I. Vorbemerkung

 

Rz. 78

Die Rechtsschutzversicherung ist eine Schadenversicherung und unterliegt den für die gesamte Schadenversicherung geltenden Bestimmungen des VVG.

Nach dem Grundsatz der freien Anwaltswahl (§ 3 BRAO) hat der VN allein zu entscheiden, welcher Anwalt für ihn tätig sein soll. Der Rechtsschutzversicherer ist lediglich Kostenversicherer und hat die dem VN entstehenden Kosten zu erstatten.

 

Rz. 79

Unmittelbare vertragliche Beziehungen werden im Regelfall zwischen Rechtsschutzversicherer und Rechtsanwalt nicht begründet, gleichwohl hat der vom VN beauftragte Rechtsanwalt Auskunftspflichten gegenüber dem Versicherer, wenn er von diesem – unmittelbar – Vorschusszahlungen entgegennimmt und/oder Kosten beitreibt oder Zahlungen entgegennimmt, die dem Rechtsschutzversicherer gemäß § 17 Abs. 8 ARB 2010 zustehen.

II. Dreiecksverhältnis

 

Rz. 80

Ähnlich wie im Haftpflichtversicherungsrecht (Haftpflichtverhältnis/Deckungsverhältnis) besteht auch in der Rechtsschutzversicherung ein Dreiecksverhältnis:

 

Rz. 81

Es sind somit zwei Verträge zu berücksichtigen, an denen der Mandant/VN beteiligt ist:

Anwaltsvertrag zwischen Mandat und Rechtsanwalt
Versicherungsvertrag zwischen VN (Mandant) und Rechtsschutzversicherer.
 

Rz. 82

Aus dieser Konstellation ergibt sich zwangsläufig, dass der beauftragte Rechtsanwalt nur gegenüber dem Mandanten, nicht gegenüber dem Rechtsschutzversicherer für die Durchführung des Anwaltsvertrags verantwortlich ist. Ebenso kann der VN den Rechtsschutzversicherer nicht in Anspruch nehmen, wenn der beauftragte Rechtsanwalt den ihm erteilten Auftrag nicht ordnungsgemäß ausführt.

Es heißt daher in § 17 Abs. 4 S. 2 ARB 2010 ausdrücklich: "Für die Tätigkeit des Rechtsanwaltes ist der Versicherer nicht verantwortlich." Auch die früheren ARB enthalten diese Klausel.

§ 17 Abs. 3 ARB 2010 enthält ein vertraglich vereinbartes Abtretungsverbot: "Ansprüche auf Rechtsschutzleistungen können nur mit schriftlichem Einverständnis des Versicherers abgetreten werden."

 

Hinweis

Eine Abtretungsvereinbarung sollte mit dem Mandanten getroffen und dann dem Rechtsschutzversicherer zur Genehmigung übersandt werden.

Viele Rechtsschutzversicherer sind mit derartigen Abtretungsvereinbarungen einverstanden, zumal für alle Beteiligten die Abwicklung des Schadens erleichtert und vereinfacht wird. Der Bitte um Genehmigung der Abtretungsvereinbarung kann dadurch "Nachdruck" verliehen werden, dass bei Verweigerung der Genehmigung ein Vorschuss gemäß § 9 RVG gefordert werden muss.

III. Abtretung

 

Rz. 83

Unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen dem beauftragten Rechtsanwalt und dem Rechtsschutzversicherer könnten dadurch begründet werden, dass der VN seinen Befreiungsanspruch von Kosten an den beauftragten Rechtsanwalt abtritt.[35] § 17 Abs. 7 ARB 2010 (ebenso § 20 Abs. 1 ARB 75) enthält ein vertraglich vereinbartes Abtretungsverbot, "es sei denn, dass sich der Versicherer hiermit schriftlich einverstanden erklärt".

[35] Van Bühren, Das Abtretungsverbot in der Rechtsschutzversicherung, zfs 2014, 126 ff.

IV. Deckungszusage

 

Rz. 84

Im Regelfall holt der vom VN unmittelbar beauftragte Rechtsanwalt für seinen Mandanten die Kostenzusage bei dem Rechtsschutzversicherer ein. Es handelt sich hierbei um eine gesonderte anwaltliche Tätigkeit, die auch gesondert (vom Mandanten) zu vergüten ist.

 

Rz. 85

Gegenüber dem Rechtsschutzversicherer besteht insoweit kein Kostenerstattungsanspruch, da lediglich vertragliche Ansprüche geltend gemacht werden, ohne dass ein Versicherungsfall (Verstoß gegen Rechtspflichten) eingetreten ist. Die meisten Rechtsanwälte übernehmen die Einholung der Kostenzusage beim Rechtsschutzversicherer für ihren Mandanten kostenlos als Service-Leistung.

 

Rz. 86

Aber auch durch die Deckungszusage erhält der beauftragte Rechtsanwalt keinen unmittelbaren Zahlungsanspruch gegen den Rechtsschutzversicherer, so dass letztlich der VN darüber entscheidet, ob und wann der von ihm beauftragte Rechtsanwalt Zahlungen vom Rechtschutzversicherer erhält.

 

Rz. 87

 

Beispiel

Beim Anwaltswechsel wird der VN den Rechtsschutzversicherer anweisen, nicht den bisher tätigen Rechtsanwalt zu bezahlen, sondern den später beauftragten Rechtsanwalt.

 

Rz. 88

In Zweifelsfällen – oder auch sonst – sollte der beauftragte Rechtsanwalt gemäß § 9 RVG den fälligen Gebührenvorschuss auch beim Rechtsschutzversicherer anfordern.

 

Rz. 89

Die Deckungszusage des Rechtsschutzversicherers ist ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis, das Einreden und Einwendungen ausschließt, die dem Versicherer bei seiner Abgabe bekannt waren oder mit denen er zumindest rechnen musste.[36]

 

Rz. 90

Dem Rechtsschutzversicherer ist daher verwehrt, mit evtl. Prämienansprüchen oder Rückforderungsansprüchen gegenüber dem beauftragten Rechtsanwalt aufzurechnen, wenn die Aufrechnungsforderung bereits bei Erteilung der Deckungszusage bestand oder vorherzusehen war. Umgekehrt darf auch der beauftragte Rechtsanwalt gegenüber dem Rechtsschutzversicherer nicht mit Gebührenansprüchen (aus anderen Mandaten) gegen den Mandanten aufrechnen, da es insoweit an der Gegenseitigkeit der Forderunge...

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