1. Grundlagen
Rz. 97
Der Unternehmenswert ist der Zukunftserfolgswert des Unternehmens, also der auf den Bewertungsstichtag diskontierte Barwert der künftigen finanziellen Überschüsse. Dabei wird in der Regel eine unbegrenzte Lebensdauer des zu bewertenden Unternehmens unterstellt; nur bei Bestehen konkreter Anhaltspunkte für eine nur begrenzte Lebensdauer ist dies entsprechend zu berücksichtigen.
Rz. 98
Bei unterstellter unbegrenzter Lebensdauer des Unternehmens entspricht der Unternehmenswert dem Barwert der künftigen finanziellen Überschüsse aus dem betriebsnotwendigen Vermögen zuzüglich des Barwerts der künftigen finanziellen Überschüsse aus dem nicht betriebsnotwendigen Vermögen. Bei nur begrenzter Lebensdauer ist im Rahmen der Barwertermittlung der Zeitpunkt der Aufgabe des Unternehmens zu berücksichtigen; der Barwert der künftigen finanziellen Überschüsse aus der Unternehmensaufgabe (z.B. der Liquidation) ist dem Barwert der laufenden finanziellen Überschüsse hinzuzuaddieren.
2. Berücksichtigung des Risikos
Rz. 99
Die zukunftsbezogene Bewertung bringt unweigerlich Prognoseunsicherheiten mit sich. Hinzu kommen die mit einem unternehmerischen Engagement stets verbundenen Chancen und Risiken. Diese Faktoren sind bei der Bestimmung des Abzinsungsfaktors durch eine Risikoprämie zu berücksichtigen. Die betriebswirtschaftliche Theorie und auch die Praxis gehen insoweit übereinstimmend davon aus, dass die Wirtschaftssubjekte künftige Risiken stärker gewichten als zukünftige Chancen (Risikoaversion).
Rz. 100
Theoretisch könnte diese Risikoeinstellung durch einen Abschlag von den zukünftig erwarteten finanziellen Überschüssen berücksichtigt werden (Sicherheitsäquivalenzmethode, Ergebnisabschlagsmethode). Standard ist jedoch die Anwendung der sog. Zinszuschlagsmethode. Diese hat den Vorteil, dass sie sich auf empirisch beobachtbares Verhalten stützen kann und damit eine marktorientierte Vorgehensweise bei der Bemessung von Risikozuschlägen ermöglicht. Im Hinblick auf die Problematik einer eindeutigen Abgrenzung sollte jedoch nicht zwischen unternehmensspeziellen und allgemeinen Risiken unterschieden und das (gesamte) Unternehmerrisiko ausschließlich im Kapitalisierungszinssatz berücksichtigt werden.
Rz. 101
In der Praxis kann die Höhe des Risikozuschlags nur mit vereinfachenden Annahmen festgelegt werden. Hierfür bilden am Markt beobachtete Risikoprämien zumeist eine geeignete Ausgangsgröße. Sie sind dann an die Besonderheiten des jeweiligen Bewertungsfalls anzupassen. Eine bloße Übernahme beobachteter Risikoprämien scheidet grundsätzlich aus, da sich das zu bewertende Unternehmen naturgemäß mehr oder weniger stark von den Vergleichsunternehmen, für die Risikoprämien am Markt tatsächlich beobachtet wurden, unterscheidet. Dies kann sowohl externe als auch interne Faktoren, beispielsweise Standort-, Umwelt- und Branchenfaktoren, aber auch die Kapitalstruktur, die Kundenabhängigkeit oder die Produktpalette betreffen.
Außerdem müssen etwa für die Vergangenheit beobachtete Risikoprämien an die Verhältnisse zum Bewertungsstichtag angepasst werden. Dies gilt umso mehr, als der zu ermittelnde Zinssatz auf zukünftige Erträge anzuwenden ist. Schließlich ist zu beachten, dass der unternehmensspezifische Risikozuschlag sowohl das operative Risiko aus der Art der betrieblichen Tätigkeit als auch das vom Verschuldungsgrad beeinflusste Kapitalstrukturrisiko abdecken muss.
Rz. 102
Als marktgestützte Methoden zur Ermittlung des Risikozuschlags sind insbesondere das Capital Asset Pricing Modell (CAPM) und das Tax Capital Asset Pricing Modell (Tax-CAPM) verbreitet und anerkannt.
3. Berücksichtigung persönlicher Ertragsteuern im Kapitalisierungszinssatz
Rz. 103
Zum Vergleich der aus dem bewertungsgegenständlichen Unternehmen zu erzielenden finanziellen Überschüsse mit einer gleichartigen Alternativinvestition in (andere) Unternehmen wird im Rahmen der Ermittlung eines objektivierten Unternehmenswerts zumeist typisierend auf die Renditen eines Aktienportfolios als Ausgangsgröße abgestellt. Sofern die zu diskontierenden finanziellen Überschüsse um persönliche Ertragsteuern vermindert werden, muss auch der Kapitalisierungszinssatz unter entsprechender unmittelbarer Berücksichtigung der persönlichen Ertragsteuern angesetzt werden.
4. Berücksichtigung wachsender finanzieller Überschüsse
Rz. 104
Im Rahmen einer zukunftsbezogenen Bewertung ist davon auszugehen, dass die zu kapitalisierenden finanziellen Überschüsse auch durch Preisänderungen beeinflusst werden. Diese sind auch im Rahmen der Unternehmensbewertung zu berücksichtigen. Dabei werden die ...