Rz. 136
Der Geschädigte kann nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB Ersatz der Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot kann der Geschädigte für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen.
Rz. 137
Höhere bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht erforderliche Mietwagenkosten kann der Geschädigte im Hinblick auf die gebotene subjektbezogene Schadensbetrachtung nur ersetzt verlangen, wenn er darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt kein wesentlich günstigerer (Normal-)Tarif zugänglich war. Wird dies vom Geschädigten nicht ausreichend dargelegt und gegebenenfalls bewiesen, legt die Rechtsprechung oft den Normaltarif ohne pauschalen Aufschlag zugrunde. Zu beachten sind auch Hinweise des Versicherers des Schädigers auf Mietwagenangebote. Ein Unfallgeschädigter kann aufgrund der ihn gemäß § 254 Abs. 2 S. 1 BGB treffenden Schadensminderungspflicht auch dann gehalten sein, ein ihm vom Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer vermitteltes günstigeres Mietwagenangebot in Anspruch zu nehmen, wenn dem günstigeren Angebot ein Sondertarif zugrunde liegt, der ihm ohne Mithilfe des Versicherers außerhalb eines Unfallersatzgeschäfts nicht zur Verfügung stünde.
Rz. 138
Allerdings ist Folgendes zu beachten: Bei der Frage nach der Zugänglichkeit eines wesentlich günstigeren Tarifs unterscheidet der Bundesgerichtshof: Steht die "Erforderlichkeit" des geltend gemachten Unfallersatztarifs nicht fest, trifft den Geschädigten die Beweislast dafür, dass ihm ein wesentlich günstigerer Tarif nicht zugänglich war, weil es hier nicht um die Verletzung der Schadensminderungspflicht, sondern um die Schadenshöhe geht. Steht hingegen fest, dass der Unfallersatztarif betriebswirtschaftlich gerechtfertigt ist, sodass er grundsätzlich dem Geschädigten als unfallbedingter Herstellungsaufwand zu ersetzen wäre, möchte jedoch der Schädiger nach § 254 BGB nur einen niedrigeren Schadensersatz leisten, so hat er nach allgemeinen Grundsätzen darzulegen und zu beweisen, dass dem Geschädigten in der konkreten Situation ein günstigerer Normaltarif ohne weiteres zugänglich war. Danach wäre ein Zuschlag zum Normaltarif nur dann gerechtfertigt, wenn der Geschädigte zunächst darlegt und beweist, dass ihm ein günstigerer Tarif nicht zugänglich war. Ist dies bewiesen, ist ein Gegenbeweis der Schädigerseite kaum vorstellbar. Auf die betriebswirtschaftliche Rechtfertigung des vom Geschädigten Unfallersatztarifs kann es bei dieser Sachlage auch nicht ankommen. Zudem wird nach der inzwischen zu beobachtenden Praxis der Gerichte die betriebswirtschaftliche Rechtfertigung des Unfallersatztarifs weitgehend anerkannt und mit einem Zuschlag zum Normaltarif von zumeist 20 % bewertet. Bei welchen Fallgestaltungen sich dann noch der Schädiger mit Erfolg auf eine Verletzung der Schadensminderungspflicht sollte berufen können, ist logisch kaum nachvollziehbar. Hier wird deshalb vorgeschlagen, künftig in allen Fällen, in denen die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs erforderlich war und die Anmietung zu einem Normaltarif oder einem um bis zu 20 % darüber liegenden Unfallersatztarif erfolgte, Einwendungen der Schädigerseite insgesamt unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung der Schadensminderungspflicht (§ 254 BGB) durch den Geschädigten zu beurteilen. Damit könnten auch die nach hier vertretener Ansicht überzogenen Anforderungen an das Vorliegen einer Eil- oder Notsituation (vgl. unten Rdn 146 f.) zurückgefahren werden. Der Unfallgeschädigte verstößt jedenfalls dann nicht gegen seine Pflicht zur Geringhaltung des Schadens, wenn er ein Fahrzeug zum Unfallsatztarif anmietet, weil ihm der Normaltarif mit Rücksicht auf die durch den Unfall hervorgerufene Zwangslage nicht ohne Weiteres zugänglich ist.
Rz. 139
Danach ist es meist erforderlich festzustellen, wie hoch der günstigste dem Geschädigten zugängliche Mietpreis war. Die Art der Schätzungsgrundlage gibt § 287 ZPO nicht vor. Die Schätzung darf nur nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen erfolgen. Auch müssen die für die Regulierung bzw. die gerichtliche Entscheidung wesentlichen Tatsachen berücksichtigt werden. Die für die Streitentscheidung zentralen Fragen sind, wo nötig, unter Berücksichtigung der unerlässlichen fachlichen Erkenntnisse zu klären. Allerdings können in geeigneten Fällen – wie in der Praxis meist – Listen oder Tabellen bei der Schadensschätzung Verwendung finden.
Rz. 140
Der Bundesgerichtshof akzeptiert, dass der Tatrichter bei der...