1. Bereinigung der Vergangenheitserfolge
Rz. 83
Die Prognose der künftigen Erträge beruht regelmäßig auf der Grundlage einer genauen Analyse der Ergebnisse vergangener Geschäftsjahre. Die anschließende Beurteilung der bisherigen leistungs- und finanzwirtschaftlichen Entwicklung des zu bewertenden Unternehmens erfolgt anhand von Gewinn- und Verlustrechnungen, Kapitalflussrechnungen, Bilanzen und internen Ergebnisrechnungen. Um die in der Vergangenheit tatsächlich entscheidenden Erfolgsfaktoren erkennbar zu machen, sind die Vergangenheitsrechnungen – üblicherweise der letzten fünf Jahre – zu bereinigen. Dabei sind vor allem die folgenden wesentlichen Gesichtspunkte zu beachten:
Rz. 84
Zunächst sind die Erträge und Aufwendungen im Zusammenhang mit nicht betriebsnotwendigem Vermögen (z.B. Erträge aus nicht betriebsnotwendigen Beteiligungen) zu eliminieren. Denn das nicht betriebsnotwendige Vermögen wird – wie oben erwähnt – gesondert bewertet und dem Ertragswert des betriebsnotwendigen Vermögens hinzugesetzt.
Rz. 85
Der handelsrechtliche Jahresabschluss gewährleistet im Hinblick auf das bereits erwähnte Realisationsprinzip nicht immer eine zutreffende Periodenzuordnung der erwirtschafteten Erfolge. Halbfertige Erzeugnisse z.B. werden im Jahresabschluss stets nur (maximal) mit den bereits angefallenen Herstellungskosten angesetzt (§ 253 Abs. 1 HGB). In welchem Umfang bereits eine darüber hinausgehende Wertschöpfung stattgefunden hat (z.B. gemessen am späteren Verkaufspreis) wird nicht berücksichtigt. Für Zwecke der Unternehmensbewertung ist aber – abweichend von der Bilanz – ein Ansatz zu anteiligen Verkaufserlösen angebracht. Ähnliche Herausforderungen stellen sich auch bei der Zuordnung anderer wesentlicher aperiodischer Aufwendungen und Erträge, beispielsweise bei der Bildung und Auflösung langfristiger Rückstellungen oder bei der Vereinnahmung von Versicherungsleistungen.
Rz. 86
Auch die Ausübung von Bilanzierungswahlrechten bzw. ein Wechsel der gewählten Alternative (insbesondere bei Bewertungswahlrechten) kann zu nicht mit der Ertragskraft des Unternehmens zusammenhängenden Ergebnisveränderungen führen. Derartige Effekte müssen ebenfalls bereinigt werden.
Rz. 87
Schließlich sind auch andere spezifische Erfolgsfaktoren des Unternehmens, die bei einem gedachten Eigentümerwechsel wegfallen würden, zu identifizieren und ihre Erfolgsbeiträge zu bereinigen. Das gilt insbesondere für personenbezogene Aspekte (Mitarbeit des Eigentümers oder/und seiner Angehörigen), aber auch beispielsweise für besondere Einkaufs- oder Absatzbeziehungen im Rahmen eines Konzernverbundes.
Rz. 88
Vielfach führen Korrekturen in einzelnen Jahren auch zu Folgeänderungen in davor oder danach liegenden Perioden. Oft ergeben sich auch Folgeeffekte bei weiteren ergebnisabhängigen Aufwendungen wie z.B. Ertragsteuern und Tantiemen.
2. Planung und Prognose (Phasenmethode)
Rz. 89
Der Unternehmenswert hängt entscheidend von der zukünftigen Ertragskraft des Unternehmens ab. Deren Einschätzung erfordert (vom Stichtag aus betrachtet) eine entsprechende Zukunftsprognose. Um diese zu treffen, kommen im Wesentlichen zwei methodische Ansätze in Betracht:
Rz. 90
Die älteren Lehrmeinungen in der Betriebswirtschaftslehre gingen überwiegend davon aus, dass der Zukunftserfolg als einheitliche Schätzgröße aus einem Durchschnitt der in der Vergangenheit bzw. Gegenwart erwirtschafteten Erfolge abgeleitet werden könne. Dabei wurden alle den Erfolg beeinflussenden Faktoren global in ein einheitliches Ergebnis einbezogen. Auf eine Einzelbetrachtung der für den zukünftigen Erfolg verantwortlichen Faktoren, Chancen und Risiken wurde bewusst verzichtet, um so der Gefahr von Fehleinschätzungen hinsichtlich einzelner Erfolgskomponenten entgegenzuwirken und daraus resultierende Verzerrungen des Gesamtergebnisses zu vermeiden.
Rz. 91
Mittlerweile hat sich jedoch die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Prognose auf detaillierteren Planungen der Zukunftsergebnisse beruhen sollte. Dabei sind für alle wesentlichen erfolgswirksamen Faktoren einzelne Pläne aufzustellen, die – jeder für sich – mit den entsprechenden Vergangenheitsergebnissen korrelieren.
Rz. 92
Logischerweise nehmen die Planungsunsicherheiten mit wachsendem zeitlichem Abstand zum Stichtag zu. Daher wird die – jedenfalls theoretisch unendliche – Zukunft des Unternehmens in verschiedene Planungsphasen untergliedert, und zwar üblicherweise in zwei Phasen:
Rz. 93
Für die erste, also dem Stichtag am nächsten liegende Phase (drei bis maximal fünf Jahre), könne...