Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 109
Besteht ein Unterhaltsanspruch, stellt sich in der Praxis die Frage, ob dieser Unterhaltsanspruch nach § 1578b BGB in der Höhe eingeschränkt (Begrenzung) oder seine zeitliche Wirkung begrenzt werden soll (Befristung).
Aus § 1578b BGB ergibt sich, dass nach der gesetzlichen Konzeption die Befristung des Unterhalts nicht die Regel, sondern die Ausnahme darstellt. Das Familiengericht hat demnach zu prüfen, ob die fortdauernde Unterhaltspflicht unbillig ist, nicht aber, ob der Befristung Billigkeitsgründe entgegenstehen.
Rz. 110
Praxistipp:
Das von der Unterhaltsberechtigten aufgrund der aktuellen Gegebenheiten erzielbare Einkommen muss bereits im Rahmen der Bedürftigkeit geprüft werden, die von der Unterhaltsberechtigten darzulegen und zu beweisen ist.
1. Anwendungsbereich des § 1578b BGB
Rz. 111
Die Vorschrift des § 1578b BGB gilt grundsätzlich für alle Ansprüche des nachehelichen Unterhaltsrechtes.
Rz. 112
Eine Ausnahme gilt lediglich beim Anspruchs wegen Kindesbetreuung gem. § 1570 BGB. Der BGH hat eine Befristung des Betreuungsunterhaltsanspruches abgelehnt, lässt jedoch eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Höhe nach zu.
Praxistipp:
Eine Befristung des Trennungsunterhaltes ist dagegen mangels einer einschlägigen gesetzlichen Vorschrift nicht zulässig.
Auch der Anspruch auf Krankenvorsorgeunterhalt gem. § 1578 Abs. 2 BGB kann in der Höhe begrenzt oder befristet werden.
Konsequenz:
Erfolgt keine Befristung im Tenor des Beschlusses über die Unterhaltsfestsetzung, ist der Unterhalt unbefristet festgesetzt worden!
Rz. 113
Achtung!
Der Antrag,
▪ |
"den Antragsgegner zu verpflichten, nachehelichen Unterhalt zu zahlen von mtl. 1.000 EUR" |
sollte immer laut vorgelesen werden mit dem Text
▪ |
"den Antragsgegner zu verpflichten, nachehelichen Unterhalt zu zahlen von mtl. 1.000 EUR lebenslänglich". |
Wenn dies nicht akzeptiert werden soll, sind vom Unterhaltspflichtigen bereits im Erstverfahren Aktivitäten unverzichtbar!
Zur verfahrensrechtlichen Präklusionsfalle siehe unten Rdn 233.
2. Aufbau der Norm
Rz. 114
Das Gesetz lässt in § 1578b BGB eine Reduzierung zu
▪ |
hinsichtlich der Höhe auf den angemessenen Lebensbedarf gem. § 1578b Abs. 1 (Herabsetzung, Begrenzung der Höhe nach), |
▪ |
hinsichtlich der Dauer der Zahlungspflicht gem. § 1578b Abs. 2 (zeitliche Begrenzung, Befristung). |
▪ |
Herabsetzung und Befristung des Unterhaltsanspruchs können miteinander verbunden werden (§ 1578b Abs. 3). Somit können auch gestaffelte Regelungen getroffen werden, in denen der Unterhalt für mehrere Jahre, aber mit sinkenden monatlichen Beträgen festgeschrieben wird. |
Rz. 115
Speziell in Unterhaltsvereinbarungen bieten sich derartige Staffelungen an, da sie für beide Ehegatten Planungssicherheit bieten und gerichtliche Entscheidungen vermeiden.
Beispiel einer Staffelregelung in einer gerichtlichen Unterhaltsfestsetzung:
OLG Düsseldorf, Urt. v. 1.4.2009 – II-8 UF 203/08
Zitat
In Anbetracht der tiefgreifenden Folgen, die der Wegfall des Unterhalts für den Lebensstandard der Beklagten haben wird, und der im mittleren Bereich angesiedelten Ehedauer von rund 12 Jahre bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages erscheint es angemessen, die Unterhaltshöhe über einen längeren Zeitraum hinweg langsam abzusenken:
▪ |
800 EUR für die Zeit von Juli 2008 bis Dezember 2008, |
▪ |
600 EUR für die Zeit von Januar 2009 bis Juni 2009, |
▪ |
400 EUR für die Zeit von Juli 2009 bis Dezember 2009, |
▪ |
200 EUR für die Zeit von Januar 2010 bis Juni 2010 und |
▪ |
181 EUR für die Zeit von Juli 2010 bis Dezember 2010 |