Ralf Knaier, Dr. Peter Stelmaszczyk
Rz. 583
Durch eine Realteilung kann eine Personengesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen gewinnneutral auseinandergesetzt werden. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine steuerneutrale Realteilung finden sich in § 16 Abs. 3 Satz 2–4 EStG. Danach muss der aufnehmende Gesellschafter im Rahmen einer Realteilung für die einzelnen Wirtschaftsgüter zwingend die Buchwerte der übertragenden Personengesellschaft fortführen, wenn Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile oder einzelne Wirtschaftsgüter in sein Betriebsvermögen übertragen werden und die Besteuerung der stillen Reserven bei ihm sichergestellt ist. Die Realteilung unterscheidet sich steuerlich von der Betriebsaufgabe (§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG), bei der das Betriebsvermögen der Gesellschaft veräußert oder ins Privatvermögen der Gesellschafter überführt wird. Ebenfalls von der Realteilung abzugrenzen ist das Ausscheiden nur einzelner Gesellschafter aus der Personengesellschaft gegen Bar- oder in das steuerliche Privatvermögen übergehende Sachabfindung; in diesen Fällen erfolgt eine Gewinnrealisierung nach § 16 Abs. 1 EStG beim ausscheidenden Gesellschafter, während es bei der Gesellschaft selbst bzw. den verbleibenden Gesellschaftern nicht zu einer Gewinnrealisierung kommt. Eine einkommensteuerliche Realteilung kann auch dann vorliegen, wenn ein Mitunternehmer unter Mitnahme jeweils eines Teilbetriebs aus der Personengesellschaft ausscheidet und die Personengesellschaft von den verbleibenden Mitunternehmern fortgeführt wird. Dies gilt auch für den Fall der Übernahme einzelner Wirtschaftsgüter und wohl auch für den Fall der Übernahme eines Mitunternehmeranteils. Der Begriff der Realteilung umfasst daher nach dem aktuellen Verständnis des BFH und der Finanzverwaltung die Fälle der "echten" Realteilung (= Mitunternehmerschaft wird aufgelöst) und die Fälle der "unechten" Realteilung (= Mitunternehmerschaft bleibt bestehen und mindestens ein Mitunternehmer scheidet unter Mitnahme von Betriebsvermögen aus).
Rz. 584
Wesentlich ist also, dass die Wirtschaftsgüter der realgeteilten Personengesellschaft in ein anderes Betriebsvermögen übertragen werden. Dabei ist es unerheblich, ob funktional selbstständig organisierte Teilbetriebe oder nur einzelne, unzusammenhängende Wirtschaftsgüter in das Betriebsvermögen übertragen werden. Steuerlich unterschiedlich behandelt werden die Realteilung ohne Wertausgleich sowie die Realteilung mit Wertausgleich.
Rz. 585
Wenn im Rahmen einer Realteilung auf mindestens einen Gesellschafter einzelne Wirtschaftsgüter übertragen werden, gelten für alle Gesellschafter allerdings bestimmte Sonderregelungen: In diesem Fall sieht § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG eine 3-jährige Sperrfrist für bestimmte Wirtschaftsgüter vor, bevor die Realteilung endgültig steuerneutral ist. Werden vor Ablauf der Sperrfrist von einem ehemaligen Gesellschafter bestimmte Wirtschaftsgüter (Grund und Boden, Gebäude, andere wesentliche Betriebsgrundlagen) weiterveräußert oder entnommen, so wird die Realteilung in Bezug auf das veräußerte Wirtschaftsgut nachträglich steuerschädlich. Dabei ist es unerheblich, ob der handelnde Gesellschafter bei der Realteilung einzelne Wirtschaftsgüter oder einen (Teil-)Betrieb erhalten hat. Die Sperrfrist endet 3 Jahre nach Abgabe der Steuererklärung der Mitunternehmerschaft für den Veranlagungszeitraum der Realteilung. Sie endet i.d.R. daher erst 4–5 Jahre nach dem Vollzug der Realteilung.
Das veräußerte bzw. entnommene Wirtschaftsgut muss in diesem Fall mit seinem gemeinen Wert und nicht mit seinem Buchwert bei der übertragenen Personengesellschaft angesetzt werden. Dies führt zur Aufdeckung von stillen Reserven und somit zu einer rückwirkenden Gewinnrealisierung bei der Personengesellschaft. Der so entstandene steuerliche Gewinn der Personengesellschaft ist entsprechend den gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen nachträglich den Gesellschaftern zuzurechnen. Hierfür gilt grds. der allgemeine, gesellschaftsvertragliche Gewinnverteilungsschlüssel; abweichende Vereinbarungen, auch anlässlich der Realteilung, werden jedoch steuerlich anerkannt. Die Veräußerung innerhalb der Sperrfrist kann daher zu einer Änderung der Gewinnfeststellungsbescheide der Gesellschafter und somit zu einer höheren Steuerbelastung bei sämtlichen ehemaligen Gesellschaftern führen.
Hinweis
Die eine Realteilung durchführenden Gesellschafter sollten in der Vereinbarung über die Realteilung regeln, wer die Steuerbelastung bei Verletzung von Sperrfristen zu tragen hat.
Rz. 586
Die Sperrfrist ist nach dem eindeutigen Wortlaut von § 16 Abs. 2 EStG nur bei Realteilungen relevant, bei denen auf mindestens einen Gesellschafter einzelne Wirtschaftsgüter übertragen werden. Sie gilt demnach nicht für Realteilungen, bei denen sämtliche Gesellschafter Teilbetriebe oder Mitunternehmeranteile erhalten.
Rz. 587
Gem. § 16 Abs. 3 Satz 4 EStG ist eine Buchwertfortführung nicht möglich, wenn einzelne Wirtschaftsgüter auf ei...