Rz. 113
Dem Eigentümer eines privat genutzten Pkw, der durch einen Eingriff die Möglichkeit zur Nutzung verliert, steht grundsätzlich ein Anspruch auf Ersatz seines Nutzungsausfallschadens zu. Auch der vorübergehende Entzug der Gebrauchsmöglichkeit eines Motorrads, das dem Geschädigten als einziges Kraftfahrzeug zur Verfügung steht und nicht reinen Freizeitzwecken dient, stellt einen Vermögensschaden dar und kann einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung begründen.
Rz. 114
Die Rechtsprechung greift bei dieser Schadensart nicht auf den Gedanken der Naturalrestitution zurück. Die Nutzungsausfallentschädigung stellt keine aufgrund der Differenzhypothese abzurechnende Vermögenseinbuße dar. Vielmehr wird der Verlust von Gebrauchsvorteilen kompensiert, die sich aus der ständigen Verfügbarkeit einer Sache ergeben. Eine bestimmte Berechnungsmethode gibt der Bundesgerichtshof den Tatgerichten nicht vor. Er akzeptiert die inzwischen allgemein übliche Abrechnung nach den Tabellen von Sanden/Danner/Küppersbusch (vgl. unten Rdn 122). Teilweise wird vertreten, der Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung bestehe auch, wenn kein Ersatzfahrzeug angeschafft bzw. das beschädigte Fahrzeug nicht repariert wird. Der Eigentümer eines privat genutzten Pkw, der die Möglichkeit zur Nutzung seines Pkw einbüßt, kann tatsächlich wegen der ihm entgangenen Gebrauchsvorteile einen Schadenersatzanspruch haben. Voraussetzung hierfür ist indes, dass der mit der Nutzung verknüpfte Gebrauchsvorteil tatsächlich unfallbedingt entzogen worden ist. Anders als beim Sachschaden, den der Geschädigte im Hinblick auf seine Dispositionsfreiheit auch fiktiv auf Gutachtenbasis abrechnen darf, kann er Ersatz für Nutzungsausfall nur verlangen, wenn und soweit ihm der Nutzungsausfall auch tatsächlich entstanden ist; dazu muss er substantiiert vortragen, wie und warum er das Fahrzeug in dem von ihm angegebenen Zeitraum genutzt hätte.
Rz. 115
Nicht jede Nutzungsbeeinträchtigung ist als Schaden auszugleichen. Je nach Art des beschädigten Fahrzeugs und dessen Gebrauch durch den Geschädigten besteht unter Umständen überhaupt kein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung. Auch für den Nutzungsausfallschaden gelten zudem die schadensrechtlichen Grundsätze der subjektbezogenen Schadensbetrachtung, des Wirtschaftlichkeitsgebots und des Bereicherungsverbots. Außerdem ist in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung der wertenden, auch wirtschaftliche Gesichtspunkte abzuwägen, ob die entbehrte Nutzung als durch den Unfall verursachter Vermögensschaden angesehen werden kann. Der Schädiger hat grundsätzlich Nutzungsersatz nur für den Zeitraum zu leisten, der zur Wiederherstellung des vor dem Unfall bestehenden Zustandes erforderlich ist, also im Allgemeinen für die Dauer der Reparatur bzw. der Ersatzbeschaffung. Der Geschädigte ist im Hinblick auf seine Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB) gehalten, die Schadensbehebung in angemessener Frist durchzuführen.
Rz. 116
Benötigt der Geschädigte für die Schadensbehebung einen längeren Zeitraum, ist eine fallbezogene Betrachtung notwendig. Da der Schädiger das Werkstatt- und Prognoserisiko trägt, ist ein längerer Zeitraum in der Regel zu berücksichtigen, wenn sich die Reparatur oder die Ersatzbeschaffung aufgrund von Umständen verzögert, die im Bereich der Werkstatt bzw. des Verkäufers liegen (etwa Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Ersatzteilen). Wird aus sachlich zu akzeptierenden Gründen ein selbstständiges Beweisverfahren durchgeführt, ist auch hinsichtlich des dafür erforderlichen Zeitraums Nutzungsausfallentschädigung zu zahlen.
Rz. 117
Der zu entschädigende Zeitraum kann sich auch etwa verlängern, wenn der Geschädigte die Reparatur oder ein Ersatzfahrzeug mittelbedingt nicht bezahlen bzw. vorfinanzieren kann. Von einem Geschädigten, dem keine finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, kann nur dann verlangt werden, dass er zur Abwendung eines weiteren Schadens in Vorlage tritt, wenn er sich die hierzu erforderlichen Mittel leicht beschaffen kann.
Rz. 118
Ob der Geschädigte zum Zweck der Abkürzung des Ausfallzeitraums seine Vollkaskoversicherung in Anspruch nehmen muss, wird unterschiedlich beurteilt. Es wird die Ansicht vertreten, der Geschädigte müsse seine Vollkaskoversicherung in Anspruch nehmen, wenn er von vornherein damit zu rechnen habe, dass er einen Teil seines Schadens selbst tragen muss. In den Fällen, in denen der Geschädigte davon ausgehen könne, dass der Schädiger voll hafte oder der Verlust des Schadensfreiheitsrabattes gleich oder höher als der zu tragende Schaden zu bewerten sei, sei zur Erfüllung der Schadensminderungspflicht die Vollkaskoversicherung in Anspruch zu nehmen. Für die Frage der Zumutbarkeit komme es nicht allein auf die mögliche volle Haftung des Schädigers an. Vielmehr sei eine Inanspruchnahme des Kaskoversicherers zum Zwecke der Schadensminderung auch zumutbar, wenn der ansonsten drohende Schaden den Verlust des Scha...