Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 85
Der sog. Quotenunterhalt ist dazu bestimmt, den alltäglichen angemessenen Bedarf des geschiedenen Ehegatten – also den Basisunterhalt – sicherzustellen. Jedoch erstreckt sich der Unterhaltsanspruch auch auf die Kosten einer angemessenen Krankenversicherung (§ 1578 Abs. 2 BGB) und Altersvorsorge (§ 1578 Abs. 3 BGB), sofern der Unterhaltspflichtige hierzu neben der Zahlung des Basisunterhaltes in der Lage ist. Nach der vom BGH gebilligten Bremer Tabelle zur Berechnung des Vorsorgeunterhalts, die jährlich mit den aktuellen Werten neu herausgegeben wird, ergibt sich durch dort abzulesenden Zuschlag auf den Basisunterhalt eine bestimmte Bruttobemessungsgrundlage. Hieraus ist mit Hilfe des aktuellen Beitragssatzes für die gesetzliche Rentenversicherung der Vorsorgeunterhalt betragsmäßig auszurechnen.
Dabei ist eine dreistufige Berechnung vorzunehmen. In einer ersten Stufe ist der vorläufige Elementarunterhalt zu berechnen, auf dessen Basis dann der Altersvorsorgeunterhalt ermittelt wird. Dieser geht schließlich in die Berechnung des endgültigen Elementarunterhalts ein.
Rz. 86
Die Zahlung des titulierten Altersvorsorgeunterhalts hat grundsätzlich an den Unterhaltsgläubiger zu erfolgen. Es besteht kein durchsetzbarer Anspruch des Unterhaltspflichtigen auf zweckgerichtete Verwendung des gezahlten Altersvorsorgeunterhaltes durch die Unterhaltsberechtigte. Nur ausnahmsweise kann der Unterhaltsschuldner eine Zahlung unmittelbar an den Versorgungsträger verlangen, etwa wenn aufgrund besonderer Umstände die Zahlung an den Unterhaltsgläubiger als treuwidrig anzusehen ist. Davon kann ausgegangen werden, wenn an einer zweckentsprechenden Verwendung durch den Unterhaltsgläubiger begründete Zweifel bestehen. Daraus folgt gleichermaßen, dass der Unterhaltsgläubiger, wenn er den Vorsorgeunterhalt erstmals geltend macht, grundsätzlich keine konkreten Angaben über die Art und Weise der von ihm beabsichtigten Vorsorge darzulegen hat.
Unterhaltsleistungen, die für einen solchen bestimmten, besonderen Bedarf gefordert und gezahlt werden, müssen allerdings auch hierfür verwandt werden. Die Grundsätze der Dispositionsbefugnis über die Anlage zusätzlicher Altersvorsorge gelten in gleicher Weise für die Anlage des Altersvorsorgeunterhalts, d.h. der Empfänger der Unterhaltsleistungen kann die Form der Altersversorgung wählen.
Wer also Altersvorsorgeunterhalt bezieht, muss diese Zahlungen auch für seine Alterssicherung anlegen. Geschieht dies nicht, wird er später so behandelt, als hätte er eine entsprechende Versorgung erworben. Es werden dann fiktiv höhere Renteneinkünfte zugrunde gelegt.
BGH, Beschl. v. 22.9.2021 – XII ZB 544/20
Zitat
1. Dem Empfänger von Altersvorsorgeunterhalt obliegt es, die erhaltenen Unterhaltsbeträge in einer für die spätere Erzielung von Alterseinkünften geeigneten Form anzulegen. Statt freiwillige Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen, kann er auch eine private Rentenversicherung abschließen. Dass diese ein Kapitalwahlrecht vorsieht, steht nicht entgegen.
2. Aufgrund des Unterhaltsrechtsverhältnisses obliegt es zwar grundsätzlich beiden (geschiedenen) Ehegatten, ihre (Gesamt-)Einkommensteuerbelastung möglichst gering zu halten. Der Unterhaltsberechtigte ist aber, insbesondere im Rahmen des steuerlichen Realsplittings, nicht gehalten, den Altersvorsorgeunterhalt in einer zum Sonderausgabenabzug berechtigenden zertifizierten Rentenversicherung (hier sog. Rürup-Rente) anzulegen.
Praxistipp:
Beim Vorsorgeunterhalt sind die betreffenden Einzelbeträge für den Krankenvorsorgeunterhalt und den Altersvorsorgeunterhalt im Tenor gesondert auszuweisen.
Eine spätere Nachforderung "vergessenen" Altersvorsorgeunterhalts ist nicht möglich.
Für die anwaltliche Beratungspraxis ist die Bedeutung des Altersvorsorgeunterhaltes im Zusammenhang mit ehebedingten Nachteilen durch verminderte Altersversorgungsnachteile bei § 1578b BGB (siehe Rdn 162).