Ralf Knaier, Dr. Peter Stelmaszczyk
I. Einführung
Rz. 488
Im Rahmen einer Umstrukturierung werden die Aktiva und Passiva eines Rechtsträgers ganz oder teilweise auf einen anderen Rechtsträger übertragen. Seit dem Jahr 1995 bietet das UmwG (UmwG) eine einheitliche gesetzliche Grundlage für fast alle denkbaren Umstrukturierungsvarianten. Aufgrund der Universalität des UmwG kann allerdings leicht übersehen werden, dass es auch außerhalb des Umwandlungsrechts vielfältige Möglichkeiten der Übertragung von Vermögensgegenständen auf andere Rechtsträger gibt. Diese Umstrukturierungen erfolgen nach allgemeinen zivil- und gesellschaftsrechtlichen Regelungen und können zur Erreichung wirtschaftlich vergleichbarer Resultate wie Umwandlungen nach dem UmwG eingesetzt werden.
Trotz der ähnlichen Ergebnisse der unterschiedlichen Umstrukturierungsmethoden bestehen jedoch wesentliche Unterschiede in der rechtlichen Durchführung und der jeweiligen steuerlichen Beurteilung. Der Berater muss daher bei jeder Umstrukturierung zunächst die unterschiedlichen rechtlichen Möglichkeiten zum Erreichen der gewünschten Zielstruktur identifizieren und die jeweiligen Vor- und Nachteile analysieren. Dabei wird sich – je nach Lage des Einzelfalles – in manchen Konstellationen zeigen, dass eine Umstrukturierung nach den Vorschriften außerhalb des UmwG für die Beteiligten vorteilhafter sein kann.
Rz. 489
In diesem Kapitel werden die wichtigsten Möglichkeiten von Umstrukturierungen außerhalb des UmwG dargestellt. Dabei wird zunächst ein Überblick über die verschiedenen Methoden von Umstrukturierungen gegeben. Es werden also sozusagen die "Bausteine" vorgestellt, aus denen der Berater die zu dem konkreten Sachverhalt passenden Umstrukturierungsschritte konstruieren kann. Sodann wird das Verhältnis der vorgestellten Methoden zu den im UmwG vorgesehenen Umstrukturierungen erläutert. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf dem Vergleich der Vor- und Nachteile mit den korrespondierenden Regelungen des UmwG. Dadurch soll sichtbar gemacht werden, in welchen Fällen welche Umstrukturierungsmethode zu optimalen Ergebnissen führen kann. Für einige wichtige, beispielhafte Umstrukturierungsvorgänge werden im abschließenden Teil des Kapitels konkrete Gestaltungshinweise zur Durchführung gegeben.
II. "Bausteine" für Umstrukturierungen nach allgemeinen Vorschriften
1. Einbringungsvorgänge
a) Begriffsbestimmung
Rz. 490
Der Begriff "Einbringung" entstammt dem Umwandlungssteuerrecht (§§ 20, 24 UmwStG). Dort wird als Einbringung die Verschaffung des zivilrechtlichen bzw. wirtschaftlichen Eigentums oder Nutzungsrechts an einem Betrieb oder Teilbetrieb oder an bestimmten Beteiligungen im Rahmen einer Einlage in eine Kapital- oder Personengesellschaft bezeichnet. Die Vermögensübertragung kann entweder durch Gesamtrechtsnachfolge oder durch Einzelrechtsübertragung erfolgen. Zwingend ist die Gewährung neuer Anteile am übernehmenden Rechtsträger.
Vorliegend wird ein ggü. dem UmwStG modifizierter Begriff der Einbringung zugrunde gelegt. Als Einbringung werden alle Vermögensübertragungen (also auch Übertragungen von einzelnen Wirtschaftsgütern, die keinen Betrieb oder Teilbetrieb bilden) auf eine Kapital- oder Personengesellschaft im Wege der Einzelrechtsnachfolge verstanden, die durch eine bereits bestehende oder zukünftige Gesellschafterstellung des einbringenden Rechtssubjekts motiviert sind und für die als Gegenleistung entweder Anteile am aufnehmenden Rechtsträger gewährt werden oder aber keine Gegenleistung erfolgt.
Kennzeichnend für Einbringungsvorgänge im hier verstandenen Sinn ist also die Vermögensübertragung im Wege der Einzelrechtsnachfolge. Entsprechend bestehen Einbringungsvorgänge aus einem Verpflichtungsgeschäft und einem sachenrechtlichen Verfügungsgeschäft. Sofern die Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen erfolgt, bilden entweder die Sachgründung einer neuen Gesellschaft oder die Sachkapitalerhöhung bei einer bestehenden Gesellschaft die Rechtsgrundlage für die Übertragung der Vermögensgegenstände.
Rz. 491
Nachfolgend werden zunächst die bei der rechtsgeschäftlichen Übertragung von Vermögensgegenständen im Wege der Einzelrechtsnachfolge zu beachtenden Grundsätze dargestellt. Nach dieser Darstellung der Verfügungsgeschäfte im Rahmen einer Einbringung werden die entsprechenden gesellschaftsrechtlichen Verpflichtungsgeschäfte erläutert.
b) Rechtsgeschäftliche Übertragung von Vermögensgegenständen im Rahmen einer Einbringung
Rz. 492
Die Übertragung von Vermögensgegenständen auf die aufnehmende Kapital- oder Personengesellschaft erfolgt i.R.d. Einzelrechtsnachfolge. Das Eigentum an jedem Vermögensgegenstand muss daher einzeln und nach den jeweiligen spezifischen gesetzlichen Regelungen übertragen werden.
Dies bedeutet, dass bewegliche Sachen gem. §§ 929 ff. BGB übertragen werden. Die Eigentumsübertragung von Grundstücken bedarf der Auflassung und Eintragung ins Grundbuch (§§ 873, 925 BGB). Forderungen und andere Rechte sind durch Abtretung zu übertragen (§§ 398 ff., 413, 1154 BGB).
aa) Einbringungsvertrag
Rz. 493
Die für die Rechtsübertragung notwendigen Rechtgeschäfte werden meist in einem gesonderten Einbringungsvertrag zusammengefasst. Der Einbringungsvertrag enthält in der Praxis neben den f...