Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 271
Der Härtegrund des § 1579 Nr. 2 BGB sanktioniert kein vorwerfbares Fehlverhalten des Unterhaltsberechtigten, sondern stellt auf rein objektive Gegebenheiten bzw. Veränderungen in den Lebensverhältnissen des bedürftigen Ehegatten ab, die eine dauerhafte Unterhaltsleistung unzumutbar erscheinen lassen. Zur neuen Partnerschaft siehe auch § 15 Rdn 1 ff. und § 16 Rdn 1 ff.
a) Verfestigte Lebensgemeinschaft
Rz. 272
Maßgeblich ist folglich, dass der unterhaltsberechtigte frühere Ehegatte eine verfestigte neue Lebensgemeinschaft eingegangen ist, sich damit endgültig aus der ehelichen Solidarität herauslöst und auf diese Weise zu erkennen gibt, dass er diese nicht mehr benötigt. Dabei spielt die finanzielle Leistungsfähigkeit des neuen Partners keine Rolle.
Für die Annahme einer solchen verfestigten Lebensgemeinschaft ist nicht erforderlich, dass die neuen Partner räumlich zusammenleben und einen gemeinsamen Haushalt führen, auch wenn eine solche Form des Zusammenlebens in der Regel ein typisches Anzeichen hierfür sein wird. Auch intime Beziehungen der Partner sind nicht erforderlich. Je fester allerdings die Verbindung nach außen in Erscheinung tritt, umso kürzer wird die erforderliche Zeitspanne anzunehmen sein. In zeitlichem Zusammenhang mit der Trennung zutage getretenen Umständen lassen für sich i.d.R. keinen verlässlichen Schluss auf das Vorliegen einer verfestigten Lebensgemeinschaft zu, ebenso wenig genügt allein der Ablauf eines festen Zeitraums von einem Jahr seit der Trennung.
Die Anzeichen einer engen Beziehung müssen in der Öffentlichkeit als solche erkannt werden können und das Maß einer ungebundenen Wochenend- und Freizeitbeziehung übersteigen. Bei einer Beziehung, die nicht überwiegend durch ein Zusammenwohnen und auch nicht durch ein gemeinsames Wirtschaften geprägt ist, ist eine verfestigte Beziehung etwa dann erreicht, wenn die Partner seit fünf Jahren in der Öffentlichkeit, bei gemeinsamen Urlauben und der Freizeitgestaltung als Paar auftreten und Feiertage und Familienfeste zusammen mit Familienangehörigen verbringen.
Gemeinsames Einkaufen, gemeinsamer Besuch bei den Eltern des anderen Partners, Mithilfe bei der Renovierung der Wohnung des Partners, gemeinsame Urlaube auch mit anderen Familienmitgliedern des Partners, die gemeinsame Teilnahme an Familienfeiern auch mit den Kindern des Partners, Begleitung zu den Gerichtsterminen ergeben starke Anzeichen einer engen Beziehung, die in der Öffentlichkeit als solche erkannt werden kann und übersteigen das Maß einer ungebundenen Wochenend- und Freizeitbeziehung. Auch können Informationen aus den sozialen Medien hier Bedeutung gewinnen.
Rz. 273
Sehr anschaulich und detailreich ist ein nach umfangreicher Beweisaufnahme vom OLG Brandenburg entschiedener Fall.
b) Checkliste zur Mandatsbearbeitung bei § 1579 Nr. 2 BGB
Rz. 274
Ist ein Streit über die unterhaltsrechtlich relevante Bedeutung einer neuen Beziehung der Unterhaltsberechtigten abzusehen, wird zur Vorbereitung des späteren Sachvortrags im gerichtlichen Verfahren die Abarbeitung des folgenden Fragenkatalogs empfohlen:
Rz. 275
Liegt ein Ausbruch aus einer intakten Ehe vor?
Welche Tatsachen/Indizien gibt es dafür, dass sich die Ehefrau wegen eines anderen Mannes vom Ehemann getrennt hat?
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Hat sie sich schon vor der Trennung mit ihm getroffen? |
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Ist sie über Nacht weggeblieben? |
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Hat er ihr beim Umzug geholfen? |
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Ist sie bei ihm eingezogen? |
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Haben beide eine gemeinsame Wohnung genommen? |
Ist die Ehe zum Zeitpunkt der Trennung noch intakt gewesen?
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Hat es bis zuletzt gemeinsame Unternehmungen gegeben? |
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Wurden gesellschaftliche Veranstaltungen zusammen besucht? |
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Wurden gemeinsame Urlaube unternommen... |