Ralf Knaier, Dr. Peter Stelmaszczyk
a) Gesellschaftsrecht
Rz. 579
Durch eine Realteilung (auch "Naturalteilung" genannt) kann das Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft auf die Gesellschafter aufgeteilt (übertragen) werden. Die Realteilung führt zu einer Aufspaltung und Beendigung der Personengesellschaft. Nicht möglich ist eine Realteilung bei Kapitalgesellschaften.
Rz. 580
Wie der Begriff "Einbringung" entstammt auch der Begriff "Realteilung" dem Steuerrecht. In § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG finden sich Regelungen für die einkommensteuerliche Behandlung der Realteilung. Die Realteilung ist eine besondere Art der Auseinandersetzung einer Personengesellschaft, bei der das Gesellschaftsvermögen nicht liquidiert wird, sondern auf die Gesellschafter aufgeteilt wird. Bei der Realteilung kommt es auf Gesellschaftsebene zu einer Einstellung der Tätigkeit der Personengesellschaft; dies unterscheidet die Realteilung vom Ausscheiden eines oder mehrerer Gesellschafter gegen (Sach-)Abfindung.
Rz. 581
Gem. § 145 Abs. 1 HGB a.F. bzw. seit dem 1.1.2024 gem. § 735 Abs. 2 BGB n.F. bedarf die Realteilung als "andere Art der Auseinandersetzung" einer besonderen Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern. Diese Vereinbarung kann bereits im Gesellschaftsvertrag festgelegt sein. Zulässig ist auch ein späterer Gesellschafterbeschluss über die Beendigung der Gesellschaft und Verteilung des Gesellschaftsvermögens im Wege der Realteilung. Dieser Gesellschafterbeschluss kann noch während des Liquidationsverfahrens getroffen werden, sodass die Liquidation eingestellt wird und das verbleibende Gesellschaftsvermögen auf die Gesellschafter aufgeteilt wird.
Sofern der Gesellschaftsvertrag nicht zwingend die Realteilung des Gesellschaftsvermögens vorsieht, muss sie von allen Gesellschaftern grds. einstimmig beschlossen werden.
Hinweis
Der Gesellschaftsvertrag kann allerdings einen Mehrheitsbeschluss zulassen. Eine derartige Mehrheitsklausel ist jedoch nur wirksam, wenn sie ausreichend bestimmt ist. Es reicht daher nicht aus, wenn im Gesellschaftsvertrag nur die grds. Möglichkeit eines Beschlusses über eine Realteilung genannt wird, ohne konkrete Kriterien anzugeben, nach denen die Aufteilung erfolgen wird. Es muss vielmehr aus dem Gesellschaftsvertrag bereits ersichtlich sein, in welcher Art und Weise die Realteilung aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses erfolgen kann.
Rz. 582
Die Realteilung wird durchgeführt, indem die einzelnen Vermögensgegenstände der Gesellschaft im Wege der Einzelübertragung entsprechend den jeweiligen sachenrechtlichen Vorschriften auf die Gesellschafter übertragen werden. Bei Sachgesamtheiten, z.B. Unternehmensteilen, muss dabei der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz beachtet werden. Nachdem sämtliche Vermögensgegenstände der Gesellschaft verteilt sind, endet die dann vermögenslose Gesellschaft.
b) Steuerlicher Überblick
Rz. 583
Durch eine Realteilung kann eine Personengesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen gewinnneutral auseinandergesetzt werden. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine steuerneutrale Realteilung finden sich in § 16 Abs. 3 Satz 2–4 EStG. Danach muss der aufnehmende Gesellschafter im Rahmen einer Realteilung für die einzelnen Wirtschaftsgüter zwingend die Buchwerte der übertragenden Personengesellschaft fortführen, wenn Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile oder einzelne Wirtschaftsgüter in sein Betriebsvermögen übertragen werden und die Besteuerung der stillen Reserven bei ihm sichergestellt ist. Die Realteilung unterscheidet sich steuerlich von der Betriebsaufgabe (§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG), bei der das Betriebsvermögen der Gesellschaft veräußert oder ins Privatvermögen der Gesellschafter überführt wird. Ebenfalls von der Realteilung abzugrenzen ist das Ausscheiden nur einzelner Gesellschafter aus der Personengesellschaft gegen Bar- oder in das steuerliche Privatvermögen übergehende Sachabfindung; in diesen Fällen erfolgt eine Gewinnrealisierung nach § 16 Abs. 1 EStG beim ausscheidenden Gesellschafter, während es bei der Gesellschaft selbst bzw. den verbleibenden Gesellschaftern nicht zu einer Gewinnrealisierung kommt. Eine einkommensteuerliche Realteilung kann auch dann vorliegen, wenn ein Mitunternehmer unter Mitnahme jeweils eines Teilbetriebs aus der Personengesellschaft ausscheidet und die Personengesellschaft von den verbleibenden Mitunternehmern fortgeführt wird. Dies gilt auch für den Fall der Übernahme einzelner Wirtschaftsgüter und wohl auch für den Fall der Übernahme eines Mitunternehmeranteils. Der Begriff der Realteilung umfasst daher nach dem aktuellen Verständnis des BFH und der Finanzverwaltung die Fälle der "echten" Realteilung (= Mitunternehmerschaft wird aufgelöst) und die Fälle der "unechten" Realteilung (= Mitunternehmerschaft bleibt bestehen und mindestens ein Mitunternehmer scheidet unter Mitnahme von Betriebsvermögen aus).
Rz. 584
Wesentlich ist also, dass die Wirtschaftsgüter der realgeteilten Personengesellschaft in ein anderes B...