Ralf Knaier, Dr. Peter Stelmaszczyk
Rz. 352
Der hier dargestellte Formwechsel von einer AG in eine GmbH kommt in der Praxis regelmäßig in Betracht, wenn die Corporate Governance der Gesellschaft flexibilisiert werden soll oder wenn die Anforderungen an die Kapitalerhaltung erleichtert werden sollen. Der Formwechsel einer GmbH in eine AG kann zur Vorbereitung des Börsenganges dienen, ebenso wie der umgekehrte Formwechsel zum Rückzug von der Börse (sog. Cold Delisting) führt.
Rz. 353
Für den Formwechsel in eine Kapitalgesellschaft anderer Rechtsform sind insb. zusätzlich §§ 238–250 UmwG zu beachten (des Weiteren s.o. Rdn 303 ff. allgemein zum Formwechsel und Rdn 309 ff. zum Grundfall Formwechsel einer GmbH in eine GmbH & Co. KG). Danach besteht kein Verfügungsverbot für die Aktien nach dem Formwechselbeschluss, diese können also zwischen Fassen des Umwandlungsbeschlusses und der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses weiter übertragen werden. Die Gesellschafterliste bei der Ziel-GmbH darf nach § 40 Abs. 2 GmbHG vom Notar aber erst eingereicht werden, wenn er die Veränderungen in der Person der Gesellschafter ohne Zweifel beurteilen kann.
Rz. 354
Die Satzung der GmbH ist Bestandteil des Umwandlungsbeschlusses (§§ 243 Abs. 1 Satz 1, 218 UmwG). Darin ist die Sacheinlage "durch Formwechsel" festzusetzen. Zu beachten ist auch § 243 Abs. 1 Satz 2 UmwG (Festsetzung über Sondervorteile, Gründungsaufwand, Sacheinlagen und Sachübernahmen vom Ausgangsrechtsträger).
Rz. 355
Nach § 247 UmwG muss der Nennbetrag des Grundkapitals bzw. Stammkapitals unverändert fortgeführt werden. § 243 Abs. 2 UmwG ermöglicht nur Kapitalmaßnahmen vor oder nach dem Formwechselbeschluss unter Beachtung der allgemeinen Regeln für die jeweils existierende Rechtsform. Denkbar und in der Praxis häufig anzutreffen ist etwa, eine vereinfachte Kapitalherabsetzung mit einer Kapitalerhöhung zu verbinden.
Rz. 356
Über § 245 Abs. 1 Satz 2 UmwG gilt das Gebot der Reinvermögensdeckung in § 220 UmwG; danach ist ein Formwechsel nur möglich, wenn das gezeichnete Kapital (Grundkapital) durch das Reinvermögen des formwechselnden Rechtsträgers gedeckt ist. Ein Formwechsel ist somit ausgeschlossen, wenn ein Fall materieller Unterbilanz vorliegt. Dieses Gebot gilt indes nur für den spiegelbildlichen Fall des Formwechsels einer GmbH in eine AG. § 245 Abs. 4 UmwG enthält für den hier vorliegenden Fall gerade keine Verweisung auf § 220 UmwG (vgl. dazu bereits o. Rdn 307 f.), weil die Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsgrundsätze bei der AG von allen Rechtsformen am strengsten sind.
Ob ein Volleinzahlungsgebot bzgl. der Ausgangsgeschäftsanteile als Voraussetzung für den Formwechsel existiert, wird unterschiedlich beurteilt. Während teilweise angenommen wird, dass offene Einlageforderungen bei der Berechnung des Reinvermögens außer Betracht bleiben, wird zutreffend von anderen Autoren angenommen, dass die Forderungen zu berücksichtigen sind, soweit sie vollwertig sind.
Rz. 357
Für mehrere Aktien konnten schon früher mehrere Geschäftsanteile gewährt werden. Die frühere Stückelungsproblematik ist durch das MoMiG entschärft worden. Denn jetzt können schon nach allgemeinem GmbH-Recht bei der GmbH mehrere 1,00 EUR-Geschäftsanteile bei jeder Gründung und bei jeder Kapitalerhöhung gewährt werden.
Rz. 358
Die Anmeldung des Formwechsels erfolgt allein durch das Vertretungsorgan der formwechselnden Kapitalgesellschaft (§ 246 Abs. 1 UmwG). Ausreichend ist eine Anmeldung durch die Mitglieder des Vertretungsorgans in vertretungsberechtigter Zahl.