Ralf Knaier, Dr. Peter Stelmaszczyk
Rz. 597
Sofern Umstrukturierungsmaßnahmen nur mit Zustimmung der Gesellschafter durchgeführt werden können, stellt sich die Frage, welche Informationspflichten im Vorfeld der Beschlüsse bestehen.
Rz. 598
In Teilen der Lit. und der Rspr. konnte man in der zweiten Hälfte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts eine immer stärkere Angleichung der Informationsanforderungen in "Holzmüller-Fällen" an die Vorgaben des UmwG feststellen.
So nahm etwa das LG Frankfurt am Main in Analogie zu §§ 186 Abs. 4, 293a AktG und §§ 8, 127, 192 UmwG eine Berichtspflicht des Vorstandes bei Hauptversammlungsbeschlüssen über Ausgliederungen an. Der Vorstandsbericht soll eine ausführliche Begründung der geplanten Maßnahme enthalten und insb. die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie die Bedeutung und Tragweite erläutern.
Das OLG München verlangte zusätzlich unter Berufung auf §§ 63 Abs. 1 Nr. 1, 64 Abs. 1 UmwG die Auslegung der Verträge bzw. ihrer Entwürfe.
Das LG Karlsruhe ist schließlich davon ausgegangen, dass sämtliche Schutzvorschriften des UmwG für Ausgliederung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge aufgrund der Gleichheit der Interessenlage auch auf Ausgliederungen von Unternehmensteilen im Wege der Einzelrechtsnachfolge entsprechend anwendbar seien. Es verlangte neben der Auslage der Verträge auch die Vorlage eines Spaltungsberichtes und einer gesondert zu erstellenden Zwischenbilanz sowie die Jahresabschlüsse und Lageberichte des von der Maßnahme betroffenen Rechtsträgers für die letzten 3 Jahre.
Rz. 599
Nachdem der BGH bereits bei der Ableitung von ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenzen einen Rückgriff auf das Umwandlungsrecht abgelehnt hat, erscheint es fraglich, ob das UmwG zur Begründung von Informationspflichten noch herangezogen werden kann. Denn der BGH hat die Hauptversammlungskompetenz gerade nicht mit der wirtschaftlichen Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Umstrukturierungsverfahren begründet, sondern mit einem besonders gravierenden Eingriff in die Aktionärsrechte. Es ist daher davon auszugehen, dass bei Vorliegen einer nach den Gelatine-Grundsätzen zustimmungspflichtigen Ausgliederung bei einer AG zunächst die Verfahrensvorschriften des AktG den Informationsumfang der Aktionäre im Vorfeld der Hauptversammlung bestimmen.
Rz. 600
Hinweise auf den Umfang der Informationspflichten gem. den Vorschriften des AktG finden sich in der Altana/Milupa-Entscheidung des BGH. Dort hat der BGH den Grundsatz aufgestellt, dass der Vorstand der Hauptversammlung grds. die Informationen geben muss, die für eine sachgerechte Willensbildung notwendig sind. Aktienrechtlicher Anknüpfungspunkt für die Informationspflicht der Aktionäre ist die analoge Anwendung von § 124 Abs. 2 Satz 2 AktG. Sofern die Hauptversammlung über eine Ausgliederung im Wege der Einzelrechtsnachfolge oder eine andere Umstrukturierungsmaßnahme, die mit Eingriffen in die Aktionärsstellung verbunden ist, entscheiden soll, sind ihr daher die Eckpunkte der geplanten Umstrukturierung mit der Tagesordnung zur Hauptversammlung bekannt zu geben.
Hierbei ist zu differenzieren, ob die vertraglichen Grundlagen für die geplante Maßnahme bereits (im Entwurf) vorliegen oder nicht. Sofern Vertragsentwürfe bereits existieren, muss der wesentliche Inhalt der Verträge mitgeteilt werden. Dazu gehören nach Ansicht des LG Frankfurt am Main die Hauptleistungspflichten der beteiligten Vertragsparteien, insb. der Kaufpreis oder bei Einbringungsvorgängen die Bewertung der Sacheinlage. Wenn die geplante Umstrukturierungsmaßnahme noch keine vertragliche Ausprägung erhalten hat, müssen die geplanten Maßnahmen, die Gründe und das unternehmerische Konzept zusammen mit der Tagesordnung mitgeteilt werden, um den Aktionären eine solide Entscheidungsbasis zu geben.
Rz. 601
Fraglich ist, ob der Vorstand zusätzlich zu den soeben beschriebenen Informationen der Hauptversammlung einen schriftlichen Bericht erstatten muss. Verschiedene aktienrechtliche Vorschriften (§§ 186 Abs. 4 Satz 2, 293a, 319 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, 320 Abs. 3 Satz 1, 327c Abs. 2 Satz 1 AktG) sehen einen derartigen Bericht vor, in dem die Gründe für die geplante, zustimmungspflichtige Maßnahme zu erläutern sind. Die Analogiefähigkeit dieser Vorschriften und damit die Notwendigkeit einer Berichtspflicht bei anderen zustimmungspflichtigen Maßnahmen sind umstritten.
Während Teile der unterinstanzlichen Rspr. und der Lit. eine Berichtpflicht annahmen, scheint der BGH einer Ausweitung von Vorstands-Berichtspflichten im Wege von Analogien ablehnend ggü. zu stehen. So hat der BGH eine analoge Anwendung von § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG in seiner ersten Entscheidung über den Fall des Delistings abgelehnt. Es sei ausreichend, wenn die Gründe für das Delisting auf der Hauptversammlung dargelegt würden. Entsprechendes hat auch für Umstrukturierungen zu gelten. Da die wesentlichen Eckpunkte der geplanten Umstrukturierung zusammen mit der Hauptversammlungseinladung veröffentlich werden, e...