Dr. iur. Wolfram Viefhues
I. Krankenversicherung des Ehegatten
Rz. 377
Mit der Rechtskraft der Ehescheidung erlischt für den berechtigten Ehepartner i.d.R. der Versicherungsschutz durch die Familienversicherung aus § 10 SGB V.
Rz. 378
Nach § 10 Abs. 1 Abs. 1 SGB V sind in der Familienversicherung beitragsfrei (§ 3 Satz 3 SGB V) versichert der Ehegatte, der Lebenspartner und die Kinder von Mitgliedern, sofern diese Familienangehörigen
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ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, |
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nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3–8, 11 oder 12 SGB V oder nicht freiwillig versichert sind, |
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nicht versicherungsfrei oder nicht von der Versicherungspflicht befreit sind; dabei bleibt die Versicherungsfreiheit nach § 7 außer Betracht, |
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nicht hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sind und |
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kein Gesamteinkommen haben, das regelmäßig im Monat 1/7 der monatlichen Bezugsgrenze nach § 18 SGB IV überschreitet; bei Renten wird der Zahlbetrag ohne den auf Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten entfallenden Teil berücksichtigt; für geringfügig Beschäftigte nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV beträgt das zulässige Gesamteinkommen 450 EUR. |
Rz. 379
Praxistipp:
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Zwar kann durch den – vorrangig abzuziehenden – Krankenvorsorgeunterhalt (§ 1578 Abs. 2 BGB) der Krankenversicherungsschutz sichergestellt werden. |
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Mit dem Mandanten ist deshalb frühzeitig zu erörtern, ob Krankenvorsorgeunterhalt nach § 1578 Abs. 2 BGB geltend gemacht werden soll. |
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Dadurch steht aber für den Elementarunterhalt weniger Einkommen des Unterhaltspflichtigen zur Verfügung. |
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Daher ist in der Praxis besonderes Augenmerk auf eine mögliche Fortdauer einer Familienversicherung zu legen. |
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Dies gilt insbesondere bei beengten wirtschaftlichen Verhältnissen, in denen für einen Krankenvorsorgeunterhalt einfach nicht genug Geld vorhanden ist. |
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Es kann deshalb strategisch von Vorteil sein, das Verbundverfahren durch die Einführung von Folgesachen – insbesondere Unterhalt und Zugewinn – in die Länge zu ziehen. |
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Bei einem Rechtsmittelverzicht ist zu beachten, dass damit der Zeitraum der nach der Verkündung des Scheidungsurteils – noch – bestehenden – kostenfreien Mitversicherung um insgesamt 4–8 Wochen verkürzt wird! |
Rz. 380
Der geschiedene Ehegatte kann freiwilliges Mitglied entweder in derselben Krankenversicherung werden, in der er bisher über seinen Ehegatten mitversichert war. Er kann aber auch einer anderen Versicherung beitreten. Der freiwillige Beitritt ist von keiner Altersgrenze und von keinen Wartezeiten abhängig. Auch stehen vorhandene Krankheiten nicht entgegen.
Rz. 381
Erforderlich ist eine schriftliche Beitrittserklärung (§ 188 Abs. 3 SGB V i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Dies muss innerhalb einer Ausschlussfrist von 3 Monaten geschehen. Bei Fristversäumnis kann unter den Voraussetzungen des § 27 SGB X Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt werden. Eine durch Anwaltsverschulden versäumte Beitrittsfrist berechtigt nicht zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, da diese nur bei schuldlosem Versäumen der Frist möglich ist und das Verschulden eines Vertreters dem Vertretenen zuzurechnen ist (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB X).
Rz. 382
Praxistipp:
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Die eingehende Beratung über diese Frage der Krankenversicherung und Belehrung über diese Zusammenhänge gehört zu den Nebenpflichten des Anwalts, der das Scheidungsverfahren durchführt. |
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Der Mandant ist über die bei Trennung und Scheidung eintretenden Veränderungen nachweisbar aufzuklären. |
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Der Anwalt sollte die Erfüllung dieser Beratungspflicht zur Vermeidung von Haftungsrisiken dokumentieren. |
Rz. 383
Bis zum 31.7.2013 konnte ein geschiedener Ehegatte freiwillig der Versicherung beitreten, sofern er dies nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB V innerhalb von 3 Monaten anzeigte. Die Vorschrift gilt unverändert weiter.
Rz. 384
Die freiwillige Versicherung ist beitragspflichtig. Die Beitragsbemessung richtet sich nach § 240 SGB V i.V.m. der Satzung der gewählten Krankenkasse.
Rz. 385
Durch eine am 1.8.2013 in Kraft getretene Neuregelung ist die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung nach Beendigung der Familienversicherung neu geregelt worden. Zweck der Neuregelung ist die Vermeidung von hohen Beitragsrückständen. Nach § 188 Abs. 4 SGB V setzt sich – bei Fehlen eines vorrangigen Versicherungstatbestandes – die Versicherung mit dem Tag der Beendigung der Familienversicherung durch Rechtskraft der Ehescheidung als freiwillige Mitgliedschaft fort, außer das Mitglied erklärt innerhalb von zwei Wochen nach erfolgtem Hinweis durch die Krankenkasse seinen Austritt. Dieser ist gem. § 188 Abs. 4 Satz 3 SGB V aber nur beim Bestehen einer anderweitigen Versicherung möglich. Mit der freiwilligen Versicherung ist die Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen verbunden.
Rz. 386
Die Beiträge bemessen sich nach den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder (§ 223 Abs. 2 SGB V). Nach § 240 SGB V bemisst sich der Beitrag nach der Summe aller Einkünfte, Dabei gilt das Bruttoprinzip, so dass ein Abzug von Aufwendungen oder anderen Verpflichtun...