Rz. 195

Dem Unterhalt kommt in Fällen, bei denen vor allem auf die nacheheliche Solidarität abgestellt wird, eine Ausgleichsfunktion zu im Hinblick auf diese in der Vergangenheit für die Familie erbrachten Leistungen durch langjährigen Einsatz für die Familie und die durch Erziehung und Betreuung der gemeinsamen Kinder.[317]

 

Rz. 196

 

Praxistipp:

Abgeleitet wird daraus ein besonderer Vertrauenstatbestand auf Seiten der Berechtigten.[318]
In der Praxis ist zu prüfen, ob konkrete Anhaltspunkte für ein besonderes Vertrauen auf den Fortbestand der Unterhaltsverpflichtung gegeben waren (so z.B. eine Erklärung des Unterhaltspflichtigen, die die Unterhaltsberechtigte veranlasst hat, eine Erwerbstätigkeit aufzugeben)[319]
Relevant sein können auch Dispositionen, die aufgrund eines etwaigen berechtigten Vertrauens in die fortwährende Unterhaltsverpflichtung getroffen worden sind.
Zu klären ist dann aber auch, ob diese Leistungen oder besonderen Belastungen nicht bereits auf andere Weise wie z.B. Versorgungsausgleich oder Zugewinn kompensiert worden sind[320] (zur "Kompensation" siehe Rdn 199).
 

Rz. 197

Im Rahmen der allgemeinen Billigkeitsüberlegungen kann auch die Zeit der Betreuung gemeinsamer Kinder vor der Ehe Berücksichtigung finden, die der BGH nicht als Grundlage für einen ehebedingten Nachteil anerkennt.

[317] BGH FamRZ 2009, 1207 = NJW 2009, 2450 BGH FamRZ 2010, 1517 (Tz. 17); BGH FamRZ 2009, 406, 409; BGH FamRZ 2010, 629; OLG Karlsruhe FamRZ 2010, 1083; OLG Düsseldorf FamRZ 2010, 1913 (LS).
[318] BGH v. 30.6.2010 – XII ZR 9/09, FamRZ 2010, 1414 mit Anm. Borth = NJW 2010, 2953 mit Anm. Maurer; vgl. auch BGH FamRZ 2010, 1057; BGH FamRZ 2009, 1207; FamRZ 2010, 1517 (Tz. 17); BGH FamRZ 2009, 406, 409; BGH FamRZ 2010, 629.
[320] BGH NJW 2011, 1807 mit Anm. Born; Borth, FamRZ 2011, 153, 155.

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