Rz. 13

Die Ehe von M und F1 wurde geschieden. Aus der Ehe ist das 5-jährige Kind K1 hervorgegangen, das von F1 betreut wird. M ist Vater des nichtehelichen Kindes neK2, das nach Rechtskraft der Scheidung der Ehe von M und F1 geboren wurde und von M betreut wird. Die Mutter des nichtehelichen Kindes, mit der M nicht mehr zusammenlebt, ist leistungsunfähig. M muss deshalb auch für den Barunterhalt des nichtehelichen Kindes aufkommen. M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von monatlich 2.500 EUR. F1 kann wegen Betreuung des Kindes kein Einkommen erzielen. F1 und K1 verlangen von M Unterhalt.

I. Kindesunterhalt

 

Rz. 14

Das Kind lebt bei M, der wegen Leistungsunfähigkeit der Kindsmutter auch für den Barunterhalt aufkommt.

 

Hinweis

Eine vergleichbare Situation bestünde, wenn das nichteheliche Kind zwar von seiner Mutter betreut würde, M aber der Kindsmutter nicht (mehr) zum Unterhalt verpflichtet wäre.

Der Bedarf von Kindern richtet sich nach der Düsseldorfer Tabelle. Bezüglich der Einzelheiten wird auf Fall 1 verwiesen (siehe § 1 Rdn 1).

M hat ein Einkommen von 2.500 EUR.

Es kommt deshalb grundsätzlich die Einkommensgruppe 3 (2.301 – 2.700 EUR) zur Anwendung.

Es sind 3 Unterhaltsberechtigte vorhanden. Die DT geht von 2 Unterhaltsberechtigten aus.

Eine Herabstufung um eine Einkommensgruppe, also in Einkommensgruppe 2 (1.901 – 2.300 EUR) ist deshalb geboten.

Kind K1 ist 5 Jahre alt, es fällt also in die Altersstufe 1.

Sein Bedarf beträgt damit grundsätzlich 416 EUR.

Das halbe Kindergeld (109,50 EUR) ist bedarfsdeckend anzurechnen.

Der Unterhalt für K1 beträgt somit 306,50 EUR (416 – 109,50 EUR).

Kind K2 ist 1 Jahr alt, es fällt also in die Altersstufe1.

Sein Bedarf beträgt damit grundsätzlich 416 EUR.

Das halbe Kindergeld (109,50 EUR) ist bedarfsdeckend anzurechnen.

Der Unterhalt für K2 beträgt somit 306,50 EUR (416 – 109,50 EUR).

II. Ehegattenunterhalt der F1

1. Anspruchsgrundlage

 

Rz. 15

Es gilt der Grundsatz der Eigenverantwortung. Ein Unterhaltsanspruch besteht nur, wenn einer der Unterhaltstatbestände erfüllt ist (vgl. das Prüfungsschema "Ehegattenunterhalt" in Fall 16, siehe § 3 Rdn 31). Im Fallbeispiel soll ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt gegeben sein.

2. Bedarf der F1

a) Bedarfsbestimmendes Einkommen des M

aa) Vorwegabzug des Kindesunterhalts?

(1) Kind aus erster Ehe

 

Rz. 16

Der Unterhalt für K1, der schon die erste Ehe geprägt hat, ist abzuziehen, und zwar in Höhe des Zahlbetrages.

(2) Kind aus der zweiten Beziehung

 

Rz. 17

Die Frage des Vorwegabzugs des Kindesunterhalts für K2, also die Frage, ob dieser Kindesunterhalt sich mindernd auf den Bedarf der F1 auswirkt, hängt davon ab, wann K2 geboren wurde, ob es vor der nach Rechtskraft der Scheidung von M und F1 geboren wurde. Wurde bspw. das Kind während oder gar vor der Trennung von M und F1 geboren, hätte diese Unterhaltspflicht die ehelichen Lebensverhältnisse von M und F1 geprägt. Ein Vorwegabzug hätte zu erfolgen. K2 würde in der Berechnung wie ein eheliches Kind behandelt (vgl. hierzu Fall 21, siehe § 4 Rdn 74).

Das Kind K2 ist im Fallbeispiel nach Rechtskraft der Scheidung der ersten Ehe geboren. Es hat somit die ehelichen Lebensverhältnisse der ersten Ehe nicht geprägt (vgl. hierzu Fall 46, siehe Rdn 1).

 

BGH, Urt. v. 7.12.2011 – XII ZR 151/09

Die Unterhaltspflichten für neue Ehegatten sowie für nachehelich geborene Kinder und den dadurch bedingten Betreuungsunterhalt nach § 1615l BGB sind nicht bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines geschiedenen Ehegatten nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB zu berücksichtigen.

Der Kindesunterhalt für K2 ist also bei der Bestimmung des Bedarfs der ersten Ehefrau nicht abzuziehen.

Es erfolgt nur ein Vorwegabzug des Kindesunterhalts für K1.

Die verbleibenden 2.193,50 EUR (2.500 – 306,50 EUR) fließen dann in die Berechnung des Bedarfs von F1 ein.

Einkommen M nach Abzug des Kindesunterhalts, der die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hat: 2.193,50 EUR

Weiter ist das Einkommen, soweit es aus Erwerbstätigkeit (und nicht bspw. Kapital oder aus Vermietung oder aus einer Altersversorgung) erzielt wird, um 1/10 zu kürzen (sog. Erwerbstätigenbonus).

Erwerbstätigenbonus: 2.193,50 EUR × 10 % = 219 EUR

Bedarfsbestimmendes Einkommen des M: 2.193,50 – 219 EUR = 1.974,50 EUR

bb) Vorwegabzug eines etwaigen Unterhalts für die Mutter des nichtehelichen Kindes?

 

Rz. 18

Dieses Problem stellt sich hier nicht, da das Fallbeispiel davon ausgeht, dass keine Unterhaltspflicht gegenüber der Mutter des nichtehelichen Kindes K2 besteht.

b) Bedarfsbestimmendes Einkommen der F1

 

Rz. 19

Bereinigtes Nettoeinkommen der F1: 0 EUR

c) Halbteilungsgrundsatz (Grundsatz der gleichen Teilhabe an den ehelichen Lebensverhältnissen)

 

Rz. 20

Bedarfsbestimmendes Einkommen des M: 2.193,50 – 219 EUR = 1.974,50 EUR

Bedarfsbestimmendes Einkommen F1: 0 EUR

Gesamtbedarf: 1.974,50 EUR (1.974,50 + 0 EUR)

Bedarf von F1: ½ von 1.974,50 = 987 EUR

3. Ungedeckter Restbedarf (Unterhaltshöhe)

 

Rz. 21

F hat kein Eigeneinkommen und kann den ermittelten Bedarf auch nicht teilweise selbst decken. F hat somit einen ungedeckten Bedarf von 987 EUR.

4. Leistungsfähigkeit des M

 

Rz. 22

M verbleiben nach Abzug des Ehegattenunterhalts und des Kindesunterhalts für K1 1.206,50 EUR (2.500 – 987 – 306,50 EUR).

Sein Ehegattenmindestselbstbehalt (1.280 EUR) wäre nicht gewahrt.

M ist jedoch auch dem Kind K2 zum Unterhalt verpflichtet.

Nach Abzug weiterer 306,50 EUR Kindesunterhalt für K2 verblieben M nur 900 EUR.

Es liegt ein Mangelfall vor.

Der Kindesunterhalt ist vorrangig (vgl. Fall 20, siehe § 4 Rdn 54); er steht in der Rangfolge an erst...

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