Ralf Knaier, Dr. Peter Stelmaszczyk
Rz. 476
Für grenzüberschreitenden Verschmelzungen und Spaltungen statuieren die nationalen Umsetzungsregelungen in Einklang mit den Richtlinienvorgaben zusätzlich einen Anspruch auf Verbesserung des Umtauschverhältnisses. Allerdings differenziert die GesRRL dabei im Gegensatz zum bisherigen deutschen Recht nicht zwischen den Anteilsinhabern übertragender und übernehmender Gesellschaften (Art. 126a Abs. 6, 160i Abs. 6 GesRRL). Der Gesetzgeber des UmRUG hat dies zum Anlass genommen, das deutsche Umwandlungsrecht über die Richtlinienvorgaben hinaus dergestalt weiterzuentwickeln, dass nunmehr sowohl bei grenzüberschreitenden als auch bei innerstaatlichen Verschmelzungen und Spaltungen nicht nur die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers, sondern auch die Anteilsinhaber des übernehmenden Rechtsträgers einen im Spruchverfahren geltend zu machenden Anspruch auf Verbesserung des Umtauschverhältnisses haben; im Gegenzug sind diesbezügliche Anfechtungsklagen ausgeschlossen (§§ 14 Abs. 2, 15 Abs. 1, 125 Abs. 1 Satz 1, 305 Abs. 2, 320 Abs. 2 UmwG).
Rz. 477
Diese Lösung ist zu begrüßen. Eine Differenzierung zwischen Anteilsinhabern des übertragenden und des übernehmenden Rechtsträgers ist in der Sache nicht gerechtfertigt, denn ein unangemessenes Umtauschverhältnis kann entweder für die einen oder für die anderen Anteilsinhaber nachteilig sein; zudem besteht auch bei der übernehmenden Gesellschaft das Bedürfnis, eine Blockade der Umwandlungsmaßnahme durch eine Anfechtungsklage wegen eines unangemessenen Umtauschverhältnisses auszuschließen.
Rz. 478
Daneben schafft das UmRUG die Möglichkeit, anstelle einer baren Zuzahlung zusätzliche Aktien zu gewähren; auch diese Option ist gleichermaßen für innerstaatliche und grenzüberschreitende Verschmelzungen und Spaltungen und zusätzlich auch für innerstaatliche Formwechsel vorgesehen (§§ 72a, 72b, 125 Abs. 1 Satz 1, 142a, 248a, 305 Abs. 2, 320 Abs. 2 UmwG, § 10a SpruchG). Die dadurch eröffnete Flexibilität ist nicht nur unter dem Aspekt der Liquiditätsschonung zu begrüßen. Sie trägt auch der grds. Erwägung Rechnung, dass die durch ein fehlerhaftes Umtauschverhältnis eingetretene Verwässerung der Anteile durch eine bare Zuzahlung gerade nicht kompensiert wird. Mit der Option der Gewährung zusätzlicher Aktien macht das UmRUG von den Mitgliedstaatenoptionen in Art. 126a Abs. 7, 160i Abs. 7 GesRRL Gebrauch, wenngleich nur partiell, denn es lässt ausschließlich die Gewährung zusätzlicher Aktien durch AG, KGaA und SE zu, nicht hingegen die Gewährung zusätzlicher Anteile durch andere Rechtsträger wie etwa die GmbH.
Rz. 479
Die Gewährung zusätzlicher Aktien muss bereits im Umwandlungsplan bzw. -vertrag erklärt werden (§ 72a Abs. 1 Satz 1 UmwG). Als Folge trägt die Gesellschaft das Risiko der wirtschaftlichen Entwicklung der Aktien. Das ist zwar vorteilhaft für die austrittswilligen Aktionäre, lässt diese Option für die Gesellschaft jedoch deutlich weniger attraktiv erscheinen. Die weiteren Details regeln § 72a UmwG und § 10a SpruchG; § 72b UmwG eröffnet der Gesellschaft zudem die Möglichkeit, die zusätzlich zu gewährenden Aktien im Wege einer Sachkapitalerhöhung zu schaffen; Einlagegegenstand ist dabei der Anspruch der Aktionäre auf zusätzliche Aktien.