Ralf Knaier, Dr. Peter Stelmaszczyk
Rz. 588
Durch die dargestellten Umstrukturierungsmethoden können wirtschaftlich vergleichbare Ergebnisse erreicht werden wie mit Umwandlungen nach dem UmwG. Die Verfahren und die Durchführung der dargestellten Umstrukturierungen unterscheiden sich jedoch wesentlich von Umwandlungen nach dem UmwG. Aufgrund der wirtschaftlichen Austauschbarkeit der unterschiedlichen Umwandlungsverfahren stellt sich die Frage, wie die Verfahrensunterschiede gerechtfertigt werden können, oder ob nicht eine Vereinheitlichung angestrebt werden sollte. Eine derartige Vereinheitlichung könnte dadurch erreicht werden, dass durch das Umwandlungsrecht die Zulässigkeit von Umstrukturierungen nach allgemeinen Vorschriften eingeschränkt wird. Denkbar wäre aber auch, bestimmte Vorschriften des UmwG, insb. Vorschriften, die dem Minderheitenschutz dienen, analog auf Umstrukturierungen nach allgemeinen Vorschriften anzuwenden. In diesem Abschnitt wird daher untersucht, ob und in welchem Umfang das UmwG Ausstrahlungswirkung auf Umstrukturierungen nach allgemeinen Vorschriften entfaltet.
a) Numerus clausus des UmwG und Zulässigkeit von Umstrukturierungen nach allgemeinen Vorschriften
Rz. 589
Fraglich ist zunächst, inwieweit Umstrukturierungen nach allgemeinen Vorschriften unter der Geltung des Umwandlungsrechts noch zulässig sind. Nach § 1 Abs. 2 UmwG ist eine Umwandlung i.S.v. § 1 Abs. 1 UmwG außer in den im UmwG geregelten Fällen nur dann möglich, wenn sie durch ein anderes Bundes- oder Landesgesetz ausdrücklich vorgesehen ist. Damit wird klargestellt, dass die in § 1 Abs. 1 UmwG genannten Umwandlungsmöglichkeiten (Verschmelzung, Spaltung, Vermögensübertragung, Formwechsel) nicht beliebig durchgeführt werden können, sondern nur entsprechend den spezifischen Regelungen des UmwG.
Dieser in § 1 Abs. 2 UmwG normierte numerus clausus der Umwandlungsmöglichkeiten erlangt bei der Frage Bedeutung, welche Rechtsträger umwandlungsfähig sind. Sofern eine bestimmte Rechtsform nach dem UmwG nicht beteiligungsfähig ist, kann sie an keiner Umwandlung nach dem UmwG beteiligt sein. Eine analoge Anwendung der Vorschriften des UmwG auf Umwandlungen unter Beteiligung eines vom UmwG nicht erfassten Rechtsträgers wird durch § 1 Abs. 2 UmwG grds. ausgeschlossen. Der numerus clausus hatte zunächst etwa die Umwandlung von Partnerschaftsgesellschaften ausgeschlossen. Erst durch deren Aufnahme in den Kreis der beteiligungsfähigen Rechtsträger (§§ 3, 191 UmwG) wurde diese Lücke gesetzlich geschlossen.
Rz. 590
Da sich § 1 Abs. 2 UmwG ausdrücklich auf Umwandlungen i.S.v. § 1 Abs. 1 UmwG bezieht, trifft die Vorschrift allerdings keine Aussage über die Zulässigkeit von Umstrukturierungen, die nicht in § 1 Abs. 1 UmwG genannt sind. Durch § 1 Abs. 2 UmwG werden daher Umwandlungen anderer Art nicht ausgeschlossen. Es gibt also keinen Zwang zur Verwendung der im UmwG angebotenen Gestaltungsmöglichkeiten. Entsprechend liest man in der Regierungsbegründung zum UmwG:
Zitat
"Die von dem neuen UmwG eröffneten Möglichkeiten der Umwandlungen in all ihren Formen treten neben die nach allgemeinem Zivil- oder Handelsrecht schon jetzt möglichen Methoden, die Vereinigung, Realteilung oder Umgründung von Rechtsträgern durchzuführen. Die zwingenden Vorschriften des UmwG müssen demnach nur dann beachtet werden, wenn sich die beteiligten Rechtsträger der Vorteile bedienen wollen, die das Gesetz und die mit ihm verbundenen steuerrechtlichen Regelungen mit sich bringen."
Hinweis
Damit wird deutlich, dass der Gesetzgeber durch das UmwG Umstrukturierungen nach allgemeinen Vorschriften nicht einschränken wollte. Fazit: Umstrukturierungen außerhalb des UmwG sind durch den numerus clausus des Umwandlungsrechts nicht ausgeschlossen.
b) Anwendung von Verfahrensvorschriften des UmwG auf Umstrukturierungen nach allgemeinen Vorschriften
Rz. 591
Eine Angleichung von wirtschaftlich vergleichbaren Umstrukturierungsverfahren nach allgemeinen Vorschriften an umwandlungsrechtliche Vorgänge könnte auch dadurch erreicht werden, dass auf Umstrukturierungsverfahren bestimmte Vorschriften des UmwG analog angewendet werden. Dazu müsste deren analoge Anwendung jedoch zunächst überhaupt zulässig sein.
aa) Umfang des Analogieverbotes in § 1 Abs. 2 UmwG
Rz. 592
Wie soeben dargelegt wurde, enthält § 1 Abs. 2 UmwG das Verbot, die Vorschriften des UmwG analog bei der Beteiligung von Rechtsträgern, die nach dem UmwG nicht umwandlungsfähig sind, anzuwenden. Eine explizite Aussage darüber, ob Wertungen des Umwandlungsrechts auch auf vergleichbare Umstrukturierungen außerhalb des UmwG übertragen werden können, enthält § 1 Abs. 2 UmwG jedoch nicht. Daher ist es nicht möglich, aus § 1 Abs. 2 UmwG ein Analogieverbot im weiteren Sinne abzuleiten. Es ist vielmehr grds. denkbar, dass Wertungen des Umwandlungsrechts Ausstrahlungswirkung auf andere Vorgänge entfalten können.
Dabei ist allerdings zu beachten, dass viele umwandlungsrechtliche Verfahrensvorschriften rechtsformunabhängig sind und bei der Einbeziehung von unterschiedlichsten Rechtsformen anwendbar sind. Sofern derartige Vorschriften ana...