Rz. 116

 

Rz. 117

Bei der Anwendung des § 1578b BGB sollte man sich immer den Unterschied zwischen dem ehebedingten Nachteil und der nachehelichen Solidarität vergegenwärtigen:

Auszugehen ist vom aktuellen tatsächlich erzielten oder erzielbaren Einkommen des geschiedenen Ehegatten, der Unterhalt geltend macht.
Liegt dieses Einkommen (ihr "eigenes Geld") unterhalb des Einkommens, das die Berechtigte nach ihrer eigenen Lebensstellung ohne die Ehe (als ledige und kinderlose Erwerbstätige im erlernten Beruf) erzielen würde, ist ein Nachteil gegeben. Sofern dieser Nachteil ehebedingt ist (was gesondert zu prüfen ist), ist er für § 1578b BGB beachtlich.

Liegen die vom (früheren) gemeinsamen Einkommen beider Eheleute abgeleiteten ehelichen Lebensverhältnisse höher als diese eigene Lebensstellung der Unterhaltsberechtigten, geht es um die Frage der nachehelichen Solidarität.

Es kommt darauf an, ob der unterhaltspflichtige andere Ehegatte aus Gründen der nachehelichen Solidarität diese Differenz – ganz oder teilweise, auf Dauer oder auf bestimmte Zeit – ausgleichen muss.
Im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung können eine Vielzahl von Gesichtspunkten eine Rolle spielen, und zwar sowohl aus der Zeit der Ehe (Leistungen für die Familie) als auch der Zeit seit Trennung und Scheidung (vor allem die langjährige Zahlung von Unterhalt). Auch das aktuelle und zukünftige Einkommen und die Vermögenssituation der geschiedenen Ehegatten spielen eine Rolle.[150]
 

Rz. 118

 

Beispiel:

Die unterhaltsberechtigte geschiedene Ehefrau hat nach den ehelichen Lebensverhältnissen einen Bedarf von 2.200 EUR. Sie verdient jetzt 1.200 EUR. Ohne die ehebedingte berufliche Unterbrechung würde sie 1.600 EUR verdient.

Lösung:

Die ehebedingten Nachteile aufgrund der beruflichen Unterbrechung führen zu einem Einkommensnachteil von 400 EUR (1.600 EUR abzgl. 1.200 EUR). Dieser Nachteil ist in aller Regel unterhaltsrechtlich auszugleichen, solange er fortbesteht.
Die restlichen 600 EUR (2.200 EUR abzgl. 1.600 EUR fiktivem Eigeneinkommen als Ledige) stehen ihr als Unterhalt zu, soweit und solange dies der Billigkeit entspricht (Vertrauensschutz aufgrund der nachehelichen Solidarität).
[150] Ausführlich Viefhues, FuR 2011, 505 (Teil 1) und FuR 2011, 551 (Teil 2).

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