ehegatten sei unschädlich. Der Kaufpreis sei auch nicht dadurch an die Ehefrau zurückgezahlt worden, dass der Ehemann ihn in Fondsanteile investierte, die (zunächst) beiden Ehegatten gehörten. Die Fondsanteile hätten im maßgeblichen Innenverhältnis der Eheleute allein dem Ehemann zugestanden (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 AO). Aus diesem Grund verbiete sich auch die Annahme, dass die Kaufpreisvereinbarung ein unbeachtliches Scheingeschäft und der Miteigentumsanteil in Wirklichkeit verschenkt worden sei. Auch die vom revisionsführenden Finanzamt offenbar nicht thematisierte Zahlung der von der Ehefrau geschuldeten Darlehenszinsen vom gemeinsamen Girokonto hindert m.E. nicht die steuerliche Anerkennung der von den Eheleuten gewählten Gestaltung und den Abzug der geltend gemachten Werbungskosten, weil die Zahlung nach dem maßgeblichen Innenverhältnis allein der Ehefrau obliegt. Der BFH nahm an der Kaufpreiszahlung über Notaranderkonto zu Recht nicht Anstoß. Man mag zwar einwenden, nur bei Kaufpreisabwicklung über Notaranderkonto (mit Auszahlung auf ein Konto des Verkäufers!) sei bereits aufgrund der vertraglichen Gestaltung sichergestellt, dass der Kaufpreis tatsächlich in die Vermögenssphäre des Verkäufers gerät, während sie bei Abwicklung ohne Notaranderkonto, d.h. Fälligkeitsmitteilung und Umschreibungssperre bis zur Mitteilung des Verkäufers, dass er den Kaufpreis erhalten habe, nicht gewährleistet ist, denn letztgenannte Gestaltung schließt nicht aus, dass der Verkäufer dies dem Notar bestätigt, ohne Geld erhalten zu haben. Freilich ist auch bei Abwicklung über Notaranderkonto denkbar, dass der Verkäufer den vom Notaranderkonto überwiesenen Betrag umgehend dem Käufer zurückzahlt.
Rz. 5
Es besteht mithin m.E. keine Verpflichtung des Notars, Angehörigenverträge im Interesse der Beteiligten an der steuerlichen Anerkennung so zu gestalten, dass eine steuerliche Anerkennung gewährleistet ist oder sie sogar so zu gestalten, dass die Beteiligten bei der Durchführung nicht vom Vereinbarten abweichen können. Letzteres ist ohnehin ein Ding der Unmöglichkeit. Auch ist der Notar nicht verpflichtet, die Beteiligten auf die Ermittlungsmöglichkeiten des Fiskus (gläserner Steuerbürger) hinzuweisen.