Rz. 186

Der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis ergibt sich für Arbeitnehmer aus § 109 GewO (Gewerbeordnung), für sonstige Personen (z.B. den Geschäftsführer einer GmbH) aus § 630 BGB. Die Zeugniserteilung lässt sich zudem auch aus den allgemeinen Fürsorgepflichten des Arbeitgebers ableiten.

 

Rz. 187

Gem. § 109 Abs. 1 Satz 1 GewO hat der Arbeitnehmer erst mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses den Anspruch auf das Zeugnis. Zwischen dem Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung und dem endgültigen Beendigungszeitpunkt hat der Arbeitnehmer allerdings nach der Rechtsprechung einen Anspruch auf ein vorläufiges Zeugnis.

 

Rz. 188

Ein Zwischenzeugnis wird nirgends im Gesetz ausdrücklich erwähnt und ergibt sich nur aus der allgemeinen Fürsorgepflicht. Nach der ständigen Rechtsprechung kann man ein Zwischenzeugnis insbesondere dann verlangen, wenn

sich die berufliche Position verändert,
der Vorgesetzte wechselt oder
wenn man in Mutterschutz/Elternzeit geht.
 

Rz. 189

Grundsätzlich muss das Zeugnis nur die Art und die Dauer der Tätigkeit enthalten (sogenanntes einfaches Zeugnis).

Nach § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO kann der Arbeitnehmer jedoch verlangen, dass das Zeugnis auch Angaben zur Leistung und zum Verhalten im Arbeitsverhältnis enthält (sogenanntes qualifiziertes Zeugnis).

 

Rz. 190

Der Arbeitgeber muss jedoch nicht von sich aus das Arbeitszeugnis erstellen. Es obliegt vielmehr dem Arbeitnehmer dieses ausdrücklich zu verlangen, egal ob er ein einfaches oder qualifiziertes Zeugnis wünscht.

 

Rz. 191

Mit Einführung des neuen Schuldrechts zum 1.1.2002 verjährt der Anspruch auf Zeugniserteilung nunmehr gem. § 195 BGB innerhalb von drei Jahren, vorher erst innerhalb von 30 Jahren. Nach der Rspr. kann jedoch dieser Anspruch vorzeitig verwirkt werden, wenn er längere Zeit nicht geltend gemacht worden ist. So nimmt das LAG Hamm dies nach einem Jahr an (vgl. LAG Hamm, Urt. v. 9.9.1999 – 4 Sa 714/99).

 

Rz. 192

Evtl. gelten auch tarifvertragliche oder einzelvertragliche Ausschlussfristen. Eine einzelvertragliche Ausschlussklausel von zwei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die "alle Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben" betrifft, ist zulässig und erfasst auch den Anspruch auf Erteilung des qualifizierten Arbeitszeugnisses.

 

Rz. 193

Grundsätzlich besteht auch eine Abholpflicht des Arbeitnehmers. Nur wenn sich der Arbeitsgeber in Verzug befindet oder wenn es die äußeren Umstände gebieten (z.B. weil der Arbeitnehmer von Berlin nach München umgezogen ist), ist der Arbeitgeber verpflichtet, das Arbeitszeugnis an seinen ehemaligen Mitarbeiter zu verschicken.

 

Rz. 194

Gem. § 109 Abs. 2 GewO muss das Zeugnis klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.

 

Rz. 195

Die Rspr. hat hieraus auch Kriterien für die äußere Form eines Zeugnisses entwickelt, damit die "positive" Wortaussage nicht durch die äußere Form negiert wird. Die Kriterien sind:

Das Zeugnis muss unversehrt sein, d.h. es soll nicht gefaltet sein.
Das Zeugnis soll auf sauberem Qualitätspapier erteilt werden, insbesondere darf es keine Flecken enthalten und soll dem gängigen Format DIN A4 entsprechen.
Es soll der Original-Briefkopf des Arbeitnehmers verwendet werden, d.h. u.a. auch keine Kopien des Briefkopfes (z.B. keine schwarz-weiß Kopie eines farbigen Briefkopfes).
Es darf keine Streichungen und Korrekturen enthalten.
Rechtschreib- und Ausdrucksfehler dürfen nicht enthalten sein.
Daneben sind auch Unterstreichen, Kursiv- oder Fettdruck sowie Ausrufe- und Fragezeichen nicht erlaubt.
 

Rz. 196

Als Ausstellungsdatum des Zeugnisses sollte der letzte Tag des Arbeitsverhältnisses gewählt werden, um Streitigkeiten mit dem Arbeitnehmer zu vermeiden.

 

Rz. 197

Der Beurteilungszeitraum muss dabei das gesamte vertraglich festgelegte Arbeitsverhältnis umfassen, auch bei einer Freistellung nach Ausspruch der Kündigung bis zur endgültigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

 

Rz. 198

Das Zeugnis muss ferner eine Originalunterschrift besitzen. Eine Übermittlung per Telefax, E-Mail oder dergleichen ist nicht rechtsgültig. Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausdrücklich in § 109 Abs. 3 GewO ausgeschlossen.

 

Rz. 199

Das Zeugnis soll der Wahrheit entsprechend und dennoch wohlwollend verfasst sein. Hier besteht das eigentliche Streitpotential. Tätigkeiten, die nicht erbracht worden sind, dürfen auch nicht bescheinigt werden.

 

Rz. 200

Hinsichtlich der Bewertung von Leistung und Verhalten des Arbeitnehmers im Vertragsverhältnis hat sich im Laufe der Jahre eine eigenständige Zeugnissprache (auch Zeugniscode genannt) entwickelt, die von den meisten Arbeitgebern nunmehr standardisiert verwendet wird. Hierzu gibt es diverse Fachbücher und auch die meisten Softwareprogramme der Lohnbuchhaltung erleichtern die Erstellung eines dem Zeugniscode entsprechenden Arbeitszeugnisses.

 

Rz. 201

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