Ralf Knaier, Dr. Peter Stelmaszczyk
Rz. 303
Der wesentliche Unterschied des Formwechsels ggü. den anderen Arten der Umwandlung liegt in der wirtschaftlichen Kontinuität des Rechtsträgers vor und nach dem Formwechsel. Diese Kontinuität beruht zum einen auf der Identität des Personenkreises (vgl. § 202 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 UmwG; vgl. zu den daraus resultierenden Schwierigkeiten mit der Komplementär-GmbH und dem Meinungsstreit dazu u. Rdn 313 ff.) und zum anderen auf der Tatsache, dass der Vermögensbestand des Rechtsträgers vor und nach dem Formwechsel gleichbleibt. Eine Vermögensübertragung findet nicht statt. Durch den Formwechsel soll sich lediglich die rechtliche Organisation des Unternehmensträgers, dem vor und nach der Umwandlung dasselbe Vermögen zugeordnet wird, ändern. Eine Vermögensübertragung findet nicht statt. In der Lit. spricht man auch von dem "identitätswahrenden Formwechsel" unter bloßem "Rechtskleidwechsel". Konsequenz daraus ist z.B., dass nur ein Rechtsträger am Formwechsel beteiligt ist, sodass es keine Formwechselverträge, sondern nur einen Formwechselbeschluss bzw. dessen Entwurf gibt. Der Formwechsel ist in der Praxis besonders aus grunderwerbssteuerlicher Sicht interessant.
Rz. 304
Durch die Möglichkeit des Formwechsels von Kapitalgesellschaften in Personenhandelsgesellschaften und umgekehrt wird die grds. Zweiteilung des deutschen Gesellschaftsrechts in juristische Personen und Gesamthandgemeinschaften für den Bereich des Umwandlungsrechts aufgehoben. Das Umwandlungssteuerrecht behandelt demgegenüber auch den Formwechsel wie eine Verschmelzung als Vermögensübergang auf eine Personengesellschaft bzw. als Einbringung in eine Kapitalgesellschaft (s. dazu o. Rdn 55 ff.).
Für einen Formwechsel gibt es die verschiedensten Motive wie z.B. den Gang in die Kapitalgesellschaft, die Haftungsbegrenzung, die Vorbereitung einer Betriebsaufspaltung, die Trennung von Kapital und Management, die Planung der Nachfolge, die Vorbereitung von Kapitalbeschaffungsmaßnahmen durch Formwechsel in die AG ("Going Public") sowie die Vorbereitung eines Börsengangs durch den Formwechsel in eine AG ("IPO") oder spiegelbildlich den Rückzug von der Börse ("Going Privat") durch Formwechsel aus der AG ("Cold Delisting").
Rz. 305
Für den Wechsel von der Kapitalgesellschaft in die Personengesellschaft sprechen ggf. steuerliche Vorteile, die Senkung von Verwaltungskosten (insbes. Kosten der Rechnungslegung etc.), die Vermeidung der Gefahr verdeckter Gewinnausschüttungen, die Flucht aus den Publizitätsvorschriften des HGB sowie die Flucht aus der Unternehmensmitbestimmung nach dem Mitbestimmungsgesetz (MitbestG), dem Montanmitbestimmungsgesetz (MontanMitbestG) und dem Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbetG) durch den Wegfall des Aufsichtsrates.
Für den Wechsel vom Verein in die Kapitalgesellschaft kann die Trennung von Mitgliedern und Management und die Anpassung aufgrund eines gewandelten Vereinszwecks (vgl. z.B. Bundesliga-Fußballvereine) sprechen (s. zur Ausgliederung o. Rdn 284 ff.).
Auch ein aufgelöster Rechtsträger kann noch formgewechselt werden, wenn seine Fortsetzung in der bisherigen Rechtsform beschlossen werden könnte (§ 191 Abs. 3 UmwG, s. aber auch § 214 Abs. 2 UmwG für die Personenhandelsgesellschaft).
Für den Formwechsel von Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts bestehen in den §§ 301 ff. UmwG Sonderregelungen. Danach steht den Anstalten und Körperschaften des öffentlichen Rechts der Formwechsel nur in Kapitalgesellschaften offen, sie rechtsfähig sind und das maßgebende Bundes- oder Landesrecht einen solchen Formwechsel vorsieht. Auf diese Vorgänge ist primär das diesbezügliche Bundes- oder Landesrecht anwendbar und i.Ü. die allgemeinen Vorschriften zum Formwechsel.
Durch das MoPeG kann die eingetragene GbR (eGbR) nun auch weit reichend an Umwandlungsmaßnahmen teilnehmen).
Bis vor Kurzem regelte das UmwG lediglich den innerstaatlichen Formwechsel. Durch die Umsetzung der neuen "Umwandlungsrichtlinie" durch das UmRUG (dazu ausführlich Rdn 402 ff.) besteht seit dem 1.3.2023 im deutschen Recht auch die Möglichkeit des grenzüberschreitenden Formwechsels innerhalb der EU auf Grundlage eines kodifizierten Rechtsrahmens durchzuführen. Dieser erfreut sich in den letzten Jahren steigender Beliebtheit.