Ralf Knaier, Dr. Peter Stelmaszczyk
a) Begriffsbestimmung
Rz. 490
Der Begriff "Einbringung" entstammt dem Umwandlungssteuerrecht (§§ 20, 24 UmwStG). Dort wird als Einbringung die Verschaffung des zivilrechtlichen bzw. wirtschaftlichen Eigentums oder Nutzungsrechts an einem Betrieb oder Teilbetrieb oder an bestimmten Beteiligungen im Rahmen einer Einlage in eine Kapital- oder Personengesellschaft bezeichnet. Die Vermögensübertragung kann entweder durch Gesamtrechtsnachfolge oder durch Einzelrechtsübertragung erfolgen. Zwingend ist die Gewährung neuer Anteile am übernehmenden Rechtsträger.
Vorliegend wird ein ggü. dem UmwStG modifizierter Begriff der Einbringung zugrunde gelegt. Als Einbringung werden alle Vermögensübertragungen (also auch Übertragungen von einzelnen Wirtschaftsgütern, die keinen Betrieb oder Teilbetrieb bilden) auf eine Kapital- oder Personengesellschaft im Wege der Einzelrechtsnachfolge verstanden, die durch eine bereits bestehende oder zukünftige Gesellschafterstellung des einbringenden Rechtssubjekts motiviert sind und für die als Gegenleistung entweder Anteile am aufnehmenden Rechtsträger gewährt werden oder aber keine Gegenleistung erfolgt.
Kennzeichnend für Einbringungsvorgänge im hier verstandenen Sinn ist also die Vermögensübertragung im Wege der Einzelrechtsnachfolge. Entsprechend bestehen Einbringungsvorgänge aus einem Verpflichtungsgeschäft und einem sachenrechtlichen Verfügungsgeschäft. Sofern die Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen erfolgt, bilden entweder die Sachgründung einer neuen Gesellschaft oder die Sachkapitalerhöhung bei einer bestehenden Gesellschaft die Rechtsgrundlage für die Übertragung der Vermögensgegenstände.
Rz. 491
Nachfolgend werden zunächst die bei der rechtsgeschäftlichen Übertragung von Vermögensgegenständen im Wege der Einzelrechtsnachfolge zu beachtenden Grundsätze dargestellt. Nach dieser Darstellung der Verfügungsgeschäfte im Rahmen einer Einbringung werden die entsprechenden gesellschaftsrechtlichen Verpflichtungsgeschäfte erläutert.
b) Rechtsgeschäftliche Übertragung von Vermögensgegenständen im Rahmen einer Einbringung
Rz. 492
Die Übertragung von Vermögensgegenständen auf die aufnehmende Kapital- oder Personengesellschaft erfolgt i.R.d. Einzelrechtsnachfolge. Das Eigentum an jedem Vermögensgegenstand muss daher einzeln und nach den jeweiligen spezifischen gesetzlichen Regelungen übertragen werden.
Dies bedeutet, dass bewegliche Sachen gem. §§ 929 ff. BGB übertragen werden. Die Eigentumsübertragung von Grundstücken bedarf der Auflassung und Eintragung ins Grundbuch (§§ 873, 925 BGB). Forderungen und andere Rechte sind durch Abtretung zu übertragen (§§ 398 ff., 413, 1154 BGB).
aa) Einbringungsvertrag
Rz. 493
Die für die Rechtsübertragung notwendigen Rechtgeschäfte werden meist in einem gesonderten Einbringungsvertrag zusammengefasst. Der Einbringungsvertrag enthält in der Praxis neben den für die Übertragung notwendigen Willenserklärungen häufig auch Regelungen über die näheren Modalitäten der Einbringung (z.B. Einbringungsstichtag, steuerliche Wertansätze, notwendige Zustimmungen Dritter).
Rz. 494
Beim Abschluss des Einbringungsvertrages sind die jeweiligen Formvorschriften für die rechtsgeschäftliche Eigentumsübertragung zu beachten. So ist bei der Übertragung eines Grundstückes auf eine Gesellschaft der Einbringungsvertrag als Verfügungsgeschäft zwar nicht gem. § 311b Abs. 1 BGB notariell zu beurkunden. Da der Einbringungsvertrag jedoch die Auflassung enthält, ist die notarielle Beurkundung nach § 925 BGB erforderlich. Auch bei der Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen muss gem. § 15 Abs. 3 GmbHG die dingliche Abtretung notariell beurkundet werden.
Sofern im Zusammenhang mit der Einbringung notariell zu beurkundende gesellschaftsrechtliche Maßnahmen wie Gründungen oder Kapitalerhöhungen erfolgen, empfiehlt es sich, den Einbringungsvertrag zusammen mit den notarieller Niederschriften dieser Vorgänge zu beurkunden. Die Mitbeurkundung des Einbringungsvertrages löst dann keine gesonderte Gebühr nach der Kostenordnung mehr aus.
Vertragspartner des Einbringungsvertrages sind der einbringende (Neu-)Gesellschafter als bisheriger Eigentümer und die aufnehmende Kapital- oder Personengesellschaft, die durch die jeweils vertretungsberechtigten Organe vertreten wird.
Hinweis
Sofern der Vertreter der aufnehmenden Gesellschaft mit dem einbringenden Gesellschafter identisch ist, muss der Gesellschaftsvertrag bzw. die Satzung die Befreiung des Vertreters von den Beschränkungen des § 181 BGB vorsehen oder es muss per Gesellschafterbeschluss vorab eine Befreiung für den Einzelfall erfolgen.
Rz. 495
Wenn die Einbringung i.R.d. Gründung einer Gesellschaft erfolgt, muss der Einbringungsvertrag eine juristische (logische) Sekunde nach dem Entstehen der jeweiligen (Vor-)Gesellschaft, d.h. nach Beurkundung des jeweiligen Gründungsvorgangs, abgeschlossen werden, damit ein tauglicher Vertragspartner für den Einbringungsvertrag existiert. Die Vor-GmbH wird durch die ersten Geschäftsführer und die Vor-AG durch den ersten Vorstand vertreten.