Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 232
Die verfahrensrechtliche Brisanz der Regelungen besteht darin, dass die Frage einer Befristung regelmäßig bereits im ersten gerichtlichen Unterhaltsverfahren entschieden werden muss. Denn die Begrenzung setzt nicht voraus, dass der Zeitpunkt bereits erreicht sein muss, ab dem der Unterhaltsanspruch entfällt. Soweit die dafür maßgeblichen Umstände bereits eingetreten oder zuverlässig vorhersehbar sind, ist die Entscheidung bereits im Ausgangsverfahren zu treffen und kann nicht einem späteren Abänderungsverfahren vorbehalten bleiben.
Rz. 233
Die verfahrensrechtliche Brisanz der Norm besteht darin, dass die Frage einer Befristung regelmäßig bereits im ersten gerichtlichen Unterhaltsverfahren entschieden werden muss. Denn die Begrenzung setzt nicht voraus, dass der Zeitpunkt bereits erreicht sein muss, ab dem der Unterhaltsanspruch entfällt. Soweit die dafür maßgeblichen Umstände bereits eingetreten oder zuverlässig vorhersehbar sind, ist die Entscheidung bereits im Ausgangsverfahren zu treffen und kann nicht einem späteren Abänderungsverfahren vorbehalten bleiben (sog. Präklusionsfalle bei § 1578b BGB).
Rz. 234
Praxistipp:
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Wird diese Chance einer Befristung also im Erstverfahren verpasst, kann die zeitliche Begrenzung des Unterhalts aus Gründen der Billigkeit folglich nicht später in einem Abänderungsverfahren nach § 238 FamFG durchgesetzt werden (Präklusion). |
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Ein Abänderungsantrag ist bei gleich gebliebenem Sachverhalt unzulässig. |
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Die Möglichkeit einer Befristung oder Begrenzung ist damit endgültig verloren! |
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Bei Titel aus der Zeit vor dem 1.1.2008 (Inkrafttreten des neuen Unterhaltsrechts) sind die Besonderheiten des Übergangsrechts zu beachten. |
Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Gründe schon Gegenstand der richterlichen Beurteilung im Erstverfahren geworden sind, das Gericht also tatsächlich etwas zu dieser Frage in im Beschluss ausgeführt hat. Entscheidend ist, dass diese Prognose schon damals hätte getroffen werden können.
BGH v. 4.7.2018 – XII ZB 448/17
Zitat
Auch wenn eine abschließende Entscheidung über die Folgen des § 1578b BGB noch nicht möglich ist, darf eine Entscheidung darüber nicht vollständig zurückgestellt werden. Vielmehr muss das Gericht insoweit entscheiden, als eine Entscheidung aufgrund der gegebenen Sachlage und der zuverlässig voraussehbaren Umstände möglich ist. Das gilt insbesondere für eine bereits mögliche Entscheidung über die Herabsetzung nach § 1578b Abs. 1 BGB.
BGH v. 6.9.2007 – XII ZR 15/05:
Zitat
Die Begrenzung des Aufstockungsunterhalts aus Billigkeitsgründen nach § 1573 Abs. 5 BGB setzt nicht zwingend voraus, dass der Zeitpunkt, ab dem der Unterhaltsanspruch entfällt, bereits erreicht ist. Wenn die dafür ausschlaggebenden Umstände bereits eingetreten oder zuverlässig voraussehbar sind, ist eine Entscheidung über eine Begrenzung nicht einer späteren Abänderung nach § 323 Abs. 2 ZPO vorzubehalten, sondern schon im Ausgangsverfahren zu treffen. Ob die für eine Begrenzung ausschlaggebenden Umstände allerdings bereits im Ausgangsverfahren zuverlässig vorhersehbar sind, lässt sich nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles beantworten.
BGH, Urt. v. 25.6.2008 – XII ZR 109/07
Zitat
Maßgebend ist deswegen darauf abzustellen, ob im Zeitpunkt der Entscheidung des Tatrichters ehebedingte Nachteile absehbar sind (BGH v. 16.4.2008 – XII ZR 107/06).
BGH, Beschl. v. 16.10.2019 – XII ZB 341/17 Rn 44, 45
Zitat
Dass das Oberlandesgericht im Hinblick auf die Unwägbarkeiten hinsichtlich des Rentenbezugs der Antragsgegnerin die Entscheidung über eine Befristung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs gemäß § 1578b Abs. 1 und 2 BGB einem späteren Abänderungsverfahren überlassen hat, ist ebenfalls nicht zu beanstanden.
Denn einer Entscheidung über eine Befristung des Unterhaltsanspruchs steht derzeit jedenfalls entgegen, dass die Höhe der Renteneinkünfte, die die Antragsgegnerin erzielen wird, bislang nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden kann. Fest steht lediglich, dass letztere die Regelaltersgrenze am 12.5.2023 erreichen wird. Eine verbindliche Auskunft über die Höhe der zu erwartenden Rente liegt dagegen nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts nicht vor.
Rz. 235
Achtung Fehlerquelle!
Darin liegt eine Fehlerquelle mit erheblicher Regeressgefahr für den Anwalt des Unterhaltspflichtigen!
Hier droht in einschlägigen Fällen dem zahlungspflichtigen Mandanten der endgültige Verlust von Rechten, wenn nicht im ersten gerichtlichen Verfahren bereits entsprechender Sachvortrag in das Verfahren eingebracht wird.
Fehler können hier in mehrfacher Hinsicht gemacht werden:
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Der Mandant muss über diese Zusammenhänge informiert und nach entsprechenden Einzelheiten befragt werden. |
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Diese Sachverhaltsangaben müssen im gerichtlichen Unterhaltsverfahren vorgetragen werden mit dem deutlichen Hinweis auf eine angestrebte Begrenzung des Unterhaltes. |
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Für den Verfahrensbevollmächtigten ist es zur Vermeidung... |