Rz. 44
a) Bereits 2001 hat Eggert ein dreistufiges Modell für Entschädigungsobergrenzen vorgeschlagen. Das in der neueren Literatur als solches bezeichnete Vier-Stufen-Modell stellt nun eine systematische Beschreibung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für bestimmte Abrechnungssituationen dar. Das Verständnis erfordert eine Definition der verwendeten Begriffe:
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Reparaturaufwand bezeichnet die Aufwendungen, die erforderlich sind, um den unfallkausalen Schaden zu beseitigen, also die Summe aus Reparaturkosten und Minderwert (eventuell gekürzt um den Vorteilsausgleich – neu für alt). |
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Der Wiederbeschaffungswert eines gebrauchten Kraftfahrzeugs ist der nach den Verhältnissen auf dem Gebrauchtwagenmarkt zu ermittelnde Preis, den der Geschädigte aufwenden muss, um von einem seriösen Händler einen dem Unfallfahrzeug entsprechenden Ersatzwagen nach gründlicher technischer Überprüfung (u.U. mit Werkstattgarantie) zu erwerben. |
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Der Wiederbeschaffungsaufwand ist definiert als Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert. |
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Restwert ist der Betrag, der für das beschädigte Fahrzeug auf dem regional zugänglichen allgemeinen oder auf dem überörtlichen Markt bei einem seriösen Restwertaufkäufer zu erzielen ist. |
Rz. 45
b) Die vier Berechnungsmodi richten sich nach der Bewertung der vorgenannten Positionen im Einzelfall. Das übliche Aufbauschema fängt auf der ersten Stufe mit dem unwahrscheinlichsten Fall (Schaden über 130 %) an und endet auf Stufe 4 mit der unproblematischsten Standardabrechnung eines Schadens unterhalb des Wiederbeschaffungsaufwands. Hier wird umgekehrt verfahren.
a) Reparaturaufwand geringer als Wiederbeschaffungsaufwand
Rz. 46
Ist der Reparaturaufwand geringer als der Wiederbeschaffungsaufwand, kann ohne Schwierigkeiten konkret abgerechnet werden. Die Umsatzsteuer ist zu ersetzen, soweit sie angefallen ist.
Rz. 47
Auch eine fiktive Abrechnung bereitet in der Regel keine Schwierigkeiten. Streitig können allerdings die anzusetzenden Stundenverrechnungssätze und weitere Zusatzpositionen (z.B. Verbringungskosten, UPE-Aufschläge) sein. Umsatzsteuer wird nicht ersetzt.
Rz. 48
Bei Erwerb eines höherwertigen Ersatzfahrzeugs kann konkret unter Beschränkung auf den Betrag der Reparaturkosten nebst darauf entfallender, beim Ersatzerwerb tatsächlich angefallener Umsatzsteuer abgerechnet werden.
b) Zwischen Reparaturaufwand und Wiederbeschaffungswert
Rz. 49
Lässt der Geschädigte das Fahrzeug tatsächlich reparieren, kann er grundsätzlich Ersatz der Reparaturkosten verlangen, wenn diese den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen. Eine Anrechnung des Restwerts erfolgt nicht, auch dann nicht, wenn der Geschädigte sich für eine Reparatur entscheidet und diese tatsächlich durchführen lässt und erst danach ein anderes Fahrzeug erwirbt. Die Qualität der Reparatur spielt jedenfalls so lange keine Rolle, wie die geschätzten Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen.
Rz. 50
Lässt der Geschädigte sein unfallbeschädigtes Fahrzeug nicht reparieren, sondern realisiert er durch dessen Veräußerung den Restwert, ist sein Schaden in entsprechender Höhe ausgeglichen. Deshalb wird auch bei Abrechnung nach den fiktiven Reparaturkosten in solchen Fällen der Schadensersatzanspruch durch den Wiederbeschaffungsaufwand begrenzt.
Rz. 51
Ein Unfallgeschädigter kann fiktiv die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts – ohne Abzug des Restwerts – in der Regel nur abrechnen, wenn er das Fahrzeug mindestens sechs Monate weiternutzt und zu diesem Zweck – falls erforderlich – verkehrssicher (teil)reparieren lässt. Vor Ablauf der Sechs-Monats-Frist kann bei tatsächlicher Reparatur des Fahrzeugs nur der konkret angefallene Reparaturaufwand bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts vorbehaltslos ersetzt verlangt werden.
c) Reparaturaufwand zwischen Wiederbeschaffungswert und 130 %
Rz. 52
Der Bundesgerichtshof berücksichtigt, dass die Reparatur des dem Geschädigten vertrauten Fahrzeugs sein Integritätsinteresse regelmäßig in stärkerem Maße befriedigt als eine Ersatzbeschaffung. Er entscheidet bisher in ständiger Rechtsprechung dahin, dass solche Kosten der Instandsetzung zuerkannt werden, die den Aufwand für eine Ersatzbeschaffung in Grenzen übersteigen. Der Toleranzbereich hat sich dahin eingependelt, dass Kosten der Instandsetzung zuerkannt werden können, die den Wiederbeschaffungswert bis zu 30 % übersteigen. Für diese Rechtsprechung sprec...